Zivilcourage wird bestraft – Verstoß gegen das Versammlungsgesetz reloaded!
von am 10. März 2010 veröffentlicht in politische Justiz

17. August 2009 – Rudolf Heß ist weiterhin tot und statt der üblichen Trauermärsche versuchen es die Nazis dieses Mal mit Flashmobs. Am Morgen des Todestages wird auf einer Mobilisierungseite der Faschisten ein Flashmob in Northeim angekündigt. Für den frühen Abend wird von jungen GewerkschafterInnen und dem Bündnis gegen Rechtsextremismus ein Treffen vereinbart, um zu beratschlagen, wie mit dieser Ankündigung zu verfahren sei.

Dieser Text stammt aus der Broschüre der Initiative für gesellschaftliches Engagement – gegen Kriminalisierung und politische Justiz. Presserechtlich verantwortlich ist Patrick Humke-Focks, MdL.

Bereits zu diesem Treffen erscheint die Polizei, spricht einen Anwesenden direkt mit Namen an und fragt, was denn auf dem Marktplatz von Northeim passieren solle. Das wissen die TeilnehmerInnen des Treffens zu diesem Zeitpunkt allerdings selbst noch nicht, da sie ihre Handlungsmöglichkeiten erst gemeinsam besprechen müssen. Man verabschiedet sich relativ schnell von dem Staatsschützer und diskutiert intern über das Vorgehen.

Schließlich geht es in die Stadt zum Northeimer Marktplatz. Dort wird eine Versammlung angemeldet. Die Polizei hat sich bereits eingerichtet und den Marktplatz mit einer Hundertschaft abgeriegelt. Auch eine Kamera ist im Einsatz, wird aber nach Bitten des Versammlungsleiters ausgestellt. Die ca. 50 Personen umfassende Demonstration führt, begleitet von nun nur noch zwei Streifenwagen, über den Markt zum Bahnhof. Im Polizeibericht heißt es:„Die Teilnehmer der Versammlung verhielten sich geordnet und kooperativ“. Über ein Monat vergeht. Dann wird dem Versammlungsleiter eine Vorladung der Staatsanwaltschaft Göttingen zugestellt, in der es heißt: „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“, da er die Demonstration zu spät angemeldet habe.

Bereits bei einer Spontandemonstration mehr als ein Jahr zuvor erhob die Staatsanwaltschaft den gleichen Vorwurf gegen die gleiche Person, musste das Verfahren jedoch schnell wieder einstellen. So auch dieses Mal: Der Beschuldigte nimmt sich einen Anwalt, der in seiner Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft auf die groteske Ermittlungsweise der Polizei hinweist. Die Staatsanwaltschaft stellt daraufhin das Verfahren wegen „Geringfügigkeit“ ein. Der Schuldvorwurf wird also aufrecht erhalten und behördlicherseits gespeichert. Ein Rechtsmittel gegen diese Art der Einstellung gibt es nicht. Auf den Anwaltskosten bleibt der Betroffene sitzen.
Die Staatsanwaltschaft Göttingen erhöht bewusst den Druck auf Menschen, die Zivilcourage zeigen und sich nicht wegducken, wenn Nazis aufmarschieren. Bei jeder Gelegenheit wird die Spontaneität einer Versammlung angezweifelt und ein Verfahren eröffnet, um die VeranstaltungsleiterInnen einzuschüchtern oder zumindest zu nerven!

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