Fr. 12.09.: Podiumsdiskussion „Rechtspop und Sündenbock“. RechtspopulistInnen und ihre Islamisierungsängste – im T-Keller
von am 7. September 2008 veröffentlicht in Diskussion, Termine, Theaterkeller, Tipp!, Vortrag

Die Referenten werden in dieser Podiumsdiskussion einen Überblick über Akteure und Entwicklung des Rechtspopulismus geben und über die Wahrnehmung von Islam und Islamismus durch die europäische Rechte diskutieren. Rechtspopulistische Parteien stellen ein Bindeglied zwischen der extremen Rechten und der bürgerlichen Mitte dar und schaffen es bei letzterer, vor allem in Krisenzeiten, durch einfache Lösungen, rassistische Ressentiments und autoritäre Forderungen Sympathie zu erlangen. Rassismus stellt traditionell ein wichtiges Element im Rechtspopulismus dar. Die angestrebte Verteidigung eines christlichen, weissen Europas schlägt sich dabei aktuell vor allem in anti-muslimischen Kampagnen nieder. In der Veranstaltung sollen dazu u.a. folgende Fragen diskutiert werden:
Was ist und will der europäische Rechtspopulismus? Warum spielen Islam und Islamismus als Feindbild eine so wichtige Rolle in dessen Ideologie, dass ihretwegen internationale Kongresse abgehalten werden? Was sind die gesellschaftlichen und historischen Ursachen für diese Feindbildkonstruktion? Warum wird dem Thema Islam(ismus) in der Rechten sowohl mit Angst und Ablehnung als auch mit Faszination und Bewunderung begegnet? Wie ist aus linksradikaler Perspektive dem Rassismus gegen Muslime und Muslimas zu begegnen, ohne religiös-reaktionären Kräften das Wort zu reden und umgekehrt?

Podiumsdiskussion mit Klaus Blees (Mitarbeiter im “Kompetenzzentrum Islamismus” der “Aktion 3.Welt Saar”) und Bernhard Schmid (Autor und freier Journalist, u.a. für Lotta, Jungle World und ak – analyse + kritik, lebt in Paris)

Eine Veranstaltung der Göttinger „… ums Ganze!“ Gruppen Gegenstrom und redical [m] im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Rechtspop und Sündenbock“. Weitere Informationen dazu hier.

um 20h im T-Keller

Artikel teilen

7 Kommentare auf "Fr. 12.09.: Podiumsdiskussion „Rechtspop und Sündenbock“. RechtspopulistInnen und ihre Islamisierungsängste – im T-Keller"

  1. Piraja sagt:

    Ob es sich nun um ein „Feindbild“ handelt sein einmal dahingesellt, ich denke was Rechte und echtsextreme Islamkritiker ausnutzen, ist, dass im der öffentlichlichen Diskurs zunehmend bestimmte, problematische Fakten über den Islam nicht mehr genannt werden können, ohne dass gegen denjenigen, der solches sagt, eine Denunziationkampagne gestartet wird.

    Solche Fakten sind beispielsweise:

    – in klassischen islamischen Recht ist es dem Vater erlaubt, die Tochter auch gegen ihren aussdrücklichen Willen in die erste Ehe zu zwingen. Der arabische Fachausdruck für den Vater der als Ehevormund Zwang auzuüben berechtigt ist, lautet „wali mudschbir“.

    – in klassischen islamischen Recht ist der Angriffskrieg zur Eroberung neuer Gebiete für den Islam eine kollektive religiöse Pflicht (fard kifaya) der Muslime.

    -in klassischen islamischen Recht haben Nichtmuslime, die keine Kopfsteuier zahlen (harbi), kein Recht auf Schutz ihres Lebens. Sie können straf- und sündlos getötet werden.

    Die oben genannten Fakte sind in Fachkreisen eigentlich nicht umstritten. In DEM Fachlexikon der Islamwissenschaft, das von hunderten von Wissenschaftlern mitgetragen wird, der Encyclopaedia of Islam, ist das alles schwarz auf weiss nachzulesen.

    Nur dies im öffentlcihen Diskurs zu benennen, traut sich kaum noch jemand.

    Auch wenn gewöhnliche Bürger das nicht so benennen können und sie nur ein wages Bauchgefühl haben, merken sie doch zunehmend, dass die öffentliche Diskussion schon lange nicht mehr redlich geführt wird.

    Statt über „Feindbilder“ zu diskutieren, sollte man einfach mal das Thema Islam offen und redlich angehen und es nicht den Rechtspopulisten überlassen. Dann wäre schon viel gewonnen.

  2. bats sagt:

    schön, dass du so ausdifferenzierst.
    wo gilt denn klassisches islamisches recht?

  3. @Piraja – wer sich in der postfaschistischen Gesellschaft affirmativ auf das “Bauchgefuehl” der
    “ gewöhnlichen Bürger ” bezieht, betreibt die Rationalisierung dummdeutscher Ressentiments.

  4. A.M.P. sagt:

    Aber was kennzeichnet spezifisch das „klassische islamische Recht“? Wird es über Politik vermittelt oder ist es gekennzeichnet durch die 1 zu 1 Übernahme aus dem Koran ohne partikulare „weltliche Interessen“? Anders gefragt, stellt die Scharia eine homogene, nicht interpretationsfähige „Rechtsgrundlage“ dar, die unabhängig von sozioökonomischen Verhältnissen existiert? Bin gespannt auf die Antwort.

  5. Brick sagt:

    Gibts Statistiken darüber ob Zwangsehe signifikant zu mehr Unglück der beteiligten führt als freiwillige? Immer her damit.

  6. Piraya sagt:

    Natürlich ist kein Recht völlig starr. Auch die Scharia lässt in der Praxis durchaus Spielräume in der Anwendung.

    Grundlage ist aber gegen die weitverbreitete Auffassung nicht eine aktuelle Interpretation des Korans, sondern die nach bestimmten Regeln (usul al-fiqh) bereits vor mehr als 1000 Jahren erfolgte, autoritative Auslegung der klassischen islamischen Rechstschulen.

    Ein gutes Beispiel dafür ist die Zwangsehe. Nach der klassischen Scharia ist es dem Vater erlaubt, die Tochter auch gegen ihre ausdrücklichen Willen in die erste Ehe zu zwingen.

    Das staatliche Recht vieler muslimischer Länder hat diese Regel gesetzlich aufgehoben. Starfbar ist die Zwangsehe aber nur in Tunesien.

    In der Paxis kommt es überall, wo es muslimische Communities gibt, zu Zwangsehen. In manchen Ländern wie denen auf der arabischen Halbsinsel oder in Pakistan, ist die Zwangsehe das normalste von der Welt. In anderen islamischen Ländern macht man es mehr oder minder verdeckt oder spricht nicht darüber.

    Wirklich und einigermaßen effektiv bekämpft wird die Zwangsehen eben nur in Tunesien. Selbst im Westen wird der Kampf vor lauter Angst vor Islamophobie nicht mit der nötigen Härte geführt.

    Schülerinnen kömmen aus dem Sommerurlaub in die Heimatländer überraschenderweise nicht zurück. Besser man schaut weg, als sich von den Männern des Klans anzulegen und sich bedrohern lassen oder schlimmeres.

    Polizeimaßnamen dagegen? Die Polizei traut sich in vielen muslimische dominierten Veteln kaum noch Muslime festzunehem, oder braucht dazu übermäßige Einsatzkräfte. Und so weiter…

    Wichtiger als sozioökonomische Verhältnisse ist meines Erachtens die Einstellung der Beteiligten zu bestimmten Dingen. Wenn in allgemeinen Diskurs einer Community bestimmte Rechtsvorstellungen nicht offen zu kritisieren sind, weil sie göttlichen Ursprungs sind, haben diejenigen, die sie durchsetzten wollen, leichtes Spiel.

  7. hw sagt:

    @Piraya: »Selbst im Westen wird der Kampf vor lauter Angst vor Islamophobie nicht mit der nötigen Härte geführt.«

    Diese Kausalität im Zusammenhang mit »Angst vor Islamophobie« sehe ich nicht, auch wenn mit dem eher allgemein formulierten »Westen« die harte Aussage verwaschen ist. Und ist gemeint, dass die »nötige Härte« islamophob ist oder dass sie nur (fälschlich?) als islamophob angesehen wird? Ist das ein Eingeständnis, dass die vorgeblich nötige Härte keinen gesellschaftlichen Konsens hat? Oder ist der gesellschaftliche Konsens egal und die Herrschenden nehmen schlicht falsche Rücksicht auf Befindlichkeiten? Was ist die (für wen oder was?) »nötige« Härte?

Schreibe einen Kommentar

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar zu schreiben. Anmelden | Registrieren

Bitte lese dazu unsere Regeln und Hinweise zum Kommentieren.