Still stays the same: Besetzungs-News
von Schmendi am 18. Januar 2008 veröffentlicht in Besetzung 11.40Manchmal kommt es anders und manchmal als man denkt. Während einige die Besetzung des Raumes 11 40 als Wahlkampfgag betrachteten und andere von einer schnellen Räumung ausgingen, sind die BesetzerInnen nun am dritten Tag in besagtem Raum – und erfreuen sich an großem Zulauf und einem wachsenden UnterstützerInnen-Kreis. Das Basisdemokratische Bündnis hat bereits eine Sonderseite zur Besetzung eingerichtet und auch Schwarz-Rot Kollabs hat sich mit den Besetzerinnen uneingeschränkt solidarisch erklärt. Am Donnerstag Abend hat dann sogar das Studierendenparlament der Univesität inclusive der Mehrheitsfraktionen von ADF und Jusos das Präsidium aufgefordert, einen Raum am Uni-Campus zur Verfügung zu stellen. Auf die Besetzung wurde in dem Beschluss zwar nicht Bezug genommen, aber es wurde doch deutlich, dass es sich nicht nur um die Forderung einzelner verwirrter Linker handelt.
Während die Solidarität stetig wächst, gingen derweil die Verhandlungen der BesetzerInnen mit der Unileitung weiter. Diese hatte mit dem alten Heizwerk, einem hinter der Psychologie und der Turm-Mensa versteckten, abrissreifen Gebäude eine alternative Räumlichkeit angewiesen. Wer am Dienstag auf der Bio-Party war, sollte sich aber nicht täuschen: es ging nicht um die Party-Locations, sondern um einen kleinen Nebenraum. Da das Heizwerk spätestens Anfang Mai abgerissen werden sollte, wollte die Univerwaltung sich bis dahin um einen alternativen Raum gekümmert haben. Das alles natürlich nur unter der Voraussetzung, dass der bislang genutzte Raum umgehend verlassen wird.
Darauf haben die BesetzerInnen nun reagiert: sie sind einen Schritt auf die Uni-Leitung zugegangen und haben sich bereit erklärt, den Raum zu verlassen. Allerdings erst nachdem sie sich mit der Uni-Leitung auf einen Raum geeinigt haben, der den bislang formulierten Kriterien entspricht. Dieses Angebot wurde gestern Abend auf dem Gesamtplenum (das übrigens täglich um 18:30 Uhr stattfindet) beschlossen und heute Morgen um 10 Uhr dem Leiter des universitären ‚Gebäudemanagements‚, Rainer Bolli, übergeben. Dieser zeigte sich zwar nicht sonderlich begeistert ob des Vorhabens der BesetzerInnen, die Verhandlungen nicht erst dann zu führen, wenn sie ihr einziges Druckmittel aus der Hand gegeben haben, merkte aber doch an, dass er die Verhandlungsbereitschaft durchaus zu schätzen wüsste.
Wie es nun auf dem institutionellen Weg weitergeht, bleibt unklar. Die BesetzerInnen jedenfalls stellen sich auf ein (hoffentlich) unterhaltsames Wochenende ein. Heute Abend soll ab 21 Uhr auf einer Wahlparty der Ausgang der heutigen Wahl gefeiert respektive betrauert werden. Und auch Morgen soll es eine Party geben, nähere Infos dazu werden wir hier ebenso wie die weitere Entwicklung vor Ort sicherlich noch veröffentlichen.
Pressemitteilung vom 21. Januar 2008 aus dem besetzten Raum an der Uni Göttingen:
„Freiraum“ mit Musik gefüllt
Der an der Uni Göttingen seit 6 Tagen besetzte Raum MZG 1.140 wurde am Sonntagabend in eine offene Bühne verwandelt. Weit über 50 Gäste kamen trotz strömenden Regens, um in dem neugegründeten, selbstverwalteten Café zwischen ZHG und Blauem Turm der Musik zu lauschen oder selber zu spielen.
„Studierende und Nicht-Studierende wollen diese Möglichkeit nutzen, um heute Abend etwas zu veranstalten, was es an der Uni sonst wenig gibt: Kultur, Kreativität, gemütliches und konkurrenzfreies Miteinander. Wir füllen diesen erkämpften Freiraum mit Musik“, wurde die Veranstaltung gegen 22 Uhr eingeleitet. Das Liedermacher_innen-Trio „Verspielt + Jolly“ bringen mit ihren zweistimmigen Rock-Akustik-Songs und bissig-kritischen Texten auf den Punkt, welche Ideale von (Zusammen-) Leben hier bestehen: Gegen alltägliche „Kontrolle, Überwachung, Sexismus, Ausbeutung, Kapitalismus, Rassismus, Tierquälerei“ steht hier „der Wille, ein Leben in Freiheit zu führen. Der Wille sein eigenes Leben selbst zu regieren.“ Und Bassist Jolly textet: „Ich schaff mir einen Freiraum“. Diesem Motto entsprechend waren auch Mikrofon, Gitarre und Keyboard für alle und alles frei, und den auf Sofas dicht gedrängten Zuschauer_innen wurde ein abwechslungsreiches Programm von Lagerfeuermusik bis Dudelsack-Performance geboten. Weitere Veranstaltungen sind angedacht – „es lohnt sich also in Zukunft, auch nachts mal in die Uni zu gehen“, wie eine Sprecherin betonte.
Pressemitteilung 24.01. 2008
Uni droht mit Räumung und greift in studentische Selbstverwaltung ein
Nachdem der vor über einer Woche von Göttinger Studierenden besetzte Seminarraum am Zentralen Campus mittlerweile als Café etabliert ist, drängt die Universitätsverwaltung auf Umzug des Projekts hinter die Campus-Grenzen und droht mit Räumung. Das von der Uni unterbreitete Angebot und die Art und Weise der Verhandlungsführung durch sie zeigt, dass sie nicht an einer konstruktiven Lösung interessiert ist.
Die als Ersatzraum angebotene alte Druckerei im AstA-Gebäude (Rosa-Luxemburg-Haus) wird derzeit vom AStA genutzt, der die Räume nun gegen seinen Willen abgeben soll. Das Desinteresse der Universitätsleitung an studentischen Belangen zeigt sich auch an der fehlenden Absprache der Univerwaltung mit dem AStA als bisherigem Nutzer des Raumes. Wurde gegenüber den NutzerInnen des Cafe’s behauptet, der Raum wäre für sie verfügbar, geht der AStA davon aus, die Räume weiterhin nutzen zu können. Ganz bewusst nimmt die Universität in Kauf, die Studierenden in Opposition zueinander zu bringen.
Diese Strategie der Univerwaltung, verschiedene Interessensgruppen gegeneinander auszuspielen, ist bereits früher deutlich geworden. So wurde in den Verhandlungen eingeworfen, der Raum stünde in der Nutzung und Verantwortung des Geschichts-Seminares. Nachdem dies nun vom Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte dementiert wurde, behauptet die Univerwaltung, das nie gesagt zu haben.
Ohnehin sind Diskussionen über mögliche Ersatzräume überflüssig, da einer weiteren Nutzung des Cafe’s nichts im Wege steht. Für die dort stattfindenden Seminare gibt es ausreichend Ersatzräume, schon mit dem ersten Tag der Umnutzung hing ein Umlegungsplan für alle dort stattfindenden Veranstaltungen aus. Spätestens nach dem Ausbau etlicher Gebäude am Zentral-Campus sollte sich die Klage über Raum-Mangel ohnehin erledigt haben.
Für Rückfragen stehen die NutzerInnen gerne zur Verfügung. Der Posteingang der e-mail Adresse sqat.an@gmx.de wird regelmäßig überprüft. Auch sind wir gerne bereit persönliche Gespräche zu führen. Die Räumlichkeiten sind rund um die Uhr geöffnet und können jederzeit besichtigt werden.
Offener Brief der Nutzer_innen des Raumes MZG 1.140 an Unileitung und Univerwaltung
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit dem 16. Januar 2008 wird der Raum MZG 1.140 als selbstverwaltetes Café genutzt. Sie waren von dieser Nutzung des Raumes von vorn herein nicht begeistert und haben versucht, uns dazu zu bewegen, einen alternativen Raum zu beziehen. Als wesentliche Begründung von Ihrer Seite haben wir wahrgenommen, dass dieser Raum gar nicht in Ihrer Verfügungsgewalt, sondern in der eines Universitäts-Seminares stünde. Da dies mittlerweile auch von Ihnen dementiert wurde, sehen wir keinen Grund, warum wir den Raum nicht auch weiterhin nutzen sollten. Für die hier von der Raumverwaltung vorgesehenen Veranstaltungen stehen rund um den Campus eine ganze Reihe von Ersatzräumen zur Verfügung, so dass keine Veranstaltung ausfallen musste.
Demgegenüber gibt es eine ganze Reihe von Gründen, warum gerade dieser Raum von uns als selbstverwaltetes Café genutzt werden sollte. Er erfüllt nicht nur die bislang von uns stets genannten und von Ihnen akzeptierten Kriterien, sondern bietet darüber hinaus etliche Vorteile für eine Nutzung durch unterschiedlichste Menschen, vor allem Mitglieder der Universität aus allen Statusgruppen.
Der Raum befindet sich in unmittelbarer Nähe des Studienalltags vieler Studierender. Auf der gleichen Etage sind etliche Lern-, Arbeits- und Computerarbeitsplätze. Der Raum liegt im Mehrzweckgebäude und in unmittelbarer Nähe zum Zentralen Hörsaalgebäude, so dass eine umfangreiche Frequentierung durch Studierende und Universitätsangehörige unterschliedlichster Fakultäten und Fachrichtungen bereits praktizierter Alltag ist. So ist es möglich, sich zwischen einzelnen Veranstaltungen, etwa zwei Vorlesungen im Zentralen Hörsaalgebäude, einen Kaffee oder Tee zu holen, sich mit einem Buch in die Ecke zu setzen oder einfach nur mit Freund_innen zu diskutieren. Der Raum bietet daher eine gute Ergänzung zu den bereits vorhandenen Einrichtungen des Studentenwerkes, nicht zuletzt ob der alternativen Organisationsform (Kaffee nicht gegen Festpreis, sondern nach ‚Selbsteinschätzung‘ etc.) und verbessert die Studiensituation vieler Studierender.
Gerade weil das Café derart zentral gelegen ist, konnte eine pluralistische Betreiber_innen- und Träger_innengemeinschaft entstehen, welche sich in dem Miteinander der Nutzer_innen begründet sieht. Die Menschen, die den Kaffee kochen, sind auch die Menschen, die ihn trinken. Dadurch entsteht eine vollkommen andere Qualität der Nutzung, wie sie nicht mit der von traditionellen Cafeterien zu vergleichen ist.
Die Menschen, die hier ihren Lebens- und Arbeitsalltag verbringen, haben ein Interesse daran, diese für sie attraktive Institution zu erhalten. Daher gibt es ein großes Interesse an einem kooperativem Umgang mit den Menschen, die im Alltag der Cafénutzung eine Rolle spielen, also etwa Hausmeister_innen oder Reinigungskräften. Eigenverantwortlichkeit heißt hier eben auch, aus einem eigenständigen Interesse verantwortlich zu handeln und für den Zustand des Raumes Sorge zu tragen. In diesem Sinne ist die Einhaltung von Brandschutz- und Sicherheitsbestimmungen ebenso wie das eigenständige Putzen des Raumes eine Selbstverständlichkeit.
Der Bedarf an einem solchen Raum ist nach der einseitigen Kündigung des Café Kollabs deutlich geworden. Viele der NutzerInnen haben das Café Kollabs jedoch nicht mehr direkt kennengelernt. Nach dessen Umsiedlung in den Keller des Sozio-Oeconomicums war es letztlich aus dem studentischen Alltag verdrängt und wurde so nur von einer kleinen Gruppe von Studierenden genutzt. Im Laufe der letzten Woche hat sich jedoch gezeigt, dass die gute Sichtbarkeit des Raumes ein breites Spektrum an Nutzer_innen anzieht und eben daher einen völlig anderen Charakter hat.
Vor diesem Hintergrund verbleiben wir mit der Hoffnung auf einen baldigen Abschluss der angedachten Nutzungsvereinbarung für diesen Raum.
Mit freundlichen Grüßen,
das Nutzer_innenplenum
Hier noch mal ein paar Infos zu den Entwickungen im MZG vor deren
Hintergrund er offene Brief entstanden ist, der über die Listen ging:
Nachdem das Präsidium längere Zeit nicht von sich hat hören lassen, hat
es nun einen neuen „Vorschlag“ unterbreitet, der an Unverschämtheit kaum
zu überbieten ist. Die Raumverwaltung bietet nun einen Raum im
Asta-Gebäude an. Dies ist vorher nicht mit dem Asta abgesprochen worden.
Dementsprechend hat dieser weder im Vorfeld seine Zustimmung gegeben,
noch hat er vor dies zu tun. Die Räume werden von ihm nämlich genutzt.
Die Besetzer_innen wollen ohnehin nicht die Umwandlung von Räumen der
studentischen Selbstverwaltung in selbstverwaltete Räume, sondern die
Schaffung eines neuen Raums. Außerdem liegt der Raum nicht auf dem
Campus, wie von den Besetzer_innen gefordert. Deshalb haben sie das
?Angebot? abgelehnt. Der Raum wurde am Mittwoch den 16.01. besetzt mit
dem Ziel ein selbstverwaltetes Cafe am Campus zu etablieren.
Zu den Argumenten im Einzelnen: http://de.indymedia.org/2008/01/206108.shtml
Das Ziel der Gebäudeverwaltung mit dieser Aktion könnt sein, den
Konflikt nun in die Studierendenschaft zu tragen. Hätten die
Nutzer_innen dem „Angebot“ zugestimmt, müssten sie sich nun mit dem Asta
auseinandersetzen, statt mit der Raumverwaltung. Möglicherweise hat
letztere auf die offensichtlichen politischen Differenzen zwischen
Besetzter_innen und Asta spekuliert. An dieser Stelle haben der Asta und
die linken Aktivist_innen jedoch aus unterschiedlichen Gründen das selbe
Ziel, sodass diese Rechnung des Präsidiums nicht aufgeht. Im Gegenteil
zwingt es damit den Asta möglicherweise zu handeln, statt sich – wie
bisher – passiv zu den Vorgängen rund um die Besetzung zu verhalten.
Die Unileitung verschärft nun jedoch die Gangart. Nach der Ablehnung des
„Angebots“ durch die Besetzer_innen wurden sie noch einmal darauf hin
gewiesen, das „dies alles hier illegal“ sei. Außerdem wurde auf
angebliche Brandschutzmängel verwiesen (Krepppapier vor Neonröhre) womit
ein mögliches Ticket angedeutet ist, auf dem in den nächsten Wochen die
Räumung propagandistisch vorbereitet werden könnte. Auch verstärkt die
Unileitung nun die Öffentlichkeitsarbeit. Der Präsident lässt sich in
einer Pressemitteilung zitieren: „Damit sind die bisherigen Angebote der
Universitätsleitung hinfällig.“ Weiter heißt es dort: „In dem Wunsch,
eine einvernehmliche Lösung zu erreichen, sei die Hochschule den
studentischen Besetzern sehr weit entgegengekommen, weitere
Zugeständnisse seien jedoch nicht vertretbar.“ Das Säbelrasseln ist hier
nicht zu überhören. Es bleibt jedoch Fakt, dass der einzige Grund für
eine Räumung, darin bestünde, dass das Präsidium seine Autorität wahren
möchte. Sachliche Gründe gibt es nicht. Das Seminar für Mittlere und
Neuere Geschichte, in dessen Verfügungspool der Raum angeblich steht,
hat die sowohl bestritten, als sich auch nicht gegen die Umwidmung des
Raums ausgesprochen. Die Verlegung der Veranstaltungen aus dem MZG 1140
hat gezeigt, das Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind (Die
Raumverwaltung hat teilweise sogar noch abweichend von dem
Umbelegungsplan der Besetzer_innen Räume anbieten können).
Inzwischen hat sich jedoch die gesammte Unilinke und ein Großteil der
Göttinger Linken mit dem Freiraum solidarisiert und auch angekündigt
diese Solidarität praktisch werden zu lassen, wenn dies nötig wird. Das
könnte den politischen Preis einer Räumung ziemlich in die Höhe steigen
lassen, sodass das Präsidium es sich gut überlegen wird, ob ihm die
Durchsetzung seiner Autorität dies wert ist.
[diese info habe ich von der schöner-leben-mailingliste und gebe sie unkommentiert weiter.]
Der Raum wurde heute früh um ca. 6.30 geräumt. Zu dem Zeitpunkt befanden sich nur 3 Personen in dem Raum. Diese wurden auf die Wache gebracht und erkennungsdienstlich erfasst, sind mittlerweile aber wieder frei. Der Chef des Gebäudemanagements war vor Ort und nahm an der Räumung teil. Das Rauminventar sollte zunächst von Hausmeistern an einen unbestimmten Ort gebracht werden, was jedoch verhindert werden konnte.