Kritik an Polizeieinsatz

„Prügeleinheiten“ und „Schikane“
von am 24. Mai 2011 veröffentlicht in featured, Polizei & Justiz

Nach dem Festhalten von hunderten Demonstranten am Northeimer Bahnhof durch die Polizei häuft sich die Polizeischelte. Harsche Kritik formulieren Politiker von den Grünen und der Linkspartei. Dass sich Göttinger Demonstrierende der großen Bündnisdemonstration gegen den NPD-Parteitag anschließen nicht anschließen konnten, verurteilen sie.

Die Kritik ist vielfältig. Klar: dass die Polizei letzlich verhindert hat, dass Göttinger überhaupt in Northeim demonstrieren können, wird scharf verurteilt. So kritisiert der Kreisverband der Grünen in Göttingen die Forderung der Polizei nach erneuter Durchsuchung der angereisten Göttinger_innen. Sie waren teilweise bereits in Göttingen kontrolliert worden und wollten die Prozedur nicht erneut über sich ergehen lassen.

Für die Grüne Jugend Göttingen ist die Bewertung klar: „Schikane“. Die Grüne Jugend Northeim sieht das „Grundrecht auf Meinungsfreiheit verwehrt“ – gemeint ist wohl das Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Die Studierendengruppe LINKE.SDS bewertet das Verhalten der Polizei als „auf eine Konfrontation mit den Demonstrationsteilnehmern abgestellt“. Sie kritisiert auch, dass mit fadenscheinigen Begründungen einzelne Personen rabiat von „Greiftrupps“ aus der Menge der am Northeimer Bahnhof Wartenden gezogen wurden.

Aus rechtlicher Sicht ist das Verhalten der Polizei sicherlich grenzwertig. Das Gefahrenabwehrrecht gibt ihr die Möglichkeit, bei Annahme von Gefahren auch Personen sowie deren Taschen zu kontrollieren. Allerdings kann sie das nicht auf einen Generalverdacht a la „Göttinger sind alle gewaltbereit“ stützen. Auch ein Abstellen allein auf „optische Zugehörigkeit zur linken Szene“ (unser Bericht aus dem vergangenen Dezember) ist nicht ausreichend. Die Polizei braucht konkretere Anhaltspunkte. Diese haben ihr die Aufrufe zur Demonstration geboten, die eben auch vor allem in Göttingen kursierten. Dass einzelne Gruppen hier eine martialische Sprache verwenden und sich mit Gewalt-Assoziationen nicht zurückhalten konnten, wird der Polizei wohl das „in die Taschen gucken“ erlauben. So wird aller Voraussicht nach wohl nicht mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht wegen des Festhaltens in Northeim zu rechnen sein.

Angegriffen wird auch das Verhalten der Polizei während der Zugfahrten. Denn sowohl auf der Hinfahrt wie auch auf der Rückfahrt wurden die Reisenden von Polizeibeamten begleitet. Diese hätten die Northeim-Reisenden zur „Provokation“ herumgeschubst, so die LINKE.SDS. Den rabiaten Körpereinsatz hält auch de Göttinger Kreisverband der Grünen für „völlig übertrieben“. Von „Attacken“ gegen die gezwungendermaßen in praller Sonne Wartenden spricht die Grüne Jugend Göttingen.

Die AG Rechtsextremismus/Antifaschismus des niedersächsischen Landesverbands der LINKEn entzürnt, dass „willkürlich“ einige der Demonstranten auf der Rückfahrt nach Göttingen im Zug „misshandelt“ worden seien. Ebenso wird kritisiert, dass die nach Göttingen Zurückgekehrten umgehend von der Polizei „gekesselt“ wurden. Der Kreisverband der Grünen spricht davon, dass die Demonstrierenden hier mit dem Festhalten zur Anmeldung einer Demonstration „genötigt“ worden seien. Sie hätten nicht die Wahl gehabt, den Bahnhofsvorplatz einfach zu verlassen. Von einer faktischen „Demonstrationspflicht“, die die Polizei durchgesetzt habe, spricht der grüne Kreistagsabgeordnete Nicolai Zipfel: „Diese Einführung einer ‚Demonstrationspflicht‘ war die Spitze der Rechtsbrüche, die die Polizei an diesem Tag begangen hat.“ Ganz anders als die Polizei, die von unvermittelten Angriffen auf Beamte sprach, bewertet die Grüne Jugend auch das Ende dieser erzwungenen Demonstration: die Angriffe seien von der Polizei ausgegangen.


Schwarzer Block stoppt Demonstrierende am Northeimer Bahnhof

Besonders entzündet sich der Unmut auch gegenüber den Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFEs) der Polizei. Für die Grüne Jugend Göttingen handelt es sich bei diesen um gefährliche „Prügeleinheiten“. In diesem Zusammenhang kritisiert die AG Rechtsextremismus/Antifaschismus des niedersächsischen Landesverbands der LINKEn auch Innenminister Schünemann, der für das erneuerte Versammlungsgesetz sowie die Schaffung der BFEs und deren „unrechtmäßigem Vorgehen“ verantwortlich sei. Der Göttinger Kreisverband der Grünen hat überdies angekündigt, Anzeige gegen die Polizisten zu erstatten.

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2 Kommentare auf "„Prügeleinheiten“ und „Schikane“"

  1. Die Mitte erobern! sagt:

    Unter anderem SPD und Jusos haben in PMs übrigens auch Kritik geäußert.

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