Kundgebung

„Solidarität mit Ägypten und Tunesien“
von am 4. Februar 2011 veröffentlicht in Soziale Bewegungen

Die Revolution fiel am Freitag Nachmittag in der Göttinger Innenstadt eher unspektakulär aus. Etwa 40 Menschen versammelten sich um 14 Uhr am Gänseliesel, um sich mit der Demokratiebewegung in Ägypten und Tunesien zu solidarisieren.

Unter den Argusaugen des Göttinger Staatsschutzes hielten sie Transparente und Schilder hoch, die den Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Mubarak und Demokratie einforderten. Auf Flugblättern erklärte man sich „solidarisch mit dem ägyptischen und tunesischen Volk, denn die Freiheit der Mubaraks und Ben Alis endet dort, wo die des ägyptischen, des tunesischen und eines jeden Volkes beginnt“, schreibt die Palästinensische Gemeinde in einer Flugschrift. Die DKP kritisierte die „Heuchelei der deutschen Aussenpolitik“ und deutsche Rüstungsexporte nach Ägypten. „Der Bundesregierung ging und geht es nicht um Demokratie und Bürgerrechte in Ägypten, sondern allein um eigene wirtschaftliche und geopolitische Interessen“, heißt es in einem Flugblatt.

Zu der Kundgebung hatten „verschiedene arabische Menschen“ über das Internet aufgerufen. Etwa die Hälfte der Teilnehmer_innen konnten der so genannten linken Szene zugerechnet werden.

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12 Kommentare auf "„Solidarität mit Ägypten und Tunesien“"

  1. Lombo sagt:

    Schade, ich habe nichts davon mitbekommen, ich wäre dabei gewesen! Die geringe Beteiligung wundert mich aber nicht, die mediale Begleitung der Revolution in Deutschland ist beschissen hoch 3!

  2. retmarut sagt:

    Das folgende Flugblatt wurde von einigen Kommunist_innen, die ihre Solidarität mit den revolutionär-demokratischen Kämpfen in Ägypten und anderen arabischen Staaten erklären, auf der Kundgebung verteilt.

  3. bislang fehlende solidarität sagt:

    Dass die Linke in Göttingen (und auch anderenorts) noch immer so tut, als gingen sie die Proteste im arabischen Raum nichts an, empfinde ich als beschämendes Armutszeugnis. Es ist seit Tagen an der Zeit, Zeichen der Solidarität mit den Aufstandsbewegungen zu setzen. Die Kundgebung heute war seit vorgestern über diverse Mailing-Listen angekündigt worden und auch Monsters war im Vorfeld informiert worden.
    Es überwiegt bislang in der hiesiegen Szene anscheinend eine ungute Mischung aus Ignoranz und Unsicherheit, die durch den Islamismus-Diskurs mitbestimmt wird.
    Es sind alle aufgerufen, sich selbst ein Bild zu machen, damit wir gemeinsam wieder handlungsfähig werden.

    Als Vorschlag: 5 Texte zum Einstieg:
    1. Ein Interview mit Aktivisten aus Tunesien zu ihrem im Umsturz des Regimes gemachten Erfahrungen:
    http://www.wildcat-www.de/aktuell/a087_tunesien_interview.htm
    2. Ein Text zur Stimmungslage von Jugendlichen im Gaza-Streifen:
    2.1 Version 1.0 in deutsch
    http://linksunten.indymedia.org/de/print/31393
    2.2 Die Geschichte in Hintergrund
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,742933,00.html
    2.3 Version 2.0 mit Reflexionen der Wirkungen von 1.0 – bisher nur in Englisch
    http://gazaybo.wordpress.com/about/
    3. Eine informationreiche Einschätzung zu Ägypten von einem Reporter des Asia Times Online (auf Englisch):
    http://www.atimes.com/atimes/Middle_East/MB01Ak02.html

    Einen lieben Gruß an die jungen solidarischen Menschen aus dem arabischen und dem Göttinger Raum, die sich heute mobilieren ließen.
    „Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.“ (Ernst Bloch)

  4. Rakete sagt:

    Stimmt, monsters wurde im Vorfeld informiert, aber es gilt immernoch das hier: http://monstersofgoe.de/veranstaltung-melden/#obacht

  5. Den deutschen Imperialismus und die Muslimbrüder (auch Islamisten)
    Artikel aus SPON: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,743563,00.html

    Muslimbrüder in Ägypten
    Wie Deutschland sich den Islamisten annähert

    […] Offiziell gibt niemand zu, dass die deutsche Regierung Gespräche mit den Islamisten führt. Voraussetzung für einen Dialog sei die Einschätzung, dass die Gesprächspartner ein aufrichtiges Interesse an einer demokratischen und freiheitlichen Entwicklung hätten, heißt es aus dem Auswärtigen Amt.

    Hinter vorgehaltener Hand aber bestätigen Berliner Regierungskreise, dass es durchaus Kontakte zu den Muslimbrüdern gibt – wenn auch nur zu gemäßigten Kräften.

    Kontakt über inoffizielle Kanäle

    Öffentliche Gespräche zwischen hochrangigen Diplomaten und islamischen Fundamentalisten sind undenkbar. Doch inoffizielle Kanäle, auf denen deutsche Diplomaten die Muslimbrüder erreichen können, gibt es reichlich.

    Gleich vier parteinahe politische Stiftungen aus Deutschland unterhalten seit vielen Jahren Büros in Kairo – und gelten dort als exzellent verdrahtet. Eine weitere Stiftung ist mit einem Büro im nahen Westjordanland präsent. Zwar will auch bei den Stiftungen niemand offiziell bestätigen, Gespräche zwischen deutschen Regierungsmitgliedern und Islamisten vermittelt zu haben. Doch dass parteinahe Stiftungen bei Kontaktanbahnungen eine wichtige Rolle spielen, ist im politischen Berlin ein offenes Geheimnis.

    „Stiftungen sind immer auch Förderer von politischen Dialogen“, sagt Ronald Meinardus, der das Regionalbüro der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in Kairo leitet und für die gesamte arabische Welt zuständig ist. „Andere Parteien nutzen diese Möglichkeit und wir natürlich auch.“ Als Stiftung könne man Kontakte pflegen, die der Regierung versperrt seien. „Wir sind da wesentlich flexibler und freier als die offizielle Diplomatie“, gibt Meinardus zu.

    Diese Freiheiten haben sich deutsche Regierungen in der Geschichte immer wieder zunutze gemacht, entweder um in Krisengebieten Kontakte zu Gruppen herzustellen, mit denen ein offizieller Dialog nicht möglich war, oder um Entwicklungen in ihrem Sinne zu beeinflussen. So spielten deutsche Stiftungen bei Demokratisierungsprozessen in lateinamerikanischen Ländern eine bedeutende Rolle, etwa bei der Ablösung der Militärdiktatur in Chile 1988. Auch als in den siebziger Jahren die Diktaturen in Spanien und Portugal fielen, nutzten die Stiftungen ihre Beziehungen, um zwischen verschiedenen Kräften zu vermitteln und die politische Entwicklung im deutschen Sinne zu beeinflussen.

    Die Welt beneidet Deutschland um seine heimlichen Diplomaten

    Politiker aus befreundeten Staaten beneiden die Bundesrepublik deshalb um das feine Netzwerk, dass ihre Stiftungen in aller Welt knüpfen. Kein anderes Land verfügt über vergleichbare Institutionen. Die Bundesregierung weiß, was sie an ihren inoffiziellen Botschaftern hat, und fördert die internationale Arbeit der Stiftungen seit 1962 finanziell.

    Nach Belieben handeln können Stiftungen allerdings nicht. Sie müssen sich an das geltende Recht in dem jeweiligen Land halten und sind ihrer weltanschaulichen Ausrichtung verpflichtet. „Als Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit arbeiten wir ausschließlich mit liberalen Partnern zusammen“, sagt Ronald Meinardus aus Kairo. „Außerdem respektieren wir natürlich, dass die Muslimbruderschaft in Ägypten als Partei nicht zugelassen ist.“

    Unterhalb der Partnerschaftsebene allerdings ist einiges möglich. „Es gibt viele unterschiedliche Berührungspunkte und Zugänge“, sagt Meinardus. „Das sind dann aber keine Fototermine für die Presse.“

    Dialog ja. Kooperation oder Partnerschaft nein – diese Linie verfolgen auch die anderen Stiftungen, die in Ägypten aktiv sind.

    „Natürlich kooperieren wir nicht mit dem islamistischen Spektrum“, sagt Andreas Jacobs, Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, die der CDU nahesteht. Wenn Muslimbrüder an Veranstaltungen der Stiftung teilgenommen hätten, dann nur in ihrer Funktion als Parlamentarier oder als Vertreter lokaler Institutionen. „In solchen Fällen balancieren wir diese Leute aus, indem wir auch säkulare Vertreter auf unsere Podien einladen“, sagt Jacobs. […]

  6. e.r. sagt:

    die ambivalenz der „emanzipatorischen linken“ könnte auch genau daher kommen:

    „Denjenigen, die jetzt auf den Straßen und Plätzen Ägyptens eine echte Veränderung, demokratische Teilhabe und Wiedererlangung der nationalen Souveränität einfordern, gilt unsere ganze Solidarität.“

    demokratische teilhabe? nationale souveränität? – und ich bin kein gspler, ich bin eher für straßen aus zucker 🙂

  7. bislang fehlende solidarität sagt:

    @e.r. in #7 Meinst du mit „Ambivalenz“ jenes sich-gar-nicht-zu-etwas-verhalten, jenes sich totstellen bzw. jenes sich-den-Hintern-vorm-PC-plattsitzen?
    Die Bewegungen der Aufständischen haben sehr viele verschiedene Aspekte, die sich auch zur Kenntnis nehmen lassen, wenn man sich auf die Suche nach differenzierter Information macht. Z.B. über die obengenannten Links (hier: comment#3, Link no3)
    Die gemeinsamen Forderungen auf Kairos Straßen (außer das Mubarak weg muss):
    Freiheit!
    Würde!
    Soziale Gerechtigkeit!
    Aber die Bezugnahme auf „demokratische teilhabe? nationale souveränität?“ ermöglicht dir (und vermutlich auch anderen) hier eine verlockend bequeme Ambivalenz. Abgesehen davon bedeutet die (teilweise!) in Ägypten erhobene Forderung nach Demokratie im dortigen Kontext etwas anderes als hierzulande (nochmal: der oben genannte Link zum Asia Times-Artikel). Auch wenn sich mittelständische junge Eliten mit am Protest dort beteiligen. Aber eben auch die, neben Arbeiter_innen und den zahlreichen Arbeitslosen. Und bei aller berechtigten Kritik an jedwedem (!) Nationalismus bedeutet in einem postkolonialen Staat wie Ägypten mit seiner spezifischen Geschichte als ein strategischer Vorposten des Westens die Forderung nach „nationaler Souveränität“ etwas was das Würdeempfinden vieler Menschen berührt. Hier müsste jetzt ein Exkurs zu Franz Fanon und zum Postkolonialismus anschließen, den ich hier leider nicht leisten kann. Vielleicht wer anders?
    @e.r. Sorry, wenn das jetzt aggressiv rüberkommt. Aber ich ärgere mich über „Ambivalenz“ als Grund für Nicht-Verhalten, weil ich das selbst schon zu oft praktiziert habe und es mir immer mehr als faule Ausrede erscheint. Ist also ne Mischung von Kritik und Selbst-Kritik – und der Ärger richtet sich auch gegen mich selber.

  8. bislang fehlende solidarität sagt:

    @e.r. in #7 soll heißen:
    @e.r. in #6
    Sorry!

  9. e.r. sagt:

    @bfs: aber aus nationaler souveränität würdeempfinden vieler menschen zu machen – das geht mir irgendwie ab, wobei ich das „ambivalenzproblem“ gerade mit den „antideutschen“ hab, sollte man aber lieber mal bei nem bier als hier in den kommentaren thematisieren…..

  10. NEB sagt:

    ich bin voll dafuer dass die aegypter demokratie bekommen – sollten sie allerdings dann ueberraschenderweise die MB an die macht waehlen (die EINZIGE organisierte opposition in egypt und der Ursprung von Hamas und al quaida) wuensche ich mir XXX

  11. falsch sagt:

    @bislang fehlende solidarität: Unsinn! Ich habe von allen Demos der vergangenen Wochen vorab Info bekommen, aber die Soli.Demo gestern ging völlig an mir vorbei. Vielleicht wurde sie auch einfach doch n bisschen scheiße propagiert?

  12. nada sagt:

    Betreff: Ambivalenzprobleme mit Antideutschen.
    Was heißt hier, wir hätten ein Problem mit Bewegung und Solidarität. Entspringt dein wir – auf der Gründung nationaler Identität. Wenn ja und das habe ich so gelesen, viel Spaß beim Stammtisch und deinem Bier. Und heule bloß nicht rum, wenn du und deine Kameraden das nächste mal auf die Fresse bekommen. Solidarität mit den Antipatriarchalen, Feministischen Kämpfer_innen in Tunesien und Aegypten!

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