Erfolgreicher Protest
Keine Abschiebungen ins Kosovo
von Rakete am 22. Juni 2010 veröffentlicht in Migration, Politik, Soziale Bewegungen Die Versuche von Stadt und Landkreis Göttingen, insgesamt 30 Roma ins Elend in das Kosovo abzuschieben, sind von zahlreichen Protesten begleitet worden. Höhepunkt war die Blockade eines Hauses im Blümchenviertel in der Nacht zum Dienstag, die den Polizeieinsatz zum Zwecke der Abschiebung zum Scheitern brachte. Das Verwaltungsgericht hat unterdessen die Abschiebungen von elf Roma-Flüchtlingen untersagt. Weitere Flüchtlinge sind untergetaucht oder befinden sich im Kirchenasyl. Letztlich ist wahrscheinlich keiner der 30 Menschen abgeschoben worden.
Gegen 1 Uhr versammelten sich am Dienstag Morgen etwa 80 Abschiebungsgegner*innen vor einem Haus im Göttinger Blümchenviertel, um die drohende Abschiebung der dort lebenden Familien zu verhindern. Als die Polizei kurz vor 2 Uhr mit gut zwei Dutzend Beamt*innen und mit Unterstützung der Ausländerbehörde im Rosenwinkel vor fuhr, bildeten die Aktivist*innen Menschenketten vor der Haustür. Die Polizei verzichtete ausdrücklich auf eine gewaltsame Durchsetzung ihres Anliegens und verließ den Ort unverrichteter Dinge. Dem NDR berichtete sie hingegen, die Flüchtlinge nicht in ihren Wohnungen angetroffen zu haben.
Drei der dort lebenden Roma haben Schutz im Kirchenasyl gefunden. Die Abschiebung von elf Göttinger Roma hat am Dienstag das Verwaltungsgericht vorerst gestoppt. Weitere Flüchtlinge haben den Weg in die Illegalität der Abschiebung vorgezogen. Sie werden nun per Abschiebehaftbefehl gesucht, sagte der Leiter des Einsatzes im Rosenwinkel im StadtRadio.
Nach Angaben des AK Asyls sind somit wahrscheinlich keine Roma aus Stadt und Landkreis abgeschoben worden. Zu einzelnen Flüchtlingen aus dem Kreis habe die Flüchtlingsorganisation zwar keinen Kontakt, so ein Sprecher. Er gehe allerdings davon aus, dass in dem Flugzeug nach Pristina keine Göttinger Roma saßen.
Kein Platz für Protest beim Altstadtlauf
Begleitet wurden die verhinderten Abschiebungen von weiteren Protesten. Für den „Tag X“, also Dienstag, hatten antirassistische Gruppen zu einer Demonstration am Gänseliesel aufgerufen. Zeitgleich fand in der City der Altstadtlauf statt, dessen Zuschauer*innen die Demonstrierenden als willkommenes Publikum für ihre Forderungen sahen. Die Polizei hingegen versuchte zu verhindern, dass ein unangemeldeter Demonstrationszug vom Wilhelmsplatz an die Weender Straße gelangen konnte. Die vorherige Absprache mit der Polizei ignorierend, versuchte der Demozug das über die Barfüßer Straße. Die sichtlich überraschte Polizei stoppte den Zug unsanft ruppig und löste die Versammlung im Anschluß auf. Weitere „Zusammenrottungen“ würden jetzt nicht mehr geduldet, hieß es. Trotzdem kam es immer wieder zu kleineren Protestkundgebungen an der Laufstrecke.
Bereits am Montag versammelten sich vor dem Neuen Rathaus etwa 100 Abschiebungsgegner*innen. Sie besuchten unter anderem die Fraktionsbüros von SPD, den Grünen und der Linkspartei. SPD und Grüne forderten daraufhin von Ministerpräsident Wulff erneut einen sofortigen Abschiebestopp, den dieser selbstredend und vorhersehbar nicht verfügte. Die Linksfraktion appellierte ganz oppositionell an die Stadtverwaltung, ihre Position zu überdenken. „Es ist unerträglich, dass wieder einmal alle Beteiligten behaupten, ihnen seien die Hände gebunden. Sie machen sich damit für diese rassistische und menschenverachtende Politik mit verantwortlich“, sagte der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, Patrick Humke-Focks. „Von Dezernenten der SPD und besonders den Grünen erwarte ich eigentlich mehr Zivilcourage. Zivilcourage bedeutet mehr als lediglich an die Landesregierung zu appellieren.“
>>Die vorherige Absprache mit der Polizei ignorierend, versuchte der Demozug das über die Barfüßer Straße.