Nach der Conny-Demo: Polizei schreibt sich zum Erfolg
von am 16. November 2009 veröffentlicht in Politik, städtisches

Die Demonstration anlässlich des 20. Todestages der Göttinger Antifaschistin Cornelia Wessmann wurde von einem Großaufgebot der Polizei begleitet. Dies war nicht anders zu erwarten, wurde sie doch weit über Göttingen hinaus beworben. Und in Erinnerung an die Scherbendemos der 90er Jahre rechnete die Polizei wohl mit dem Schlimmsten, kündigte bereits im Vorfeld Vorkontrollen und massive Präsenz an. Zu einem polizeilichen Großeinsatz wie dem diesem gehört auch die mediale Vermittlung durch Pressemitteilungen und Stellungnahmen in den Medien. Hier eine nähere Betrachtung des Einsatzes, der Demonstration, und der Darstellung von beidem in der Pressemappe der Polizei. Alle Zitate stammen, soweit nicht anders vermerkt, aus der Pressemitteilung der Polizei Göttingen 889 / 2009 vom 14.11.2009.

„Gewaltbereite Linksextremisten“ und „konsequentes Einsatzkonzept“

Die am Samstagabend erschienene Pressemitteilung ist betitelt mit: „20. Todestag von Kornelia Weßmann – 1.200 gewaltbereite Linksextremisten demonstrieren in Göttingen, konsequentes Einsatzkonzept der Polizei ist aufgegangen“. Der Versuch der Vermittlung, alles sei zu jedem Zeitpunkt unter Kontrolle gewesen, ist wenig überraschend. Interessaner ist vielmehr die Wortwahl und die Beschreibung der Demonstration. Zunächst wird in der Überschrift verschwiegen, wogegen oder für was eigentlich demonstriert wurde, sprich: weswegen genau sich eigentlich so viele Leute versammelt haben. Grund hierfür ist nämlich nicht nur der Tod von Conny vor 20 Jahren an sich, sondern die Umstände des Todes, und die Verantwortlichkeit der Polizei selbst für eben diesen. Weiterhin werden die Teilnehmer_innen als „gewaltbereite Linksextremisten“ bezeichnet. Dies ist deswegen überraschend, weil bei vergleichbaren Veranstaltungen eher Begriffe wie „Angehörige der linken Szene“ verwendet werden. (Wie etwa in der PM 1383 / 2008 vom 8.11.2008 „Linke Szene demonstriert friedlich für „starke antifaschistische Kultur“ – Polizei zufrieden mit Einsatzverlauf“, in der auch gleich noch das Demonstrationsthema ausführlich genannt wird.) Der Verweis auf „Extremismus“ stuft den Aufzug im bürgerlichen Denken semantisch zu einem Haufen politisch fehlgeleiteter Irrer herab, mit deren Aussagen und Forderungen eine Befassung schon deswegen nicht lohnt, weil sie eben „extrem“ sind. Der Begriff des Extremismus stellt unter Absehung vom Inhalt politischer Forderungen und Ansätze einfach die Abweichung vom bürgerlichen Denken und Politikverständnis fest – und spricht ihnen damit die Legitimität ab. So ist im Text die Rede von der „linksextremistischen Szene“ und 600 angereisten „Extremisten“ Nebenbei wäre es interessant zu wissen, wie eigentlich erkannt und gezählt wird, ob jemand gewaltbereit ist oder nicht – eigentlich ein Ding der Unmöglicheit das zu erkennen bevor es (nicht) passiert. Der Hinweis auf die Gewaltbereitschaft, die hier fast allen Teilnehmer_innen der Demo unterstellt wird, scheint eher zum Ziel zu haben, den Großeinsatz von vornherein als richtig und notwendig hinzustellen.

Verfassungskonformität…

„Die involvierten Gruppierungen hatten wiederholt eine Kooperation mit der Polizei abgelehnt. Verfassungskonform ließ die Einsatzleitung den Aufzug am späten Samstagnachmittag dennoch auf einem vorgegebenen Weg in Richtung Weender Tor gehen“
lässt uns die Polizei wissen. Der Hinweis auf die Verfassungskonformität des Gehen-lassens trotz Nichtanmeldung macht stutzig. So wurden in der Vergangeneit immer wieder Aufzüge aufgehalten und kriminalisiert, die sich unangemeldet versammelt und in Bewegung gesetzt hatten. So zuletzt bei der Spontandemonstration gegen die Räumung des besetzten ehemaligen Topf und Söhne-Geländes in Erfurt (PM 297 / 2009 vom 17.4.2009). Diese wurde vollständig gekesselt, aufgelöst und ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs gegen alle Teilnehmenden eingeleitet – von gewahrten Grundrechten war bei diesem Ereignis keine Spur, so auch nicht in der Pressemitteilung. Wohl aufgrund des Öffentlichen Drucks, weniger aufgrund der Kräfteverhältnisse (diverse Hunderschaften, Wasserwerfer, Räumpanzer, Hundestaffeln) hat die Polizei von einem vergleichbaren Vorgehen bei der diesjährigen Conny-Demo Abstand genommen – sogar trotz Vermummungen. So ein Verweis auf das Grundgesetz macht sich natürlich gut, wenn man bedenkt, dass sogar aus der Lokalpolitik deeskalierendes Verhalten gefordert wurde. Auch im bürgerlichen Lager hätte es sicher und zu Recht einen Aufschrei der Empörung gegeben, wäre die Demonstration unterbunden worden.

„gezielte Gewalttaten gegen Polizeibeamte“

Nach ihrer Einschätzung, so die Polizei weiter, sollte die Demonstration, „für die bis zum Schluss keine Anmeldung vorlag“, von den „Extremisten“ dazu genutzt werden, „gezielt Gewalttaten gegen Polizeibeamte zu begehen“. Diese blieben jedoch während der gesamten Veranstaltung aus, wie später ebenfalls exemplarisch aus dem Text hervorgeht: „Aus der Demonstration heraus wurden während des Marsches mehrere Schuss Signalmunition in die Luft geschossen. Beamte wurden nicht beschossen.“. Jedoch nicht weil die „gewaltbereiten Extremisten“ nicht alle die Absicht gehabt hätten. Gesamteinsatzleiter Thomas Rath hierzu: „Nur der engen Begleitung des Aufzuges durch erfahrene Einsatzkräfte, der starken Polizeipräsenz insgesamt und dem konsequenten Einschreiten aller eingesetzten Beamten ist es zu verdanken, dass gewalttätige Auseinandersetzungen ausblieben und Straftaten weitgehend verhindert werden konnten.“ Eine interessante Logik, nach der „konsequentes Einschreiten“ selbst keine „gewalttätige Auseinandersetzung“ sein soll. Tatsächlich hat die Polizei selbst mehrmals den Demonstrationszug unter Schlagstockeinsatz angegriffen – so gleich zu Beginn in der Roten Strasse, einmal um einen Jugendlichen herauszugreifen, der mit Quarzhandschuhen „passiv“ bewaffnet gewesen sein soll, einmal ohne ersichtlichen Grund. Hierzu heisst es: „Im Bereich des Weender Tores nahm die Polizei gegen 16.30 Uhr zwei Versammlungsteilnehmer fest, die verbotenerweise mit sog. Schutzbewaffnung (Quarzhandschuhe) bekleidet waren.“ Dezent wird hier umschrieben, dass die Angriffe auf den Aufzug direkt beim (auch noch polizeilich abgeschirmten) Conny-Denkmal stattfanden, wie in diesem Video zu sehen ist – daraus wird dann in der PM der „Bereich des Weender Tores“. Es ist ein politischer Skandal, dass an der Stelle von Connys Tod durch einen Polizeieinsatz 20 Jahre später die Demonstration mit Knüppeln attackiert wird, die an genau dieses Ereignis erinnern will.

enge Begleitung…

„Aufgrund der von den Demonstranten ausgehenden extrem aggressiven, gereizten und emotional aufgeheizten Stimmung wurde der Aufzug eng von Einsatzkräften begleitet, um Zwischenfälle von vornherein zu unterbinden bzw. zu verhindern.“ – da die PM schon den konkreten Inhalt und die Hintergünde der Veranstaltung verschweigt, erscheint dieser Satz fast logisch. Nur fällt in der Darstellung vollkommen heraus, dass die Begleitung des Aufzugs mit einem engen Spalier und die massive Präsenz der Einsatzkräfte wohl der Hauptgrund für die „emotional aufgeheizte Stimmung“ gewesen sein dürften. Dies war an den vielen Durchsagen, Redebeiträgen und Parolen durchaus zu erkennen, die sich negativ auf die Polizeipräsenz und die polizeilichen Übergriffe bezogen. Diese richteten sich sogar gegen umstehende Personen und Vertreter_innen der Presse, wie die TAZ zu berichten weiss, und auf diesem Video zu sehen ist. Dass es Verletzte mit Platzwunden bei den vereinzelten Schlagstockeinsätzen während der Demo gab wird von der Polizei allerdings ebenso verschwiegen wie die angewendeten und aufgefahrenen Mittel – das ist absolut untypisch, in den meisten Fällen wird in den Pressemitteilungen genau dargelegt, welche Mittel eingesetzt wurden und ob es Verletzte gab, wieviele Hundertschaften und sonstige Dinge im Einsatz waren. Warum scheint klar: in diesem Fall hätte das offenbar schlechte Presse bedeutet, wenn es bei der vermeintlich gewalttätigen Demo zwar verletzte Teilnehmer_innen gibt, aber keine Gewalttaten gegen die Polizei, und wenn herauskommt, dass kostspieliges schweres Gerät wie Wasserwerfer und Räumpanzer für nichts und wieder nichts aufgefahren wurden. Selbst die Zahl der eingesetzten Beamten wird ausnahmsweise nicht genannt – praktisch für die Polizei, denn so kann sie auch nicht für zu hoch halten gewerden.

Zahlen und Fakten

„Insgesamt stellte die Polizei 300 Personalien fest, durchsuchte rund 150 Personen, 54 Fahrzeuge bzw. mitgeführte Behältnisse und sprach 20 Platzverweisungen aus. Die Beamten leiteten 20 Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, zwölf wegen Sachbeschädigung und je eines wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung ein.“ Kombiniert man diese Angaben mit diesen: „Bei den durchgeführten Überprüfungen und Durchsuchungen wurden in einem Hamburger PKW und einem Reisebus mehrere Spraydosen mit Pfefferspray, Sturmhauben, drei Holzknüppel, ein Tischbein und ein Messer aufgefunden und sichergestellt.“ lässt sich ausrechenen, dass die Polizei 52 Fahrzeuge / mitgeführte Behältnisse und weit über 100 Personen kontrolliert hat ohne etwas Verdächtiges zu finden, pauschal 300 Personalien aufgenommen hat für wechen Zweck auch immer, und ein paar Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, die sich vermutlich auf Vermummung, Signalmunition und Quarzhandschuhe beziehen, wenn man die nicht im Rahmen der Demo registrierten Vorfälle abzieht: „Nach Demo-Beendigung setzten Unbekannte im Stadtgebiet verteilt mehrere Altpapiercontainer und Mülltonnen in Brand. Im Rahmen der Fahndung wurden gegen 19.10 Uhr vier Tatverdächtige von Einsatzkräften festgenommen.“ In Anbetracht des betriebenen polizeilichen Aufwandes, der die Demonstration und ihre Teilnehmer_innen so massiv eingeschüchtert, behindert und gefährdet hat, kann man das fast als Kleinigkeiten bezeichnen, zumal die Demonstration, die auch von vielen Menschen aus dem bürgerlichen Lager begleitet wurde, sich zu keinem Zeitpunkt tatsächlich gewalttätig nach außen verhalten hat. Außerdem entsprechen die Vorwürfe aufgrund derer die angegebenen Ermittlungsverfahren nun laufen nicht den vorhergesagten „gezielten Gewalttaten gegen Polizeibeamte“.

Was bleibt?

Die Polizei hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie keine Demo laufen lassen bräuchte, wenn der öffentliche Druck nicht so hoch wäre, und dass sie über weit mehr als genügend Gewaltmittel verfügt und diese nutzt um sich durchzusetzen. Sie hat darüberhinaus in der konkreten Durchführung des Einsatzes gezeigt, dass ihr Anlass und Hintergrund der Demonstration gleichgültig sind und aus ihrer Sicht kaum einen Grund zur Zurückhaltung darstellen. Die linke Szene hingegen hat nach außen gezeigt, dass es nicht unbedingt Gewalt bedeutet, wenn ein Aufzug vermummt und nicht angemeldet ist. Zu recht lässt sich behaupten, die Demonstration zum 20. Todestag von Conny sei zu einer Demonstration staatlicher Übermacht geraten. Bei ihren Maßnahmen zur Verhinderung von Ausschreitungen und Straftaten hat die Polizei es am bei diesem Ereignis politisch gebotenen Feingefühl fehlen lassen. Scheinbar wurde bei diesem Einsatz kein Gedanke an die besonderen Umstände und den Anlass verschwendet:„Gesamteinsatzleiter Thomas Rath beurteilt den Einsatzverlauf aus polizeilicher Sicht als sehr erfolgreich. „Unser von Beginn an angewendetes, konsequentes Einsatzkonzept ist aufgegangen.“ „

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14 Kommentare auf "Nach der Conny-Demo: Polizei schreibt sich zum Erfolg"

  1. Alden sagt:

    Es gibt bei einen Text von Martin Herrnkind über die Ursachen von polizeilichen Übergriffen von Demonstrationen. Da steht genau geschrieben, was da wohl in Göttingen zur Eskalation geführt hat. Nach der Analyse neigen PolizistInnen nämlich zu Dualismus (Gut-Böse Defintion, d.h. lauter böse Linksextremisten), Argwohn (überall lauert das Böse), Polizeiarbeit als Mission (die Polizei sorgt für das Gute egal wie), Autoritatismus (bei der Polizei arbeiten überwiegend wertkonservative Menschen, die per se kein Verständnis für DemonstrantInnen haben), Isolation was dann zur Konfotmität führt und Polizeisolidarität (d.h. Korpsgeist).
    Zwei Zitate aus der Studie:

    Der Author scheint aus der Polizei zu stammen, d.h. innerhalb der Polizeiführung sind solche Mechanismen auch bekannt. Aber solche Papiere sind anscheinend für den Papierkorb.

  2. Rakete sagt:

    Dass ein Großteil der Platzverweise vom Samstag rechtswidrig war, was dem Einsatz noch mehr die Legitimation entzieht, teilt die Polizei natürlich nicht per Pressemitteilung mit. Wieso auch, is ja schließlich nich neutral.

  3. juhu! sagt:

    Alden: so wichtig es ist auf die paranoid, patriarchale Gewaltbereitschaft der Polizei zu verweisen (das Gewaltmonopol in action) ist es auch nützlich BürgerInnen darauf hinzuweisen, daß die Versammlungsfreiheit ein Grundrecht von Verfassungsrang ist: Eigentlich brauch es nach Grundgesetz die Polizei überhaupt nicht zum demonstrieren, auch wenn die das natürlich immer behauptet.

  4. Leser sagt:

    Den einelnen polizisten braucht es in der konkreten Situation nicht zu interessieren, ob die Maßnahme geschmacklos oder anderes ist. Jeder kann nachher den Verwaltungsgerichtsweg beschreiten. Nur Verbrechen sind in keinem Fall gerechtfertigt und dürfen auch nicht ausgeführt werden.
    Polizisten können gegen eine Maßnahme Protest einlegen -remonstrieren- müssen sie aber dennoch ausführen. Dann aber auf der Verantwortung des entsprechenden Vorgesetzten.
    –> die Überprüfung von Maßnahmen etc. ist an Ort und Stelle also nicht möglich und unzweckmäßig.

  5. juhu! sagt:

    Leser: Das ist quatsch: „–> die Überprüfung von Maßnahmen etc. ist an Ort und Stelle also nicht möglich und unzweckmäßig. “ Auf jeden Fall ist die Überprüfung an Ort und Stelle möglich, wenn mensch eine Rechtsanwältin dabei hat, die den „übermütigen“ PolizistInnen auf die Finger klopft! Außerdem ist es mir immer wichtig zu betonen, daß PolizistInnen Arschlöcher sind. Nach meiner langjährigen Demoerfahrung geht Gewalt im Sinne von direkter, pysischer Gewalt normalerweise von der Polizei und nicht von den DemonstrantInnen aus. Ich habe es in 15 Jahren bloß einmal erlebt, daß jemand einen Stein in die Hand genommen hat. (Das wäre vielleicht anders gewesen, wenn ich jemals am 1. Mai nach Merlin gefahren wäre, andererseits, wenn ich’s mir überlege, wohl kaum.)

  6. Rakete sagt:

    Im Gegensatz zum GT, dass den Extremismusbegriff übernommen hat, spricht das Hamburger Abendblatt übrigens von der „linken Szene“, trotz Brandanschläge: http://www.abendblatt.de/region/article1274393/Gewalttaetige-Autonome-zuenden-wieder-Autos-an.html

  7. juhu! sagt:

    Rakete: Ich meinte natürlich Gewalt gegen Personen und nicht gegen Sachen!

  8. Fernseherin sagt:

    Eigene Ergänzung zum Artikel:

    In einer neuen PM der Polizei zur Mahnwache und Demo mit ca. 250 Teilnehmern am Dienstagabend und den darauffolgenden nächtlichen Fällen von Vandalismus (zwei brennende Autos, Fensterscheiben einer Bank eingeworfen) wird der Leiter der PI Göttingen, Thomas Rath, mit den Worten zitiert, dies sei . Dass Gewaltpotenzial vorhanden ist zeigen diese Vorfälle durchaus, doch Rath zieht daraus den unlogischen und unzulässigen Schluss, es sei bei den Demonstrationen (also auch der am Samstag) nicht um Trauer, sondern Wenn dem so gewesen wäre, dann hätten sich erheblich mehr Leute an Luxusautos und Bankfilialen vergehen müssen. Außerdem fanden diese Taten nicht während der Demonstrationen statt. Rath unterstellt so allen Teilnehmern der Demo und der Mahnwache vom Dienstag dieselbe Gewaltbereitschaft und diskreditiert damit das durchaus Ernst gemeinte Gedenken, insbesondere das der vielen friedlichen Teilnehmer. Wenn nun nach einer Mahnwache und Demonstration mit 250 Leuten irgendwann nachts zwei Autos brennen, dann ist es durchaus vermessen zu sagen, den 250 sei es nur um die Begehung von Straftaten gegangen (zumal die Frage im Raum steht, ob die Täter überhaupt aus der Demonstration oder ihren Überbleibseln heraus agiert haben). Vergleiche auch . Es werden hier von polizeilicher Seite haarsträubende Kausalitäten suggeriert, die von der bürgerlichen Presse (i.e. das GT) unkritisch übernommen werden. Der Leiter der Polizeiinspektion lehnt sich meines Erachtens politisch schon sehr weit aus dem Fenster, wenn er die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung ideell für Straftaten in Haftung nimmt und sie wie hier pauschal als potenzielle Brandstifter hinstellt.

  9. irrgärtnerin sagt:

    der kreis, der die demo vorbereitet hat, hat heute eine stellungnahme zur demo am 14.11. veröffentlicht: http://de.indymedia.org/2009/11/267004.shtml

  10. Anzeige gegen Humke Focks erstattet
    Die Polizeiinspektion Göttingen hat gegen den Göttinger Landtagsabgeordneten der Partei die Linke, Patrick Humke Focks, Anzeige wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte erstattet. Das sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann gestern im Landtag. Hintergrund ist die Demonstration am 14. November in Göttingen zum 20. Todestag einer am Rand eines Polizeieinsatzes getöteten Studentin. An dem Protestzug hatten etwa 1.600 Personen teilgenommen. Schünemann sagte, Humke Focks habe derart in das Geschehen eingegriffen, dass die Polizei Anzeige erstattet habe. Gegenüber dem Stadtradio sagte Humke Focks, er sei über eine derartige Anzeige bislang nicht informiert worden. Auch Schünemanns Kritik an einer seiner Aussagen wies Humke Focks zurück. Er bleibe bei der in einer Tageszeitung zitierten Aussage „Eskalieren wollte die Polizei, die Demonstranten wollten gedenken“. Schünemann hatte die Aussage als eindeutig und schlichtweg falsch bezeichnet

  11. irrgärtnerin sagt:

    Pressemitteilung von Sabine Lösing:

    Sabine Lösing, Mitglied des Europäischen Parlaments und des
    Parteivorstands von DIE LINKE, hat den Umgang von Polizei und
    Niedersachsens Innenminister Schünemann mit dem Göttinger
    LINKEN-Landtagsabgeordneten Patrick Humke-Focks scharf kritisiert.
    „Humke-Focks genießt meine volle Unterstützung und Solidarität“,
    erklärte Lösing.

    Der Vorwurf des Innenministers, Humke-Focks habe bei einer Demonstration
    am 14. November in Göttingen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“
    geleistet, sei „inhaltlich absurd und formal bedenklich“, so Lösing.
    „Humke-Focks geht ohne ständige Begleitung von seriösen Zeugen auf keine
    Demonstration mehr. Die Vorwürfe der Polizei sind schlicht erfunden.“

    Die im Internet abrufbaren Videoaufnahmen ließen darauf schließen, dass
    sich die Auseinandersetzung so zugetragen hat, wie Humke-Focks selbst es
    schilderte: Mit erhobenen Armen und gezücktem Abgeordnetenausweis habe
    er schlichtend in eine Rangelei zwischen Polizei und Demonstrierenden
    eingreifen wollen. Daraufhin hätten Polizisten ihn zunächst gewürgt,
    dann geschlagen.

    Unerträglich sei auch, dass Humke-Focks von dem Strafverfahren nicht per
    Post, sondern durch eine Rede des Innenministers im Landtagsplenum
    erfahren habe. „Das sprengt jeden Anspruch an Stil und Respekt, den wir
    in einer parlamentarischen Demokratie wahren sollten“, so Lösing.

  12. name sagt:

    Artikel im ND:
    http://www.neues-deutschland.de/artikel/160000.rotes-tuch-auf-breiter-brust.html

    Rotes Tuch auf breiter Brust

    Gegen den niedersächsischen Linkspolitiker Patrick Humke-Focks wird wegen Widerstands ermittelt
    Von Velten Schäfer

    Der Göttinger Landtagsabgeordnete Patrick Humke-Focks soll am Rande einer Demonstration eine Verhaftung zu stören versucht haben. Er selbst sagt, er sei angegriffen worden.
    Was sich am 14. November bei dieser Demonstration zugetragen hat, ist unklar. Patrick Humke-Focks, Mitglied der niedersächsischen Linksfraktion, hat folgende Erinnerung: Mit erhobenem Parlamentsausweis habe er sich nach einer Festnahme der Polizei genähert. Da sei er »von vermummten Polizisten weggeschoben« worden, geschlagen und getreten.

    Polizisten sagen, Humke-Focks habe sich bereits während der Festnahme in eine Polizeikette gestürzt. Wer hier lügt, werden Richter entscheiden, gegen Humke-Focks wird wegen Widerstands ermittelt. Im Januar hat der Landtag bereits seine Immunität aufgehoben, er soll bei einer anderen Demonstration einen Polizisten beleidigt haben. Einem Verfahren sieht Humke-Focks aber gelassen entgegen: Er gehe nur noch in Begleitung auf Demonstrationen und könne sein Verhalten dokumentieren, sagte er der Lokalpresse.

    Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hinderte das freilich nicht daran, den Abgeordneten am Mittwoch vorzuverurteilen: Es sei völlig unverständlich, dass ein Landtagsmitglied »bei der Demonstration ein Verhalten an den Tag gelegt hat, dass nun Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen« sei. Humke-Focks erklärt, erst durch die Rede des Ministers von Ermittlungen erfahren zu haben. Linksfraktionschefin Kreszentia Flauger weist die »diffamierenden« Vorwürfe zurück.

    Diese Gelegenheit könnte sie noch öfter haben; für die Konservativen verkörpert der langjährige Betriebsrat eines Göttinger Pflegeunternehmens ein altes Trauma. In den 90er Jahren hatten in Göttingen regelmäßig nicht angemeldete Demonstrationen mit vermummten, sogar behelmten Teilnehmern stattgefunden. Da sich die martialischen Aufmärsche aber auch als informell verhandlungsbereit und überaus diszipliniert erwiesen, etablierte sich in Göttingen über Jahre eine Art versammlungsrechtsfreie Zone. Die Erinnerung an diese innenpolitische Schmach hat Humke-Focks gleich zu Beginn seines Mandats provoziert, als er mit breiter Brust in einem T-Shirt der »Antifaschistischen Aktion« im Landtag erschien.

    Die Göttinger Rechtsfreiheit wurde damals unter aufwändigen Terror-Ermittlungen und einem ewigen, fast völlig ergebnislosen Verfahren begraben. Bis auf Ausnahmen wie den 14. November: Die Demonstration für eine vor 20 Jahren am Rande eines Polizeieinsatzes ums Leben gekommene Studentin wurde nach Art der Neunziger organisiert.

    Derlei geht in der Studentenstadt, denn die Antifa- und Unterstützerszene hat sich dort in ihrem seltsamen Stil-Mix aus Militanz, Pop und Bürgernähe bestens verankert. So lässt sich auch nun die Lokalpresse zu keiner Kampagne verleiten: »Im Internet aufrufbare Videoaufnahmen« schreibt etwa das »Göttinger Tageblatt«, zeigten, »dass sich die Auseinandersetzung so zugetragen hat, wie sie Humke-Focks gegenüber dem Tageblatt schilderte«.

  13. Don sagt:

    @8″
    „Außerdem fanden diese Taten nicht während der Demonstrationen statt“ ist dich logisch, man kann ja nicht gleichzeitig demonstrieren UND Autos anzünden

  14. Resolution / Initiativantrag
    zur 2. Tagung des 2. Landesparteitages DIE LINKE. Niedersachsen
    am 28.11.09, in Hameln

    Wir Delegierten des Landesparteitages schliessen uns der Erklärung von Sabine Lösing an und unterstützen unseren Genossen Patrick Humpke-Focks gegen Angriffe der Polizei und die Vorverurteilung des Niedersächsischen Innenministers Schünemann.

    siehe hier: http://www.patrick-humke-focks.de/

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