Schöner Wohnen in Göttingen
von am 7. Oktober 2007 veröffentlicht in Neu in dieser Stadt

Da es anlässlich des Semesterstarts für viele der Leser_innen wohl das erste mal ist, dass sie nun für längere Zeit außerhalb des Elternhauses und mit „fremden“ Menschen zusammen wohnen, haben wir uns entschieden euch mit Infos rund um die Wohnungssituatuin in der Stadt zur Seite zu stehen.

Die Zeit vergeht ja bekanntlich wie im Fluge, wenn man nicht darauf achtet. Und so geht es mir auch mit meiner bisher in Göttingen verbrachten Zeit. Zum Sommersemester 2005 wollte ich anfangen hier zu studieren und da ich niemanden kannte die_der noch Mitbewohner_innen für eine WG suchte beschloss ich es einmal mit wohnen im Wohnheim zu versuchen. Ich weiß nicht mehr genau wie ich auf das Mahatma-Gandhi-Haus gestoßen bin, aber ich bin mir noch ziemlich sicher, dass es eins der wenigen Wohnheime mit geringen Wartezeiten war und deshalb für mich in Frage kam. Andere begehrtere Objekte wie z.B. das Kolosseum wissen zwar mit netten sechser WGs zu begeistern, allerdings ist die Wartezeit da gerade auch bei sechs Semestern, was eher interessant für schon in Göttingen wohnende und an so einer WG interessierte Leute ist. Aber zurück zu „meinem“ Wohnheim: Es gab klare Vorteil, sowie nervende Nachteile. Um hier aber niemanden zu verschrecken oder vor den Kopf zu stoßen möchte ich gerne darauf hinweisen, dass diese Erfahrungen rein Subjektiver Natur und nicht verallgemeinerbar sind. Als absolut positiv würde ich den geringen Mietpreis von, damals bei mir, ca. 150€ bezeichnen (wobei ich Göttingen in Bezug auf Wohnraum vergleichsweise günstig wahrgenommen habe) genauso fand ich es schön, dass das Zimmer möbliert war und ich so nur einen kleinen Umzug, in Form einer Autoladung, machen musste. Die Möblierung hatte aber auch den Nachteil, dass ich mich nie so fühlte als ob ich da tatsächlich wohnte, es machte immer mehr den Eindruck von Jugendherberge. Sehr schön war auf jeden Fall auch die Aussicht aus dem Fenster, da ich im achten Stock wohnte. Allerdings ist das achte Stockwerk direkt unter dem Dach, sodass es auch mal reinregnete, nachdem beschlossen wurde eine Antenne, Handy- Fernseh- oder Sonstwasantenne, keine Ahnung das wurde nicht bekanntgegeben, auf dem Dach aufzustellen. Für manche Menschen hat es mit Sicherheit auch einen Reiz mit, ich glaube es waren, 24 Leuten auf einer Etage zu wohnen. Ich fand das eher nervig, da eigentlich immer jemand wach war und auch Krach machte, sodass ich im ersten Semester eigentlich nie richtig zum arbeiten kam. Die „Gespräche“ die ich mit den Leuten auf dem Flur hatte gingen meistens nicht über ein gemurmeltes „Hallo“ hinaus, wobei ich mir da auch an die eigene Nase packe. Das „interkulturelle Zusammenleben“ kann ich in etwa bestätigen, da die Leute aus verschiedenen Ländern eher unter sich bleiben und eigene Communities bilden, sodass es teilweise mehr Kontakte unter den Asiat_innen aus meinem Stockwerk und dem darunter gab als zwischen mir und ihnen.
Die Lage war ok, gab es doch einen Penny um die Ecke, allerdings brauchte ich morgens schon 10 Minuten mit dem Fahrrad in die Uni und manchmal abends auf Grund schlechter Sicht etwas länger zurück.

Wie gesagt gefiel mir das Wohnen im Wohnheim nur mittelmäßig, hierzu trug unter anderem auch der neben dem Wohnheim befindliche und um acht Uhr öffnende Kindergarten bei, und deshalb war ich ziemlich begeistert als der Plan mit zwei Freundinnen zusammenzuziehen Realität wurde.Aufgrund verschiedener Probleme zog ich letzten Oktober mit zwei Kommilitonen in eine andere WG und kann fast nur gutes berichten. Ich würde uns als in vielen Dingen auf einer Wellenlänge bezeichnen und Knatsch gibt es nur in Putzfragen.

Es gibt in Göttingen allerdings noch eine andere Wohnform, die ich zwar nicht selbst ausprobiert habe, die aber immer noch stark verbreitet ist. Das Leben „auf dem Haus“ wie es im Sprachgebrauch der Studentenverbindungen heißt ist auch in Göttingen nicht aus dem Stadtbild verschwunden. Um hier nicht zu weit abzuschweifen und verkürzen zu müssen verweise ich auf einen, in Göttingen 2005 erschienenen,Reader zum Thema, der sich sowohl mit der Geschichte der Verbindungen als auch deren Ideologien befasst und auch die Bedeutung der verschiedenen Verbindungen in Göttingen beleuchtet.
Verbindungen ziehen in Göttingen, wie auch anderswo, immer wieder gerade Studienanfänger (ich verzichte hier bewusst auf die _innen-Formen, da in der Mehrheit Männerverbindungen bestehen) an da sie mit preisgünstigem Wohnraum in schöner Wohngegend locken. Die Sache hat allerdings einen, bzw. mehrere Haken, die vielen Studenten nicht vorher bekannt sind. Es gibt in, den meisten, Verbindungen eine Menge Regeln die, den meisten, Leuten als zumindest „schwachsinnig“ erscheinen mögen. So ist es neuen Verbindungsstudenten (Füchsen) nicht erlaubt beim gemeinsamen Biertrinken (Kneipe) auf die Toilette zu gehen, wenn ihnen ein ranghöherer Student ihnen dies verbietet.

Auch gibt es in einigen Verbindungen immer noch die Tradition der „Mensur“ bei der, unter anderem, die eigene Männlichkeit durch den Zweikampf mit scharfen Schlagwaffen bestätigt werden soll. Ein höchst zweifelhaftes Autoritätsverständnis teilen zumindest die meisten Verbindungen und sie als normale Wohnheime zu bezeichnen ginge geradewegs an der Realität vorbei. Denn in „normalen“ Wohnheimen sind gemischtgeschlechtliche Flure und ein gleichberechtigtes Miteinander eine Selbstverständlichkeit, wohingegen die meisten Verbindungen nur Männer aufnehmen und sich durch den Convent (ein klares schriftliches Regelwerk) auszeichnen.

Falls mensch in den Genuss kommt eine Diskussion mit Verbindungsstudenten führen zu können wird er oder sie bald merken, dass es auch für diese schwierig ist ihre Art der Lebensführung zu erklären. „Man lernt viele Leute kennen auf dem Haus.“ -„Ich kenne auch Leute und meine Mitbewohner_innen sind auch nett.“ „Die Miete ist billig“ –„In meiner WG ist sie niedriger“ „Das studentische Fechten, wir nennen es Mensur, gehört auch zur Tradition der Burschenschaft Hannovera. Es eignet sich als erzieherisches Mittel zur Selbstbeherrschung und Persönlichkeitsbewährung. Und nicht zuletzt schweißt es die Bundesbrüder zusammen.“ Zitat – „TRÖT“
Ich wünsche jedenfalls alles gute für die Wohnungssuche und rate euch: Lasst euch nicht von Rückschlägen entmutigen. Aus eigener Erfahrung würde ich sagen, dass die meisten Student_innen mindestens einmal innerhalb Göttingens umziehen.

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2 Kommentare auf "Schöner Wohnen in Göttingen"

  1. Kompi sagt:

    Beim Thema „schöner Wohnen“ sollte mensch vielleicht noch darauf hinweisen, dass es seit Jahrzehnten in Göttingen Wohnhäuser gibt, die aus Besetzungen enstanden sind, in denen „kollektive“ Wohnformen ausprobiert wurden und werden, d.h. die dort Wohnenden versuchen selbstorganisiert und emanzipatorisch zu wohnen. Erwähnenswert deshalb, weil diese gerade stark bedroht sind vom Studentenwerk in „normale“ Studi-Wohnheime mit Einzelmietverträgen unter zentralisierten Strukturen aufgelöst zu werden. (mehr dazu ). Besoders für Erstsemester, die in Kontakt mit linker Szene kommen wollen, natürlich eine gute erste Adresse.
    Achja, und es gibt auch einen schicken .

  2. fabbal sagt:

    ups
    danke für die ergänzung ist irgendwie runtergefallen.
    übrigens sind gerade wg-plätze in der roten frei.

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