Warum Andreas Döring als Intendant des JT zurücktreten sollte
von am 21. Februar 2007 veröffentlicht in Lokalpolitik

Der Intendant des Jungen Theaters, Andreas Döring, war im vergangenen Herbst mit dem Vorwort zum aktuellen Programm in die Kritik geraten. In seinem Text propagiert dieser „einen Schulterschluss der Gesellschaft“ gegen einen „propagandistisch geführten Feldzug namens Globalisierung“. Die Göttinger Polit-Gruppe [a:ka] veröffentlichte daraufhin ein Flugblatt, in dem sie argumentierte, warum die Inhalte die hier vertreten werden, anschlussfähig für rechtsextreme Positionen sind.

Das [a:ka] stellte in seinem „Pamphlet“ gegen das Motto der aktuellen Spielzeit des Jungen Theaters fest, der Intendant rede wie Karl Moik auf Depressionen.
Ein Freund flüsterte mir während der Podiumsdiskussion mit Döring und einem Vertreter des [a:ka] zu, Karl Moik auf Depressionen sei ihm jetzt lieber.

Meinem Eindruck nach ging es beinah jedem Besucher der Veranstaltung ähnlich. In meiner Veranstaltungsankündigung behauptete ich, Döring wisse wovon er spricht.
Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil: Im Laufe des Abends wurde klar, dass er lediglich einen populistischen Titel für sein Programm gewählt hatte und diesen ebenso populistisch in seinem Vorwort gefüllt hat. Döring hat die Anti-Globalisierungswelle aufgenommen und in Schlagworten veröffentlicht. Auf kein einziges Argument ist er eingegangen, hat sich in Widersprüche verstrickt und am Ende sogar darum gebeten, das Theater nicht an dem was er sagt oder schreibt zu messen, sondern an seinen Stücken.
Dass der Begriff „Heimatfront“ aber im Augenblick von jeder Straßenecke prangt und sein Vorwort in tausendfacher Auflage im Programm des Jungen Theaters unter die Leute ging, ist dabei wohl irrelevant.

Auch sein Hinweis darauf, dass er „Theatermensch“ sei und kein Politiker, war ein schlechter Versuch die Verantwortung abzuwälzen: Wenn ich mich politisch äußere, muss ich dafür einstehen. Und wenn ich dies in meiner Funktion als Theaterintendant tue, dann muss ich auch damit rechnen, dass das Theater mit dieser Schrift identifiziert wird. Ist doch eigentlich nicht so schwer zu verstehen, oder?

Aber Döring versuchte fortwährend sich aus der Affaire zu ziehen. Der Begriff „Heimatfront“ sei im Theater durchaus kritisch diskutiert worden und sei nur im Zusammenhang mit dem Ortsschild akzeptiert worden. — Niemand im Saal hat verstanden, inwiefern das Ortsschild den Begriff besser macht – und selbst auf Nachfrage konnte der Intendant keine Erklärung liefern.
Das [a:ka] hat in seinem einleitenden Referat explizit deutlich gemacht, dass sie dem Jungen Theater nicht vorwerfen wollen, es sei faschistisch. Auch nicht, dass es faschistisch sein wolle. Der Vorwurf war lediglich der, dass die Positionen die im Vorwort vertreten werden, Anknüpfungspunkte für die Inhalte der extremen Rechten bieten. Trotzdem blieb Dörings Hauptargument, dass sie mit der Inszenierung „Cherry Docs“ doch ein Zeichen gegen Nazis setzen würden. Dass es aber nicht darum ging, dass Döring einen einzelnen Begriff unglücklich gewählt hat oder dem Jungen Theater faschistische Absichten nachzuweisen, hat er leider nicht verstanden.

„Heimatfront“ sei nicht als „deutschtümelei“ zu verstehen. Aber auf die Frage, wen er denn mit seinem „wir“ meint, wenn nicht die Deutschen, konnte er keine Antwort geben. Er verstehe dieses „wir“ so wie ein Bündnis gegen Rechts – alle die wollen können dazu kommen. Dass dieser „Schulterschluss der Gesellschaft“ aber faktisch eine Abgrenzung bedeutet, hat er nicht verstanden.

Auch den Begriff der Globalisierung wie er oft gebraucht wird, kritisiert er an diesem Abend. Es sei ein Begriff hinter dem alle ihre Probleme verstecken. Wenn gesagt werde, „wir haben unter der Globalisierung zu leiden“, frage niemand weiter nach. Aber wenn ich mich nicht stark täusche, hat er selbst den Begriff in seiner Schrift nicht anders verwendet: „Nur gemeinsam kann unser Lebensraum vor den Angriffen eines propagandistisch geführten Feldzuges der so genannten Globalisierung bewahrt werden.“ Dieses Zitat klingt nicht gerade nach Kritik an der Anti-Globalisierungsbewegung. Und auch er verwendet den Begriff der Globalisierung als etwas worunter „wir“ zu leiden haben und füllt ihn nicht weiter aus.

Aber gerade von einem Theaterintendanten sollte man doch erwarten können, dass er um die Bedeutung der Sprache weiß und die notwendige Sensibilität im Umgang mit ihr an den Tag legt. Aber dieser behauptet einmal, er wisse dass „Heimatfront“ ein kritischer Begriff sei und belege Heimat aber anders, dann will er den Begriff „dialektisch“ gemeint haben und wahlweise sei es Meinungsfreiheit diesen Begriff benutzen zu dürfen.

Wenn er einen Begriff neu belegen möchte, sollte er dies in seinem Text herleiten und nicht davon ausgehen, dass man seine Umdeutung auch so verstehen möge. Und auch die „Dialektik“ des Begriffs wird an keiner Stelle in seinem Text deutlich, vermutlich wollte er nur ein Fremdwort benutzen. Und wenn das „Pamphlet“ – wie das Flugblatt des [a:ka] fortwährend an diesem Abend genannt wurde – gegen die Meinungsfreiheit sei, in dem es das Vorwort kritisiert, verteidigt er seine Schrift und gesteht keinen Fehler ein.

Im laufe des Abends kassiert das [a:ka] wegen seines Streik-Aufrufs an die Belegschaft von ihm sogar einen Faschismusvorwurf, aber das war wahrscheinlich nur noch Hilflosigkeit und konnte schon nicht mehr ernst genommen werden.
Nach diesem Abend bin ich auf jeden Fall der Ansicht, dass er als Intendant zurücktreten sollte. Nicht weil er sich in seiner Wortwahl bei den Nazis bedient, sondern weil er – nach eigenen Angaben – nicht dazu in der Lage ist die Verantwortung für seine Äußerungen zu übernehmen.

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