Legislatur 2014/15
Neuer AStA nach altem Vorbild
von Harvey am 5. März 2014 veröffentlicht in UnipolitikSitz des AStA: Das Rosa-Luxemburg-Haus in der Goßlerstraße. Symbolbild
Je nach Standpunkt hat Göttingen schon seit einem Jahr keinen „linken AStA“ mehr, nun erst recht nicht: Seit der vergangenen Woche ist die neue Studierendenvertretung im Amt. Gebildet aus einer Koalition aus ADF, RCDS und Unabhängigen Medizinern (UM) bedeutet er die hochschulpolitische Rückkehr in die Zeit vor den „linken ASten“. Für die kommende Amtszeit verspricht der neue AStA, sich um mehr Studienplätze und einen freien Masterzugang kümmern zu wollen.
Der neue AStA erklärte gestern in einer ersten Pressemitteilung, sich verschiedenen Themen widmen zu wollen. Exemplarisch werden größere Kapazitäten bei „stark nachgefragten Studiengängen“ und ein freier Masterzugang genannt. Verwiesen wird auch auf den problematischen Wohnungsmarkt für Studierende, für den Lösungen gefunden werden sollen. Zur Kulturarbeit äußert sich in der Pressemitteilung der Finanzreferent vom RCDS: Sie solle „möglichst alle Studierenden ansprechen“. Was das für das Verhältnis zum Kulturkollektiv und dessen Arbeit im Veranstaltungsraum „Stilbrvch“ bedeutet, dazu haben wir vom AStA auf Nachfrage noch keine Antwort erhalten.
Marathonsitzung zur Konstituierung
In einer knapp 20-stündigen, letztlich vertagten Sitzung des neugewählten Parlaments wurde letzte Woche Donnerstag zu Beginn zunächst ein neues Präsidium des Parlaments gewählt. Hier kümmert sich aber nun weiterhin der Präsident des Vorjahres, Thore Iversen (ADF), um Einladungen und Sitzungsverlauf. Gegenkandidat*innen gab es nicht. Seine Stellvertreter sind Joscha Knolle (LHG) und Felix Gatzmaga (RCDS).
Nach kurzem Bericht des AStA der vergangenen Legislatur und Aussprache gab es noch einige Anträge abzustimmen, dann wurden schließlich die meisten Referent_innen des neuen AStA gewählt: Den Vorsitz des neuen AStA übernimmt Elena Hammoud (ADF), die bereits im vergangenen Jahr ein kurzes Gastspiel als Referentin im AStA hatte, aber auf eigenen Wunsch ausschied. Neuer Finanzreferent ist Christopher Stoll (RCDS), als Referent für Hochschulpolitik wurde in Abwesenheit Christian Cordts (ADF) gewählt, das Sozialreferat wird künftig von Barbara Zeyer (ADF) vertreten und Jonas Richter (ADF) ist der Außenreferent des neuen AStA.
Alter AStA hinterlässt Verbrannte Erde
Verschiedene Gegenkandidaturen und die Befragungen aller Bewerber*innen sorgten dafür, dass erst im Morgengrauen des Freitags die fünf ständigen Referate besetzt waren. Für intensive Diskussionen sorgten die Kandidaturen gleich zweier Verbindungsstudenten des RCDS. Regelmäßig sorgten erst Geschäftsordnungsanträge für ein Ende der Fragen.
Mit Politik der verbrannten Erde verabschiedete sich der alte AStA aus Jusos, GHG und ADF: Auf der letzten Sitzung vor den Neuwahlen fasste der AStA noch den Beschluss, aus dem „Ausschuss der Student*innenschaften“ (AS) des großen bundesweiten „freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften“ (fzs) auszutreten – und damit dem neuen AStA die Tür zu diesem geschäftsführenden Gremium des großen Zusammenschlusses zu verschließen. Anders als in der Vergangenheit wurde die Selbstverpflichtung zur Entscheidung im Konsens dabei ignoriert und auf eine Mehrheit trotz Gegenstimme verwiesen.
Bei den beiden angesprochenen Verbindungsstudenten handelt es sich um:
* Felix Gatzmaga (RCDS, 22 J.), CDU-Mitglied und Verbindungsstudent des Corps Hannovera (pflichtschlagend und farbentragend), der zum 2. stv. StuPa-Präsidenten gewählt wurde und im Verlauf der Nacht seine zweifelhaften „Qualitäten“ durch sein männlich-dominantes Auftreten dadurch bewies, daß er rigoros anderen das Mikrophon abdrehte oder sie aus dem Gebäude werfen lies. Zudem erklärte er allen Ernstes während seiner Kandidatenbefragung, Frauen seien „selbst Schuld“ an ihrer gesellschaftlichen Diskriminierung!
sowie
* Christopher Stoll (RCDS), ebenfalls Mitglied der CDU und Landesschatzmeister des RCDS Niedersachsen sowie Verbindungsstudent beim VDSt Göttingen („Verein Deutscher Studenten zu Göttingen“, nichtschlagend, farbentragend), der neuer Finanzreferat wurde. Er gab während seiner Kandidatenbefragung am Freitagmorgen an, sich über seine künftige Referentenarbeit „noch keine Gedanken gemacht“ zu haben.
Mehr Details zum Verlauf der chaotischen langen Sitzungsnacht können bei „goest“ (Goettinger Stadtinfo) hier nachgelesen werden.
Und was den angesprochenen „Austritt“ aus dem fzs-Ausschuß anbelangt – dabei handelt es sich tatsächlich wohl eher um eine rein symbolische Tat. Die Amtszeit dieses Gremiums endet regulär zum Ende dieser Woche und dann stehen dafür Neuwahlen an (auf der 49. MV des fzs, die vom 07.-09.03. in Bremen stattfinden wird)!
„Muss ausgefüllt werden“ trifft auch auf obigen Kommentar vom 5. März d.J. sehr gut zu.
1.) Die SRK-Mitglieder, die entfernt wurden, hatten zuvor wiederholt Mitglieder des Studentenparlaments und anderer studentischer Hochschulgruppen beleidigt (u.a. als „Junge Nationale“ tituliert), massiv die Sitzung gestört und zum krönenden Abschluss einem Mitglied der Piratenpartei einen Laib Brot an den Kopf geworfen. Infolge dessen machte das Präsidium nach unzähligen Ordnungsrufen als ultima ratio von seinem Hausrecht Gebrauch.
2.) Das Rederecht wurde einzig und allein Personen entzogen, die ihre Rederechte massiv missbrauchten, um die Arbeitsweise des Studentenparlaments erheblich zu beeinträchtigen, indem sie ihre Ausführungen zur Sache immer wieder abschweifen ließen, um die Sitzung beträchtlich zu verzögern (bspw. indem sie ein „Zitat“ in Form eines kompletten Reclam-Büchleins vorlasen oder es zumindest versuchten).
3.) Auf die Frage, wie ich dazu stünde, dass voraussichtlich keine Dame im Präsidium des Studentenparlaments vertreten wäre, sollte meine Gegenkandidatin unterliegen, antwortete ich, dass es nicht mein Verschulden sei, wenn jemand sich durch sein Auftreten keine eigenen Mehrheiten bei Wahlen verschaffen könne und er insofern „selbst schuld“ sei.
Allgemein – gerade auch in Bezug auf die allgegenwärtigen Forderungen nach Quotengedöns – halte ich es für sehr bedenklich, Menschen lediglich aufgrund ihres Geschlechts und fernab der Würdigung ihrer Qualifikationen zu bevorzugen. Qualität statt Quantität ist geboten.