Betroffener erscheint nicht
DNA-Entnahme vorerst geplatzt
von Harvey am 5. Januar 2011 veröffentlicht in Polizei & JustizDie für den heutigen Mittwoch geplante DNA-Entnahme bei einem Göttinger Antifa-Aktivisten ist geplatzt. Der Aktivist fand sich nicht um 10 Uhr in der Polizeiinspektion in der Groner Landstraße ein wie es ihm aufgetragen worden war. Der Aktivist hatte zuvor über seinen Anwalt versucht, die Entscheidung des Landgerichts, das die Entnahme angeordnet hatte, noch im Wege einer Verfassungsbeschwerde zu verhindern. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Klage allerdings begründungslos mit gestern veröffentlichtem Beschluss nicht zur weiteren Entscheidung an (wir berichteten).
Zu der Zeit, als eigentlich die DNA-Entnahme stattfinden sollte, versammelte sich eine kleine Gruppe Aktivist_innen vor der Polizeiinspektion in der Groner Straße mit Transparenten. Sie wollten damit gegen die geplante Entnahme protestieren sowie ihre Solidarität für den davon Betroffenen ausdrücken. Die Polizei schien auf größere Proteste vorbereitet: Bereits eine halbe Stunde zuvor wurde vor den Türen der Wache eine Gruppe Polizisten postiert, die jeden Besucher der Inspektion schon am Tor abfingen und kontrollierten. Die kleine Mahnwache löste sich dann nach einer guten halben Stunde wieder auf.
In einer Pressemitteilung erklärt auch die Hausgemeinschaft, in der der von der DNA-Entnahme betroffene Aktivist lebt, ihre Solidarität. Sie verurteilt das Ansinnen der Staatsanwaltschaft als politisch motiviert und wirft dem Oberstaatsanwalt Heimgärtner eine gefestigte Abneigung gegenüber der lokalen „linken Szene“ vor.
Der zur Entnahme zitierte Aktivist ist indes wohl verschwunden. Die Hausgemeinschaft spricht davon, ihn seit einigen Tagen nicht mehr gesehen zu haben. Dem gewöhnlichen Gang der Dinge folgend könnte er nun möglicherweise zur Fahndung ausgeschrieben werden. In der HNA sagte Oberstaatsanwalt Hans Hugo Heimgärtner, eine zwangsweise Vorführung werde es nur geben, „wenn es nicht anders geht.“ Zwang möchte er vermeiden.
Für den 22. Januar wird nun von mehreren Gruppen zu einer Demonstration um 14 Uhr am Gänseliesel aufgerufen. Sie soll unter dem Motto „Betroffen ist eine/r, gemeint sind wir alle, Hände weg von linken AktivistInnen, Häusern und Strukturen“ stehen.
Eine kurzfristig für heute abend nach der geplanten DNA-Entnahme angekündigte Kundgebung ist indes abgesagt worden.
Nur dass das Demomotto meines Wissens nach gegendert ist.
ist ja auch ein soziobiologischer „typ“ !?
der titel ist aber gegendert! auf der ali seite steht Demonstration „Betroffen ist eine/r, gemeint sind wir alle! Hände weg von linken AktivistInnen, Häusern und Strukturen!“
In der Rote-3-PM ist er nicht gegendert gewesen. Habs dann bei der ALI glatt überlesen. Oder hat sie sich evtl. auch erst später zum gendern entschieden? Ach, egal. Aber wenn es manchen wichtig ist, dann änder ich es mal im Artikel.
Pressemitteilung von den Bewohner_innen der Roten Straße 3 am 07.01.2010
Nach unserer ersten Pressemitteilung Anfang der Woche wenden wir uns wieder an die Öffentlichkeit. Dafür gibt es zwei Gründe:
Der Rechtsanwalt Sven Adam teilte uns heute morgen mit, dass unser Mitbewohner von der Polizei wohl heute zur Fahndung ausgeschrieben werde.
Im Vorfeld der Ereignisse der letzten Tage, hatte uns unser Mitbewohner folgendes im Voraus mitgeteilt.
„Es ist mir nicht leicht gefallen eine Entscheidung zu treffen, die mich von meinen Freunden und Familie für einen unbestimmten Zeitraum trennen und meine Ausbildung gefährden wird. Trotzdem habe ich keine andere Möglichkeit gesehen, auf diese Situation aufmerksam zu machen. Ich habe volles Vertrauen darauf, dass meine Freunde und Freundinnen, Genossen und Genossinnen mich voll und ganz unterstützen. Was mich vor allem motiviert ist die Einsicht, welche gesellschaftliche Tragweite dieses Verfahren gegen mich hat und die Notwendigkeit, immer weiter und immer wieder öffentlich zu machen, welch einem ungerechtfertigten Druck ich als linker Aktivist ausgesetzt bin.“
Nach einem Gespräch mit dem Rechtsanwalt wurde uns in aller Deutlichkeit bewusst, wie skandalös nicht nur das Verfahren um die Abgabe seiner DNA, sondern auch der Versuch, unseren Mitbewohner in den Kreis der Verdächtigen des Kreishaus-Verfahrens zu bringen, ist. Das nur weil er der politischen Polizei von linken Demonstrationen bekannt ist. Auch wir halten daher Proteste gegen die DNA-Entnahme und den Druck auf unseren Mitbewohner für legitim und notwendig. Der Strafverfolgungsbehörde in Göttingen scheint die politische Meinungsäusserung ein Dorn im Auge zu sein. Unser Mitbewohner ging gegen eine illegale Hausdurchsuchung auf die Strasse und wird wahrscheinlich in letzter Konsequenz in einer Verbrecherdatei gespeichert.
Wir fordern nochmal, von der Entnahme seiner DNA abzusehen, auch wenn alle jurisitischen Mittel ausgeschöpft sind.
Der Zustand, in den Polizei und Justiz uns versetzen, ist für uns alle untragbar. Schluss mit der Kriminalisierung linken Engagements! Hände weg von unserem Mitbewohner!
Die BewohnerInnen der Roten Straße 3