Werbung an der Göttinger Uni

Werberaum Uni: Ein lukratives Geschäft?
von am 28. November 2015 veröffentlicht in Hintergrund, Titelstory

Machen immer wieder Halt auf dem Campus: Promoterinnen und Promoter.

Unternehmen können auf dem Universitätsgelände Werbung treiben. Damit verdient die Uni zusätzliches Geld. Im Jahr 2014 beliefen sich die Einnahmen auf 13.700 Euro. Das Studentenwerk kümmert sich selbst um Werbemittel – zu Zahlen schweigt es allerdings.

“Hallo, kann ich dir vielleicht einen Joghurt anbieten?” – Fragen, wie sie sich auf dem Zentralcampus im Sommer häuften. Kommerzielle Werber bieten an Ständen kostenlose Proben für Jogurts an, stellen Fernsehprogramme vor oder verkaufen Abos für überregionale Tageszeitungen.

Die Universität vermarktet ihre Flächen über die Deutsche Hochschulwerbung GmbH. Die Düsseldorfer Firma kümmert sich um die Werbevermittlung von einigen deutschen Hochschulen. Auch mit der Göttinger Uni hat sie einen Rahmenvertrag geschlossen.

Neben Plakatwerbung bietet die Deutsche Hochschulwerbung auch "Personalmarketing" an: Die Vermittlung von Humankapital an zahlungskräftige Unternehmen.

Neben Plakatwerbung bietet die Deutsche Hochschulwerbung auch „Personalmarketing“ an: Die Vermittlung von Humankapital an zahlungskräftige Unternehmen. (Screenshot hochschulwerbung.de)


Über Zahlen will niemand reden

Genaue Informationen zum Thema „Werbung auf dem Campus“ sind schwer zu erhalten. Recherchen dazu gleichen einer Odysee, bei der niemand wirklich Zahlen nennen will. Es lohnt also ein Blick in die öffentlichen Dokumente der Uni. Der Geschäftsbericht weist Einnahmen aus „Sponsoring und Spenden“ als gemeinsamen Posten auf. Irritierend an diesem Posten ist jedoch, dass sich dieser laut Jahresbericht 2014 rein aus „Drittmitteln“ speist. Die zuständige Abteilung Gebäudemanagement der Universität und die Abteilung Wirtschaftskontakte verweisen auf die Pressestelle. Nach Nachfragen von Monsters will die Universität ab dem kommenden Jahr die Posten Sponsoring und Spenden in ihrem Bericht separat aufführen.

jahresbericht uni göttingen 2014

Posten 7b des Jahresberichts der Uni Göttingen von 2014 führt Einnahmen aus Spenden und Sponsoring auf und wirft dabei Fragen auf.

Die Einnahmen aus Werbung an der Uni fließen dem Budget des Gebäudemanagements zu. Für das Jahr 2014 betrug dieses 5,3 Millionen Euro – der Anteil an Werbeeinnahmen also gerade mal 0,26 Prozent. Zur Werbung dienen sogenannte Kundenstopper, Plakataushänge und feste Standflächen zu Promotionszwecken. Diese werden nach Angaben des Pressesprechers der Universität, Romas Bielke, auf dem Unigelände zwischen fünf und zehn Mal pro Jahr gebucht. Die vermarkteten Inhalte sind laut Oliver Kerling von der Deutschen Hochschulwerbung eingeschränkt: Von der Werbung ausgeschlossen seien politische, religiöse und anzügliche Themen, sowie Tabak- und Alkohol-Hersteller. Dem entspricht auch die Darstellung der Universität. Jedoch sind in den vergangenen Tagen mehrfach Promoterinnen für Gauloises Zigaretten auf dem Campus unterwegs.

Die Universität muss sich bei solch geringen Einnahmen die Frage gefallen lassen, wieso sie überhaupt ihre Flächen vermarktet. Die Einnahmen seien „keine kleine Summe und für die Verbesserung der Seminarraum- und Hörsaalausstattung sinnvoll und spürbar einsetzbar“, so Bielke. Ein Vergleich: Mit knapp 14.000 Euro ließen sich sechs weitere Smartboards oder fünf Beamer inklusive Leinwand kaufen.

Studentenwerk schweigt

Noch schwieriger liegt die Informationslage beim Studentenwerk. Dieses verwaltet seine Flächen wie die Mensen und Wohnheime unabhängig von der Universität. Und zumindest das Foyer der Zentralmensa gleicht eher einem Basar als einem Aufenthaltsraum für Studierende. Zu Einnahmen aus Werbung auf ihren Flächen schweigt das „moderne Dienstleistungsunternehmen“ allerdings. Sämtliche Anfragen von MoG in dieser Sache blieben mit Verweis auf Interna unbeantwortet. Anett Reyer-Günter, Leiterin der Stabsstelle Unternehmenskommunikation, meint dazu der herausgegebene Leistungsbericht gewährleiste hierbei ausreichend Transparenz.

Sieben von acht Fragen beantwortet das Studentenwerk in dieser Sache nicht - mit Verweis auf den Leistungsbericht.

Sieben von acht Fragen beantwortet das Studentenwerk in dieser Sache nicht – mit Verweis auf den Leistungsbericht.

Laut Kerling vermarktet das Studentenwerk seine Promotionsflächen selbst – für Plakatwerbung beschäftigten sie einen Konkurrenten der Deutschen Hochschulwerbung. Die Selbstauskunft des Studentenwerks zeichnet ihre Finanzierung zu 73% aus eigenen Einnahmen aus – wie viel Werbung neben den Studentenwerksbeiträgen und Mensaerträgen ausmacht, bleibt offen.

Transfer ins Politische

Sowohl Universität als auch Studentenwerk hatten in der Vergangenheit Auseinandersetzungen mit Studierenden, weil diese politische Transparente aufgehängt hatten. Hier sei erinnert an den FSR Sowi, der aus „Brandschutzgründen“ Plakate vom Fenster abhängen musste, oder die immer wiederkerenden Streitigkeiten mit der Wohnrauminitiative, deren Häuser Transparente an ihren Fassaden angebracht hatten. Im Foyer der Zentralmensa, wie auch auf dem Platz der Göttinger Sieben dürfen jedoch multinationale Unternehmen wie Microsoft oder O2 und Finanzdienstleister wie MLP oder die VGH Versicherungen für ihre Produkte werben – ein Transfer dazu, dass auch diese Werbung eine politische Positionierung darstellt fehlt leider an der Universität. Diejenigen, die in der Sache die Entscheidungen treffen, müssen sich schließlich auch nicht Jogurts anbieten lassen.

Studentische Gruppen gespalten

Die Meinungen der studentischen Hochschulgruppen zu dem Thema gehen auseinander. AStA-Vorsitzender Daniel Pichl betrachtet Werbung am Campus als hilfreich, wenn damit die finanziellen Spielräume der Universität erweitert werden. Dabei solle die Reklame zum Selbstverständnis der Universität als geschützten Bildungsraum für alle passen. Gegenüber MoG äußert sich Pichl jedoch kritisch, dass in der Vergangenheit Möglichkeiten studentischer Initiativen auf sich aufmerksam zu machen immer stärker eingeschränkt wurden. Dem gegenüber betrachtet die Grüne Hochschulgruppe (GHG) Werbeflächen an der Hochschule als Ausdruck der Ökonomisierung des universitären Raumes. Die Gruppe würde solche Einnahmen auch dann ablehnen, wenn sie höher wären. Die Finanzierung des Unterhalts von Gebäuden sollte laut GHG mit dem regulären Haushalt zu bewältigen sein.

 

Die Recherchen für den Artikel fanden bereits in diesem Sommer statt. Die Informationen sind weiterhin aktuell.

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