Demoberichte

Polizei trotzt Ansage aus dem Ministerium
von am 6. April 2014 veröffentlicht in Polizei & Justiz, Titelstory

Die Göttinger Polizei schickt auch weiterhin Demoberichte mit personenbezogenen Daten an den Verfassungsschutz, obwohl das Innenministerium diese Praxis untersagt hatte. Die Redical M spricht von einem „handfesten Skandal“.

Nachdem am Freitag bekannt wurde, dass die Polizei in Niedersachsen nach Demonstrationen detaillierte Berichte samt den Namen von AnmelderInnen und RednerInnen an den Verfassungsschutz geschickt hat, ruderte das Innenministerium zurück. Bereits seit zwei Jahren würden keine personenbezogenen Daten mehr übermittelt, hieß es in einer Stellungnahme: „In allen Behörden wurde diese Verfahrensweise abgestellt und sofern es solche Daten gegeben hat, sollten sie gelöscht sein.“ Dies würde auch durch eine Fachaufsicht kontrolliert.

Die Göttinger Polizei hat die umstrittene Praxis offenbar trotzdem weitergeführt: In einem Demonstrationsprotokoll aus dem Januar 2013 tauchen der Name des Anmelders sowie seine vermutete Gruppenzugehörigkeit auf. Er sei „Führungsmitglied“ der Antifagruppe Redical M. Und das ein Jahr, nachdem eigentlich keine personenbezogenen Daten mehr in den Berichten auftauchen sollten. „Bei höheren Stellen wie dem Innenministerium wurde das Problem erkannt“, kommentierte dies der Anwalt des Versammlungsanmelders, Sven Adam. „Bei der Führungsetage der Polizei in Göttingen gibt es aber offenbar nicht mal ein Problembewusstsein. Vielleicht sollte die Fachaufsicht da mal eingreifen.“ Die Polizei will dazu in Hinblick auf die von Adam beim Verwaltungsgericht eingereichte Klage keine Stellungnahme abgeben.

Die Redical M kritisierte das Vorgehen scharf. „Dass das Brechen von bürgerlichen Rechten in der Realität gängige Praxis der Polizei ist, müsste eigentlich für jeden demokratisch orientierten Menschen ein handfester Skandal sein“, sagte eine Gruppensprecherin. „In der Bespitzelung und Verfolgung linker Politik ist das aber leider Alltag und so kann uns auch dieser neue Fall nicht wirklich überraschen.“

Bezogen auf die Einschätzung des Demoanmelders durch die Polizei hieß es: „Bei der Redical M gibt es weder Chefs noch Führungsmitglieder. Auch werden Menschen, die Demonstrationen anmelden, an denen wir teilnehmen oder zu denen wir mobilisieren nicht automatisch zu Gruppenmitgliedern.“

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