Lern- und Studiengebäude
Kreative Buchführung mit Studiengebühren
von Harvey am 5. Dezember 2013 veröffentlicht in Titelstory, UnipolitikAm 28. Oktober wurde das Lern- und Studiengebäude (LSG) der Universität feierlich eröffnet.
Das Lern- und Studiengebäude (LSG) am Campus hat vor knapp zwei Monaten seinen Betrieb aufgenommen. Ursprünglich sollten die Kosten bis 2017 aus Studiengebühren abbezahlt werden – diese fallen aber ab dem Wintersemester 2014 weg. Da die geplanten Ersatzmittel des Landes nicht für Bauvorhaben genutzt werden dürfen, versucht sich die Universität nun an kreativer Buchführung. Zum Opfer fallen dieser Strategie andere Maßnahmen, die sonst im laufenden und im kommenden Semester finanziert werden könnten. Für die finanzielle Fehlplanung sollen nun die jetzt eingeschriebenen Studierenden zahlen.
Je zur Hälfte wurden bisher die eingenommenen Studiengebühren an Fakultäten einerseits, einen zentralen Mitteltopf andererseits verteilt. Den letzteren hat die verantwortliche „erweiterte zentrale Kommission für Lehre und Studium“ (zKLS-plus) schon in viel größerem Umfang als ursprünglich geplant für das Lernzentrum verwendet. Andere Maßnahmen mussten hier bereits hinten an stehen (wir berichteten).
Das „einzigartige Bauvorhaben“
Von der Universität selbst als „einzigartig“ betitelt, ist das Lern- und Studiengebäude wohl eine der größten Einzelposten bei der Verwendung von Studienbeiträgen, die es bundesweit gegeben hat. Schon mit Beginn der Debatte war das Projekt umstritten. Eine Umfrage, die es legitimieren sollte, wurde nachgeschoben, nachdem das Unipräsidium längst bauen wollte. Als schließlich die Bagger anrollten, mussten sie auch gleich wieder abziehen: der Fund eines früheren Friedhofs unter dem Campus-Parkplatz erforderte archäologische Untersuchungen und sorgte für steigende Kosten. Knapp zwei Jahre zieht sich danach die Bauphase, eröffnet wird schließlich am 14. Oktober – offiziell dann am 28. Oktober mit einer Feier. Noch sind die Bauarbeiten nicht abgeschlossen. Studiengebühren fließen für das Projekt aber schon seit dem Wintersemester 2012/2013.
Gut 2 Millionen Euro braucht die Universitätsleitung aber an weiteren Mitteln, um das Lern- und Studiengebäude noch rechtzeitig vor dem Wegfall der Gebühren auszufinanzieren. Dieses Geld sollen die Fakultäten beisteuern, und zwar aus ihren eigenen Studiengebührentöpfen. In einem Schreiben an die Fakultäten macht das Universitätspräsidium den Fakultäten einen Vorschlag, den diese wohl kaum ablehnen werden. Nur so ließe sich nämlich der „Rückgriff auf zentrale oder fakultäre Budgets“ vermeiden – also Kürzungen bei den Fakultätsbudgets.
Der Trick, den das Präsidium vorschlägt, funktioniert so: Die Fakultäten sollen aus ihren jetzigen Töpfen einerseits angehäufte, bisher nicht ausgegebene Gebührengelder in den zentralen Topf für das Lernzentrum „umschichten“. Dazu soll weiterhin noch Geld kommen, das im laufenden Semester und im kommenden Semester „planmäßig oder unplanmäßig […] nicht verausgabt“ wird.
Die Idee ist also, dass die Fakultäten Gebührengelder für das Lernzentrum ausgeben, statt an der eigenen Fakultät. Damit die Fakultäten diesen Wink verstehen, wird eine Liste von Vor- und Nachteilen präsentiert: so drohe sonst der „Rückgriff auf zentrale Mittel, die für Fördermaßnahmen in Forschung und Lehre vorgesehen sind, oder eine budgetbelastende Finanzierungsumlage bei den Fakultäten“. Der präsentierte hauptsächliche Vorteil für die Fakultäten ist eher, dass sie zumindest langfristig keinen Nachteil haben sollen: versprochen wird eine „betragsgleiche Kompensation“ – ab dem Wintersemester 2014, aus den Gebühren-Ersatzmitteln, die dann nicht mehr für den Bau verwendet werden dürften.
Gar nicht erst in den Blick nimmt das Papier aus dem Präsidium diejenigen, die diesen Buchungstrick – einer Art Budget-Kredit der Fakultäten – ausbaden müssen. Das sind die Studierenden im laufenden und kommenden Semester. Denn das, was in diesen Semestern dann für das Lerngebäude ausgegeben wird, steht nicht zur Verfügung für die gewöhnliche Verwendung von Studiengebühren: Beratungsangebote, Tutorien, Bibliotheksausstattung und vieles mehr.
Von der einstigen Planung, die Kosten auf viele Jahre zu verteilen, ist damit nichts mehr übrig geblieben. Eigentlich sollten die Kosten damit einigermaßen fair auf mehrere Studierendengenerationen verteilt werden. Ebenso wie diese Idee sind auch die einstigen Verantwortlichen inzwischen nicht mehr da: Prof. Lücke ist nun Präsident der Universität Osnabrück. Und im November schied der langjährige Vorsitzende der zKLS-plus, Christian Zigenhorn, aus seinem Amt und er von ihm geleiteten Kommission aus – Vorsitzender ist nun Fabian Engel von der Grünen Hochschulgruppe.
Fabian Engel ist für die GHG in der ZKLS+.
Und Lücke als verantwortliche Person zu bezeichnen halte ich für gewagt…
Völlig richtig, ist korrigiert, Danke! Lücke war als Vizepräsident zuständig für den Bereich Studium und Lehre, in den die Konzeption des LSG fiel. Da kann man jetzt sicher drüber streiten, aber in der Anfangsphase war er auch derjenige, der zum Beispiel bei den Informationsveranstaltungen als Verantwortlicher aufgetreten ist.
Das größte Problem sind die Studiereden selbst. Sie stellen keine oder kaum Anträge zur Verwendung von Studienbeiträgen, müssen mehrfach aufgefordert werden Druckguthaben und Buchgutscheine zu beantragen und selbst das funktioniert oft nicht. Dabei kann kein Antrag ohne die Stimmen der Studierenden durchkommen!
Zudem sieht die Richtlinie zur Verwendung von Studienbeiträgen vor, das Geld zeitnah auszugeben. Da wären die Unis ja schön doof, wenn sie das Geld nicht verbauen. Andernfalls geht es zurück ans Land. Ähnlich wird es mit den Kompensationszahlungen sein. Diese müssen binnen zwei Semestern ausgegeben werden.