Gegen Studiengebühren
KWZ-Eröffnung unter Protest
von Harvey am 12. Juli 2012 veröffentlicht in Titelstory, UnipolitikZur Fertigstellung des Kulturwissenschaftlichen Zentrums der Göttinger Uni, kurz KWZ, gab es am Mittwoch eine feierliche Eröffnung. Dazu hatte sich auch die Politik angekündigt, um einige feierliche Worte zu sprechen. Den promovierten Ministerinnen Schavan (Bundesbildungsministerin) und Wanka (niedersächsische Wissenschaftsministerin) hatten aber auch Studierende noch eine Botschaft gegen Studiengebühren mitzuteilen.
Mit dem Neubau des KWZ verfolgte die Uni den Plan, die vormals über verschiedene Gebäude, teils über die ganze Stadt verstreuten zahlreichen Seminare und Institute der „Kulturwissenschaften“ unter einem Dach zu vereinen. Eine gemeinsame Bibliothek statt zahlreicher Instituts- und Seminarbibliotheken sollte mehr Raum und ein breiteres Angebot liefern. Der Bau des KWZ dauerte etwa zwei Jahre und kostete insgesamt 25,2 Millionen Euro. Nur einen geringen Teil davon finanziert die Universität aus ihrem eigenen Haushalt. In Höhe von 10 Millionen beteiligte sich der Bund, mit 13 Millionen das Land Niedersachsen.
Dieser Gebäudekomplex wurde am Mittwoch begleitet von Protesten eröffnet. Zu einer Zeit, zu der sonst eher Gewerkschafter_innen als Studierende ihre Demonstrationen ausrichten – halb zehn Uhr vormittags – hatte der AStA Göttingen zu einer Kundgebung gegen Studiengebühren aufgerufen. Am Aufruf beteiligten sich verschiedene studentische Gremien und Hochschulgruppen – auch die in der Hochschulpolitik oppositionelle ADF. Ungefähr 150 Studierende waren dem Aufruf gefolgt, der zeitlich genau in die Klausuren-intensive Prüfungsphase gegen Semesterende fällt.
Mit Redebeiträgen am offenen Mikrofon sowie mit skandierten Parolen, vorbereiteten Transparenten und Plakaten richtete sich der Protest gegen die nunmehr nur noch in Niedersachsen und Bayern erhobenen Studiengebühren. Diese seien sozial ungerecht – woran auch Kreditmodelle nichts änderten. Auch die prekären Beschäftigungsverhältnisse in der Universität standen in der Kritik.
Wohl auf schlimmeres vorbereitet hatte auch die Polizei einige Mannschaftswagen zusammengezogen und die Demonstration gleich mit zwei Absperrungsringen vom KWZ getrennt. Ruhig blieb es nicht: Die Demonstration war laut und gerade noch in Hörweite der Feierlichkeiten, die im Foyer des Neubaus stattfanden. Dennoch blieb es sehr friedlich. Der AStA sieht im eingesetzten Polizeiaufgebot auch eine Diffamierung der Proteste, die damit als potentiell kriminell dargestellt werden, so eine Pressemitteilung.
Bei den Feierlichkeiten im KWZ gab es neben feierlichen Worten aber auch Kritik. Unzureichende Barrierefreiheit wurde in einem studentischen Redebeitrag bemängelt, worauf der AStA noch einmal hinweist. Auch verschiedene Institute sind alles andere als zufrieden mit dem neuen Gebäude oder mit den Umständen der örtlichen Zusammenlegung. Hinter vorgehaltener Hand wird auch der „billige Bau“ kritisiert, der viele Mängel habe. Dementsprechend blieben denn auch die vorderen Reihen im Publikum weitestgehend leer. Auch während der Veranstaltung selbst verschafften sich protestierende Studierende Gehör: einer Gruppe war es gelungen, auf die Galerie zu kommen und einige Zeit Parolen zu skandieren: „Bildung weg, Taschen leer – CDU, Danke sehr!“.
Kein Wort aber von Protest bei der Pressestelle der Uni: In ihrer Pressemitteilung zitiert sie das Lob der Politiker für den von ihnen zu verantwortenden Bau. In dieser Form sei das Projekt einmalig, Herzstück vor allem die zusammengelegte Bibliothek mit über 600.000 Bänden. Eine Solidaritätsbekundung zum Protest der Studierenden kam aber von Victor Perli, dem wissenschaftspolitischen Sprecher der Landtagsfraktion der Linken.
Knapp 150 Studierende protestierten in der Goßlerstraße
mit guter Laune…
…und „unter Mitführung themenbezogener Transparente“.
Oder mit verschiedenen Plakaten, ob individuell…
…oder als „blauer Block“…
…oder als Partei.
Aufmerksame Demobeobachter_innen gucken der Polizei auf die Finger
Im KWZ blieben die ersten Reihen eher leer (in der Reflektion die zweite Absperrung der Polizei)…
…aber Studierenden gelangen doch einige Worte an die Politik.
Schöner Bericht. Ziemlich lächerlicher Aufmarsch der Bullen mit vielleicht 20 Wannen.
Es wurde vergessen, das vierte Foto zu verpixeln, wäre nett, wenn das noch nachgeholt werden könnte.
Danke. Und zum anderen: Mist. Na klar, ist nachgeholt.
Edit: zum folgenden Kommentar: Ja, das war Denglisch. Ist auch geändert.
„Defamierung“, gemeint ist wohl Diffamierung, oder?
Prüfungszeit hin oder her: Gerade einmal 150 Studierende gegen Studiengebühren sind ein eher schwaches Signal an Wanka und Schavan.