Proteste vor der Lokhalle

Kriegsbilder gegen Militärmusik
von am 5. Februar 2011 veröffentlicht in Soziale Bewegungen

Rund 30 AntimilitaristInnen haben am Freitagabend vor der Lokhalle gegen eine Militärmusikveranstaltung demonstriert. Mit Transparenten, Ansprachen an die BesucherInnen und einer nicht zu überhörenden audiovisuellen Installation wiesen sie auf die Funktion der Veranstaltung hin, dem Militär einen kulturellen Anstrich zu geben.

Die Gruppe amip (Antimilitaristische Perspektive Göttingen) hatte zu der Demonstration aufgerufen. Sie kritisiert, dass Militärmusik selbst eine militärische Funktion erfüllt, indem sie Identifikationspotential und psychologische Unterstützung für SoldatInnen vor Kampfhandlungen schafft. Andererseits verfolgten Veranstaltung wie diese in der Lokhalle das Ziel, Bindeglied zwischen Militär und Zivilisten zu sein und auf diesem Weg Akzeptanz für das Militär und militärisches Engagement in Kriegen zu erreichen. So solle das Militär fest im gesellschaftlichen Leben integriert werden.

Mit Transparenten wurde auf die anderen, die dunklen Seiten des Militärs und seinen tatsächlichen Aufgaben hingewiesen: „Keiner soll einsam töten – mit Musik geht alles besser“ nimmt auch satirisch den Namen einer Veranstaltungsreihe des Göttinger Tageblatts aufs Korn, in deren Rahmen ebenfalls Aufführungen von Militärmusik stattfanden.

Die mehreren hundert Besucher wurden schon weit vor dem Eingang auf die Proteste aufmerksam: Weithin hörbar schallte der „Radetzky-Marsch“ in Endlosschleife aus Richtung der großen aufgestellten Leinwand. Zunächst kamen die BesucherInnen, die meisten im Alter von 40 bis 80 Jahren, noch zum Marsch in den Knien wippend näher. Dann wurde ihr Gang in der Regel ruhiger, denn auf die Videoleinwand wurde Bildmaterial aus Kriegs- und Nachkriegsberichterstattung projeziert: Tote, Schwerverletzte, Kriegsverwundete im Krankenhaus und immer wieder auch Soldaten beim Tötungshandwerk.

Um die Protestierenden möglichst vom Eingang der Lokhalle fernzuhalten war mit einfachen Absperr-Kordeln der Streifen vor der Lokhalle abgesperrt. Zugleich war der Sicherheitsdienst eifrig bemüht, die VeranstaltungsbesucherInnen möglichst frühzeitig in diesen Streifen zu führen, um sie so wenig dem Protest auszusetzen wie es ging. Dennoch ließen sich einzelne BesucherInnen auch auf kurze Diskussionen mit den AntimilitaristInnen ein. Während einige sich kurz aus der Verantwortung nahmen, indem sie schulterzuckend anmerkten, die Eintrittskarten seien ein Geschenk gewesen, verteidigten andere ihren Besuch damit, dass es schließlich „Volksmusik“ sei und sie dafür eben musikalisch etwas übrig hätten.

Etwa 30 Polizisten beobachteten die Aktion abwartend, ein Teil von ihnen als wohl fast einzige Kundschaft der Getränkebude, die gegenüber der Lokhalle aufgebaut war. Mit dem Ende des Einlasszeitraums fanden dann auch die Proteste vor Ort ihr Ende.

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2 Kommentare auf "Kriegsbilder gegen Militärmusik"

  1. Gerd Nier sagt:

    Eine eindrucksvolle, erschütternde Aktion, die vermutlich sehr viel mehr bewirkt hat, als dies 1000 Handzettel hätten erreichen können. Gut, dass den häufig fast senilen , aber in Teilen noch den Stechschrittt beherrschenden „Konzertbesuchern“ und „Musikliebhabern“ junge Menschen die hässliche Fratze des Krieges entgegengehalten haben. Danke!

  2. Felix Born sagt:

    Gut, dass wir jungen Menschen dank unseres moralischen Rigorismus bessere Menschen sind als diese alten, kriegslüsternden Lustgreise und Trümmertransen, die sich in jeder freien Minute (und davon haben sie ja viele) „Bomben auf Engeland“ anhören. Wir sagen: Pfui! Krieg ist schlecht! Die Sachlage ist doch so simpel….Also weg mit dem ollen Militär-Geschwurbel und mehr Lady Gaga für die ältere Generation! Gut dass wir das durchschaut haben. Aber hey, schließlich sind wir ja auch jung.

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