Kritik im Winter
Schöner studieren: Kritische Uniseminare
von Trabbi am 21. Oktober 2010 veröffentlicht in Titelstory, UnipolitikIm Rahmen der Bachelor- und Masterisierung der Studiengänge wird es für Studierende immer schwieriger, sich selbstbestimmt zu bilden. Ausbildung für den Arbeitsmarkt und vollgestopfte Stundenpläne mit modularisierten Veranstaltungen, die Inhalte zum bulemischen Auswendiglernen anbieten, sind für viele mittlerweile die Regel geworden. Wo bleibt in diesem Zusammenhang für Studierende und Dozierende noch Zeit zum kritischen Denken? Doch es gibt sie, die letzten gallischen Dörfer der kritischen Wissenschaften. Eine subjektive Auswahl empfehlenswerter Seminare im Wintersemester.
Ilse Costas bietet ein soziologisches Seminar zur Poskolonialen Theorie an, das sich mit der Konstruktion von kulturellen Identitäten, Migration und Rassismus in einem post-kolonialem Kontext beschäftigt
An dieses Thema anknüpfend kann mensch sich auch tiefergehend mit dem Thema Whiteness Studies beschäftigen, bei dem es nicht mehr um Rassismus aus einer “die anderen” abgrenzenden Perspektive geht, sondern um “eine kritische Reflexion des weißen Subjektes in rassialisierten-hierarchisierten Kontexten”.
Im Bereich der Geschlechterforschung sticht v.a. das Seminar von Uta Scheer Transgender und Intersexualität: Identitäten und Geschlechterpolitik “zwischen den Geschlechtern” heraus, das sich mit einem häufig vernachlässigten Bereich der Geschlechterforschung beschäftigt.
Mit der Konstruktion von Identitäten beschäftigt sich auch das Seminar von Thomas Dörfler Zur Soziologie des Subjekts: Einführung in die Subjekttheorie , das sich anhand von soziologischen und philosophischen Klassikern (Freud, Foucault, Lacan, Derrida u.a.) die Frage stellt ob und wie sich in der Postmoderne Subjekte und Individuen konstituieren.
Ein Klassiker der Soziologie wird auch im Lektüreseminar zum Hauptwerk von Pierre Bourdieu “Die Feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft” . betrachtet. Eigentlich für jeden soziologisch interessierten Menschen ein Standardwerk zur Frage, wie sich in einer spätkapitalistischen Gesellschaft soziale Gruppierungen überhaupt noch von einander unterscheiden, bzw. warum gewisse Kreise lieber Arte schauen und andere RTL 2.
Zu guter Letzt sei noch eine Veranstaltung außerhalb des klassischen sozialwissenschaftlichen Umfeldes hingewiesen: Im Seminar Aktuelle Fragestellungen der Kulturgeographie: Umkämpfte Räume: Die Südspange – eine Diskurs- und Kräfteverhältnisanalyse soll sich damit beschäftigt werden, wie und warum sich in der Auseinandersetzung um den Bau der Göttinger “Südspange” die GegnerInnen durchsetzen konnten und wie die lokalen Aushandlungsprozesse in diesem regionalen Konflikt funktionierten.
Foto: K. Feyerabend
Wow das ist also alles, was es an „kritischen Wissenschaften“in diesem Semester gibt? Nicht ganz…
Wie jedes Semester gibt es auch diesmal im Rahmen der Politikwissenschaft die Möglichkeit sich mit Marx bzw. der Kritik der politischen Ökonomie auseinanderzusetzen. Diesmal widmet sich Seidel wieder den „marxistischen Krisentheorien“. Freitag um 16.15 Uhr im Oec 1164 gehts los.
Ne, is nicht alles, behauptet ja auch niemand. „Subjektive Auswahl“ steht da. Das Seidl-Seminar fändest du auch im oben verlinkten Reader.
Ps.: „diesmal“ ist gut, haha.