Hausrecht im Elfenbeinturm: Gericht lässt kommerzielle Fortbilder wieder in die Uni
von Harvey am 1. März 2010 veröffentlicht in UnipolitikDie privatwirtschaftlichen Angebote zur Ergänzung des Studiums waren den Professoren ein Dorn im Auge, so ließen sie sie kurzerhand aus der Uni werfen. Das Verwaltungsgericht Göttingen hat in einer Eilentscheidung jetzt die Universität wieder zurückgepfiffen.
Das juristische Studium an der Universität ist vor allem für die Stereotypen zu seinen Studierenden bekannt. Dank entsprechender Bewerbung am Campus – oder vielleicht auch aus Gesprächen mit Jura-Studierenden – wissen viele auch, dass oft auch eine privat finanzierte zusätzliche Schulung, das sogenannte Repetitorium, fest in den persönlichen Studienplan der meisten Jura-Studierenden gehört. Diese Repetitorien kosten typischerweise ca. 100 bis 150 Euro pro Monat und werden für ein Jahr belegt, typischerweise kurz vor dem Ablegen des Staatsexamens. Mit der zusätzlichen Straffung des ersten Studienabschnitts wurde es für die privatwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen auch attraktiv, Fortbildungsangebote für verschiedene weitere Studienabschnitte zu machen.
Für die Ausbildungsfähigkeit einer Universität ist es allerdings kein gutes Zeugnis, wenn an die 90% der Studierenden eines Studiengangs eine einjährige zusätzliche Ausbildung für nötig halten, um den Abschluss zu schaffen. Problematisch ist auch die soziale Filterung – manche leisten sich für tausende Euro im Monat ein Einzelrepetitorium, die meisten für immerhin mehr als tausend Euro die einjährige Zusatzschulung. Mit der Einrichtung eines von der Uni selbst durchgeführten Repetitoriumsangebots wurde seit einigen Jahren versucht, gegenzusteuern. Der Erfolg ist wohl eher übersichtlich – der Zustrom zu den privaten Angeboten blieb.
Die Bandagen, mit denen die Professoren die mißliebigen private Konkurrenten bekämpfen, wurden daraufhin härter. An der juristischen Fakultät wird derzeit beispielsweise der Einkauf von Skripten durch die Bibliothek durch Professorenveto praktisch verhindert – jedenfalls soll das für die Skripten gelten, die im Rahmen des Verlagsgeschäftes von den kommerziellen Anbietern selbst angeboten werden und beispielsweise im Buchhandel einen nennenswerten Teil der Studienliteratur ausmachen. Kürzlich dann wurde weiter eskaliert: Man verwies die Repetitorien, die in der Universität beispielsweise klausurbezogene Vorbereitungsveranstaltungen zu Werbezwecken gratis anboten und die in den Universitätsräumen eifrig mit Flyern und Plakaten warben, kurzerhand des Hauses. Die Universität begründete das Hausverbot damit, dass durch die Werbung für kommerzielle Angebote bei den Studierenden der Eindruck entstehen könnte, die Universität sei von der Qualität ihres eigenen Angebots nicht überzeugt.
Ein Hausverbot mochten die Repetitoren aber nicht auf sich sitzen lassen und klagten. Im Zuge einer Eilentscheidung erklärte jetzt das Verwaltungsgericht Göttingen die erteilten Hausverbote für unwirksam und pfiff die Universität so in einem ersten Schritt zurück. Eine endgültige Entscheidung steht allerdings noch aus, das Verwaltungsgericht störte sich vor allem daran, dass das Hausverbot nur einzelne kommerzielle Repetitorien betraf und so dem Grundsatz der Gleichbehandlung widerspricht. Grundsätzlich sei allerdings ein Werbe- und Hausverbot für kommerzielle Repetitorien denkbar.
Die Entscheidung ist daher sicher zwiespältig zu sehen: Die Uni hat signalisiert bekommen, dass sie Werbung für privatwirtschaftliche Konkurrenzangebote einfach verbannen kann, sie muss es nur – rechtlich – richtig machen. Der Grundfrage, wie es sein kann, dass eine überwältigende Mehrheit von Studierenden sich nur mit einem selbstbezahlten Repetitorium in der Lage sieht, das Studium abzuschließen, ist allerdings das Urteil keinen Deut näher gekommen. Dabei scheint doch die Haltung, das Problem per Hausverbot schlicht auszublenden, wirklich nicht unterstützenswert. Gerade im juristischen Studium, das im wesentlichen gesetzlich, also oberhalb des direkten Einflusses der Professoren entworfen wird, würde eine Reform des Studiengangs zur Verbesserung der Situation aber politische Einflussnahme erfordern. Davon aber lassen die Professoren dann doch lieber die Finger.
Das vollständige Urteil .
die Uni kennt sich mit Hausverboten halt noch nicht richtig aus. Gerade in der juristischen Fakultät denkt man immer noch, dass hat was mit Musik zu tun -.-
Har Har …