Nachruf auf Polizeipräsidenten

Wargels aalglatter Abgang
von am 28. Februar 2010 veröffentlicht in Polizei & Justiz

Der ehemalige Präsident der Polizeidirektion Göttingen, Hans-Werner Wargel, verlässt seinen südniedersächsischen Posten unter zahllosen Lobessalven. Wargel habe das Profil der Polizeidirektion Göttingen entscheidend geprägt und ihr das „heutige Gesicht“ einer professionellen und bürgerorientierten Behörde verliehen, schwadronierte Innenminister Uwe Schünemann (CDU). „Sie haben ein klares Berufsbild von einer modernen Polizei, orientiert an dem gesellschaftlichen Auftrag, für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Sorge zu tragen. Als Planungsbeauftragter für den Aufbau der Polizeidirektion Göttingen mussten Sie sich mit ihrem Team großen Aufgaben stellen“, so der Innenminister. Wargel wechselt ins Präsidium des niedersächsischen Verfassungsschutzes, während dessen ehemaliger Vizepräsident, Robert Kruse, fortan die Geschicke der Göttinger Polizei leitet.

Vollkommen unter den Teppich gekehrt wird dabei, dass Wargel zuletzt immer wieder in die Kritik geraten war. Vor Allem seine Einsatzstrategie bei Demonstrationen wurde häufig gerüffelt, zuletzt von Tom Wedrins, Fraktionsvorsitzender der SPD im Göttinger Rat.Unter Wargel hätten sich „viele Dinge sehr maßgeblich geändert“, sagte Wedrins im Rat in der Debatte zu einem Beschluß, der die Polizei zur Deeskalation aufrief. Wedrins meinte damit die Abkehr Wargels von polizeilichen Deeskalationskonzepten, die in den 90er Jahren entwickelt wurden. Innenminister Schünemann, offensichtlich ein Freund Wargels, hatte die Kritik in einer anschließenden Landtagsdebatte vom Tisch gewischt: Es habe sich vieles unter Wargel verändert, jedoch nur zum Guten, beantwortete er eine Anfrage der CDU-Fraktion zu einem taz-Artikel über die Conny-Demo. Und das in einem Parlament, in dem von Schünemanns Parteifreunden auch gerne mal behauptet wird, dass es in Deutschland so etwas wie Polizeigewalt nicht gebe.

Unter dieser Prämisse erscheint es doch zumindest besorgniserregend, wenn Wargels Nachfolger nun ankündigt, erst einmal nichts verändern zu wollen. Es stünde ihm gut, wieder den Weg der Deeskalation zu beschreiten. Ob wir das von einem „Extremismusexperten“ erwarten können, der in Göttingen mehr Gefahr durch Linke als durch bewaffnete Neonazis sieht, werden die nächsten Monate zeigen müssen.

Der Austausch der Führungsspitze von Polizei und Verfassungsschutz bereitet indes Bauchschmerzen. Wenn ein ehemaliger Polizeipräsident fortan den Verfassungsschutz leitet und dessen ehemaliger Vizepräsident an die Spitze der Polizeidirektion Göttingen wechselt, ist dann das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdienst noch gegeben? Dieses wurde in Deutschland eingeführt, weil im Nationalsozialismus – gelinde gesagt – „schlechte Erfahrungen“ mit dieser Kombination gemacht wurde. Wer will nun ausschließen, dass dieses Gebot durch persönliche Seilschaften der beiden Präsidenten unterlaufen wird? Wir werden es erleben.

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Ein Kommentar auf "Wargels aalglatter Abgang"

  1. Papa Paule sagt:

    Wargel und Schünemann haben in Holzminden das selbe GYmnasium besucht.

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