Mi 14.11.: „Die Konstruktion von Geschlecht im Recht am Beispiel „Intersexualität“ – im Kabale
von am 9. November 2007 veröffentlicht in Kabale, Termine, Vortrag

Der AK gender hat für heute abend spontan eine Veranstaltung mit Juana Remus, Juristin aus Berlin, auf die Beine gestellt. Sie referiert zum Thema „Konstruktion von Geschlecht im Recht am Beispiel von Intersexualität“.

Da der Hinweis auf diese Veranstaltung derartig kurzfristig bei uns eingetrudelt ist (und damit euch diese Ankündigung möglichst schnell erreicht), werden wir ausnahmsweise einmal den Ankündigungstext des AK gender unverändert übernehmen, ohne unseren eigenen Senf dazuzugeben.

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Abstrakt:
Die Konstruktion von Geschlecht im Recht am Beispiel „Intersexualität“

Intersexualität

Intersexualität ist ein medizinischer Fachbegriff für die Möglichkeit, dass das biologische Geschlecht eines Menschen nicht eindeutig männlich oder weiblich ist. Nach Schätzungen ist dies bei jeder 500. bis 2000. Person der Fall.

Medizinischer Umgang mit Intersexualität

Intersexualität wird als eine Abweichung von der Norm, als eine Störung begriffen und daher als behandlungsnotwendig eingestuft. Zur Vermeidung angenommener psychischer Störungen werden Intersexuelle einem der beiden „normalen“ Geschlechter zugeordnet. Diese Zuordnung kann nach Ansicht der Mediziner_innen nur gelingen, wenn das Geschlecht auch nach außen sichtbar eindeutig ist. Um die Eindeutigkeit zu erlangen, werden die Genitalien von Intersexuellen korrigiert. Die genitalkorrigierenden Eingriffe finden dabei schon im Säuglingsalter statt; zum einen weil davon ausgegangen wird, dass sich die geschlechtliche Identität bereits nach den ersten zwei Lebensjahren entwickelt, zum anderen um eine „Verwirrung“ der Eltern und der Umgebung zu vermeiden.
90 Prozent der Intersexuellen werden dem weiblichen Geschlecht zugeordnet.

Das Zutun der Rechtswissenschaft

Bei der Zurichtung intersexueller Körper verweist die medizinische Wissenschaft immer wieder auf die Rechtswissenschaft. Solange das Gesetz eine Zuordnung zu einem der beiden Geschlechter verlange, seien Mediziner_innen praktisch die Hände gebunden, sie müssten eine Zuordnung auch auf körperlicher Ebene vornehmen.
Dabei gibt es keinerlei Gesetz o.ä., in dem Geschlecht als „männlich“ oder „weiblich“ definiert wird. Auch auf die Frage, wie das Geschlecht eines Menschen herauszufinden sei, wie es definiert ist und welche Abgrenzungsschwierigkeiten sich ergeben, weiß die Rechtswissenschaft keine eindeutige Antwort. Welche unterschiedlichen Antworten sie in den letzten Jahrhunderten für diese Fragen gefunden hat, möchte ich anhand mehrerer Gerichtsurteile diskutieren.

Im Folgenden werde ich aus einigen Gerichtsurteilen der letzten 100 Jahre exemplarisch zitieren, um einen Überblick zu geben, zu welchem Zeitpunkt welche Komponenten von Juristen als wesentlich betrachtet wurden, um über die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht entscheiden zu können. Einige der zitierten Entscheidungen betreffen den Personenstand von Transsexuellen. Diese Entscheidungen sind insoweit relevant, als in ihnen zum einen diskutiert wird, welche körperlichen Merkmale für ein männliches oder weibliches Geschlecht wesentlich sind, zum anderen aber auch weil hier ebenso wie bei Intersexuellen immer wieder geschlechtskorrigierende Operationen vorgenommen wurden. Ein weiteres Augenmerk werde ich an dieser Stelle auch auf den Umgang der Gerichte mit so genannten Sachverständigengutachten richten. Dabei wird hier nicht darauf eingegangen, wer diese Sachverständigen sind, sondern lediglich ihre Entscheidungsrelevanz benannt.

Degendering the law?

Zuletzt werde ich einen Ausblick darauf geben, welche Optionen sich ergeben, die stetige Diskriminierung von Intersexuellen durch das Recht zu vermeiden, z.B. durch die Abschaffung der juristischen Kategorie „Geschlecht“. Dabei stellt sich jedoch aus rechtswissenschaftlicher Sicht die Frage, in welchen Rechtsnormen Geschlecht heute relevant ist und inwieweit diese abgeschafft oder geschlechtsneutral formuliert werden können.

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Mittwoch, 14.11. um 19.30h
im Café Kabale

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2 Kommentare auf "Mi 14.11.: „Die Konstruktion von Geschlecht im Recht am Beispiel „Intersexualität“ – im Kabale"

  1. nor sagt:

    alternativ dazu „Kritische Geographie“ gesehen auf http://keksbrot.blogsport.de

  2. irrgärtnerin sagt:

    @ nor: der vortrag zur „kritischen geographie“ ist inzwischen auch in der terminspalte angekündigt

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