Touralltag vs. Kleinstadtleben – ein Interview mit Nagel von Muff Potter
von am 12. Februar 2007 veröffentlicht in Popkultur, Theaterkeller

Nagel ist viele Sachen auf einmal. Zum Beispiel der Sänger von Muff Potter oder seines Soloprojektes „Freunde der Nachtruhe“. In den 90ern war er Mitherausgeber des wohl wegweisenden Fanzines „Wasted Paper“. Nun, nach 13 Jahren Muff Potter, hat er sein erstes Buch geschrieben, was den Titel „Wo die wilden Maden graben“ trägt. Anlässlich der Lesung aus eben diesem Buch am kommenden Sonntag im T-Keller haben wir ein kompaktes Interview mit ihm geführt, aber lest selbst…

Hallo Nagel. Bekannt bist du ja vor Allem als Sänger der Musikgruppe Muff Potter. Nebenbei hast du mit „Freunde der Nachtruhe“ auch noch ein Soloprojekt am Laufen. Anlass dieses Interviews ist jedoch eine Lesung von und mit dir im Theaterkeller. Bist du mit Muff Potter nicht ausgelastet oder wie kommt es dazu, nebenbei auf noch so viele andere Baustellen zu baggern?

das schreiben ist seit jeher eine große leidenschaft von mir. ich schreibe im prinzip seit der grunsschule. zunächst artikel über erfundene rockbands, in denen meistens ich der frontmann war, dann seit ich 14 bin täglich tagebuch, und in den 90ern habe ich mit meinem kumpel wiesmann das hardcore fanzine „wasted paper“ gemacht. auch muff potter texte zähle ich dazu, denn die waren und sind mir sehr wichtig.

irgendwo lag es also nahe, eines tages mal ein buch zu machen. wobei mir die arbeit an „wo die wilden maden graben“ eher vorkam wie das fertigstellen der nie erschienenen ausgabe des wasted papers. schreiben ist für mich normal, ich muss mich nicht dazu zwingen.

aber es stimmt schon, im moment läuft vieles parallel, was mir auch sehr gut gefällt. ich bin halt schnell gelangweilt, und da ist es gut noch was zu tun zu haben, wenn man nach der probe nach hause geht. es ist wichtig, daß man regelmäßig neue sachen ausprobiert, sich neue aufgaben stellt, um eine gewisse routine zu vermeiden, die sich schnell einstellt wenn man etwas sehr lange macht. schließlich gibt es zB muff potter schon seit über 13 jahren.

Du hast gerade schon einen Link zu deinem Fanzine gemacht. Wo genau sind die Anknüpfungspunkte zwischen deinem Buch und anderen / früheren Werken? Oder ist der Übergang fliessend?

der übergang ist tatächlich fliessend, die unterschiede zwischen songtexten, kolumnen, fanzine artikeln und dem buch sind für mich hauptsächlich formeller art. was natürlich ein nicht zu unterschätzender faktor ist. aber im prinzip schreibe ich bei allem was ich mache erstmal so drauf los, was für mich auch normal ist, weil ich ohnehin immer schreibe. der große teil der arbeit besteht dann im aussieben und wegkürzen. bei songtexten genauso wie beim buch.

Was kann man inhaltlich erwarten? Eine autobiografische Schilderung des punkrockromantischen Tourlebens, den langweiligen Kleinstadtalltag oder fiktive Stories über Männchen aus dem All?

letzteres sicher nicht, es ist eher ein kombination bzw gegenüberstellung der ebenen touralltag vs kleinstadtleben, eben all die kleinen alttäglichen extremsituationen, von langeweile bis reizüberflutung, tristesse bis euphorie.

Du bist nun mit Aaron Cometbus auf Lesetour. Wie kam es dazu?

mein agent jörn morisse ist mit aaron cometbus befreundet, er hat ihn übersetzt und in deutschland einen verlag für ihn gesucht. ich kenne aaron bisher nicht persönlich, glaube aber daß die kombination gut zusammenpasst.

Während Aaron als Punkrocklegende aus New York angekündigt wird, beschreibt dein Verlag dich als „Sänger einer der bekanntesten deutschen Punkrockbands“. Siehst du dich in dieser Rolle oder bist du einfach nur jemand, der gerne Texte schreibt?

natürlich würde ich mich freuen wenn das buch unabhängig von meiner band wahrgenommen werden würde, statt in der ahrnehmung des publikums der typ von muff potter zu sein der jetzt auch noch ein buch geschrieben hat. aber realistisch gesehen bin ich als autor ein weitgehend unbeschriebenes blatt, da muss ich dem verlag schon gestatten den namen muff potter für ankündigungen und promo zu benutzen. ob meine band „bekannt“, „deutsch“ oder „punkrock“ ist ist mir aber völlig egal. ich schreibe schon länger als ich musik mache, und ich bin selbstbewusst genug zu wissen, daß mein schreiben unabhängig von meinen erfahrungen mit muff potter eine eigene qualität besitzt. es ist ja auch so, daß es sich bei „wo die wilden maden graben“ nicht um ein klassisches tourtagebuch handelt. natürlich war meine eigene band die hauptinspiration für die tourmomente, und einige beschriebene situationen sind 1:1 so passiert. mindestens genauso vieles ist aber verdreht, über- oder unterrieben oder schlicht fiktional. deswegen sind alle namen geändert, charaktere wurden erfunden, und ich verzichte im buch komplett auf städtenamen.

Zu Gast auf dem Roten Sofa im Theaterkeller am Sonntag, den 18. Februar: Nagel und Aaron Cometbus.

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