AfD auf Stimmenfang

Wahlkampf der besonderen Art
von am 11. August 2013 veröffentlicht in Politik, Titelstory

Protest gegen den Wahlkampfstand der AfD

Es ist Bundestagswahlkampfzeit und auch die „Alternative für Deutschland“ (AfD) hat mit dem Wahlkampf begonnen. Erschwert wird dieser von der Kampagne „Alles muss man selber machen“, wie sich am Wahlkampfstand der AfD zeigte. Welche Ansichten sich in der und um die Partei tummeln, zeigen die Reaktionen auf die Kampagne.

Schon seit ihrer Gründung Anfang diesen Jahres ist die AfD aufgrund von rechtspopulistischen Aussagen vielen Linken ein Dorn im Auge. In Göttingen sorgt der Kreisverband Göttingen/Osterode seit seiner Gründung im Juni für Diskussionen. So wurde den Vorstandsmitgliedern Lars Steinke und Lennard Rudolph die Nähe zu rechtem Gedankengut vorgeworfen (mog berichtete). Das Vorstandmitglied Klaas Otte entschied sich kürzlich zum Rücktritt, da rechte Einstellungen im Vorstand toleriert würden.

Mit Beginn der heißen Wahlkampfphase hatte die AfD an diesem Wochenende zwei Ereignisse geplant. Zum Einen lud sie zum AfD-Stammtisch am Freitagabend, dem 09.08., in die Gaststätte „Zur Linde“ in Geismar. Dieser fand jedoch von vornherein nicht statt. Nach Darstellung der Gaststätte hatte diese den Tisch abgesagt, da man keine rechtslastigen Parteien im Haus haben wolle. Trotzdem hatten sich ca. 70 Menschen zum Protest vor der „Linde“ versammelt, um gegen den Stammtisch zu demonstrieren. Der Protest war Teil der anlässlich des Wahlkampfes gegründeten Kampagne „Alles muss man selber machen“, die sich die Aufgabe gesetzt hat, rechte Propaganda aus dem Stadtbild zu entfernen. Zuvor hatten sich „Einige besorgte Anwohner Geismars“ in einem Offenen Brief mit dem Appell, den Stammtisch abzusagen, an die Gaststätte gewandt. Zudem wurde das Schild „Zur Linde“ zur Unleserlichkeit besprayt.

Das zweite Ereignis wurde wie geplant durchgeführt: ein Wahlkampfstand in der Göttinger Innenstadt an dem sich zeitlich verteilt 6 bis 10 AfD-Verbundene beteiligten. Kaum war der Stand aufgebaut gab es den Versuch, ihn zu blockieren. Dazu stellten sich einige Demonstrierende mit Schildern und einem Transparent vor dem Stand auf. Vom Stand getrennt wurden sie durch eine enge Reihe Polizist_innen. Nach kurzer Zeit und wiederholter Aufforderung die Straßenseite zu wechseln, wurden die Blockierer_innen unter Einsatz von Tritten und Schlägen ca. fünf Meter auf die andere Seite gedrängt und zogen nach kurzer Zeit unter lautem Protest ab. Danach gingen die Protestierenden zu einer anderen Form über: Zum Einen wurde den Passant_innen das sofortige Wegwerfen der AfD-Flyer in bereitgestellten Müllsäcken angeboten, zum Anderen wurden Flyer zur Gegenkampagne verteilt. Die Protestierenden wurden dabei zu verschiedene Zeitpunkten von am Stand Beschäftigten fotografiert. Eine schwarzhaarige Protestierende wurde von einem AfD-ler mit den Worten bedacht, dass er froh sei, dass diese kein Wahlrecht genieße (was nicht der Fall ist). Bis auf einige Wortgefechte zwischen beiden Seiten und eine Rangelei blieb es die nächsten Stunden ruhig, bis die AfD sichtlich resigniert wieder einpackte.

Die Polizei kommentierte das eigene Vorgehen mit der Begründung, „dass zum gesetzlichen Auftrag der Polizei auch der Schutz bzw. die Gewährleistung eines störungsfreien Verlaufs/der Durchführung ordnungsgemäß angemeldeter und genehmigter Wahlkampfveranstaltungen gehört und dies unabhängig von der politischen Ausrichtung der entsprechenden Partei.“ Ein Polizist mischte sich sogar während der Durchführung des Standes ein und betonte gegenüber einer Passantin, dass es sich nicht um eine rechte Partei handele.

Was sich bei den beiden Anlässen nur leicht entlud, scheint unter der Oberfläche zu brodeln. So veröffentlichte der AfD-Vorstand eine Pressemitteilung, in der sie auf die Solidarisierung der Grünen Jugend Göttingen mit der Gegenkampagne reagierten. In dieser spricht der Vorsitzende Matthias Hans von „linksfaschistischen, demokratiefeindlichen Splittergruppen“ (gemeint sind „ALI und ANTIFA“ und die Grüne Jugend), denen sie sich nicht beugen würden. In der gleichen Mitteilung forderte er den Direktkandidaten für den Wahlkreis Göttingen und Parteivorsitzenden der Grünen Jürgen Trittin zu einer Stellungnahme auf. Rezipiert wurde die Kampagne und die Solidarisierung auch schon in einschlägigen Medien der rechten Szene, wie der Jungen Freiheit und PI-News.

Welches Wählerklientel die AfD zum Teil zu haben scheint, zeigen diverse Kommentare, die die Initiator_innen und Unterstützer_innen der Gegenkampagne bekommen. Gespickt sind diese von NS-Vergleichen, Gewaltfantasien und islamfeindlichen Äußerungen. Es heißt unter anderem: „Heil Grüne SA“. „euch sollte man alle im Moor versenken“. „Für jeden ist eine Kugel übrig und dann könnt IHR jammern, kein Erbarmen…“. „Es wird Zeit das eine Partei kommt die Politik für die dt. Bürger macht und nicht für Sozialschmarotzer, Wirtschaftsflüchtlinge und verblendete Multikulti-Fanatiker!!“ „ihr macht wie hitler damals!!!“ „wer sich an plakaten, gleich welcher art, vergreift, wird umgehend ein kandidat für´s krankenhaus.“ Außerdem schreibt ein Kommentierender: „…. na, schon den Moslems schon in den Hintern gekrochen, ihr roten Typen, jetzt wähle ich erst recht AFD!“ und von spricht von „minderwertigen Scheißmoslems“. Gerade dieser Kommentar entbehrt nicht einer Ironie, da sich die AfD auch dem Vorwurf der Islamfeindlichkeit ausgesetzt sieht.

Doch nicht nur aus dieser Ecke setzt sich die Partei zusammen. Neben vielen Mitgliedern aus unterschiedlichster Richtung (Linkspartei, die Freiheit, u.a.) kommt das einzige weibliche Vorstandmitglied Sabine Sangmeister-Follmann aus Richtung der etablierten Parteien, mit dem Unterschied, dass sie parallel in beiden Bereichen aktiv zu sein scheint. So ist sie aktuell nicht nur bei der AfD sondern auch Gemeinderatsmitglied der Gruppe SPD/Die Grünen in Ebergötzen/Holzerode.

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Ein Kommentar auf "Wahlkampf der besonderen Art"

  1. Luther Blissett sagt:

    Das ganze hat’s in eine dpa-Meldung geschafft. Und sogar die TAZ bringt das ganze:
    https://www.taz.de/Bundestagswahlkampf-2013/!121750/

    Ich bin etwas irritiert. Bin am Samstag hinter der Johanniskirche langegangen und hab mich über die massiv passiv-bewaffneten Polizeipäckchen dort gewundert. Vor der Apotheke war da gerade eine handvoll Schwarzblockjugend, und der Wahlkampfstand der Grünen nebenan sah auch so gar nicht gar nicht nach „Grüner Jugend“ aus. Die Polizisten an der Apothekeneck wirkten etwas genervt, aber insgesamt tatsächlich deeskalierend , wenn man den Ausdruck bei so wenig Eskalation überhaupt gebrauchen darf.

    Jedenfalls: Gähn, AfD. Fast gut, dass es die gibt. Da hat man wenigstens ein Sammelbecken für Sprallos, an denen man sich reiben kann.

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