Anti-Atom-Protest

Castor rollt durch Göttingen
von am 7. November 2010 veröffentlicht in Politik, Soziale Bewegungen

Der Castor-Transport hat Sonntag Morgen um 7.30 Uhr ungehindert das Göttinger Stadtgebiet passiert. Atomkraftgegner_innen gelang es nicht, auf die Gleise zu gehen und ihn durch Blockaden zu stoppen. Damit handelte es sich um die reibungsloseste Castor-Durchfahrt durch Göttingen, die es je gegeben hat. Trotzdem musste der Zug auf dem Weg ins Wendland mehrere Zwangspausen einlegen.

Bis zu 200 Personen beteiligten sich ab 23 Uhr an einer Mahnwache vor dem Göttinger Bahnhof. Da abzusehen war, dass der Castor erst in einigen Stunden Göttingen durchqueren würde, nutzte ein großer Teil der Mahnwachen-Teilnehmenden die Gelegenheit, in einer Spontandemonstration in die Göttinger Innenstadt zu ziehen. Erst 8 1/2 Stunden später fuhr der Zug dann tatsächlich unbehelligt durch den Bahnhof.

Damit handelte es sich um die wohl reibungsloseste Castordurchfahrt durch Göttingen überhaupt. Immer wieder wurde der Transport in den vergangenen Jahren in der Leinestadt durch Blockaden aufgehalten. Im Vorfeld zum diesjährigen Transport hatten Unbekannte in der GöDru beklagt, dass es immer schwieriger werde, in Göttingen unbemerkt auf die Gleise zu gelangen. Außerdem gab es in diesem Jahr in Göttingen auch keine Infotelefone oder zentrale Anlaufstellen für Protestwillige, wie es in den zurückliegenden Jahren der Fall war. Dennoch mochte die Polizei wohl kein Risiko eingehen und zeigte bereits den ganzen Freitag offensichtliche Präsenz am Bahnhof und mit vielen Einsatzwagen in der ganzen Stadt.


Die Spontandemo am Bahnhof (Bild: neapel)

Blockaden zwischen LaHague und Göttingen

Die erste Blockade gab es bereits in Frankreich. In der Nähe der nordfranzösischen Stadt Caen blockierten Atomkraftgegner_innen den Zug für insgesamt drei Stunden, woraufhin der Transport umgeleitet wurde. Auf deutscher Seite blockierten in der Stadt Berg mehr als 1000 Menschen die Strecke, woraufhin der Transport über Straßburg umgeleitet wurde. Damit fuhr der radioaktive Zug das erste Mal mitten durch eine Großstadt. In Kehl seilten sich drei Greenpeace-Aktivisten von einer Brücke ab. Das konnte den Castor jedoch nicht stoppen: die Polizei ließ ihn unter den Atomkraftgegnern hindurch fahren. Einen weiteren ungeplanten Zwishenstopp legte der Zug in Darmstadt ein, wo sich Aktivist_innen auf die Gleise stellten.

LIVETICKER
castorticker.de trägt Informationen zum Transport zusammen. Auch die taz hat einen Live-Ticker. Das StadtRadio berichtet bis Sonntag, 11 Uhr, ebenfalls live zum Castor-Transport. Weitere Kurzmeldungen gibt es bei Twitter. Castorticker.de hat auch die Route des Castors dokumentiert.

Zuletzt kam der Zug kurz vor Kassel zum Stehen. Von der Fuldatalbrücke bei Melsungen seilten sich mehrere Aktivist_innen 75 Meter tief hinab. Weitere 50 Atomkraftgegner_innen blockierten zeitgleich in der Nähe die Schienen, so dass der Transport hier rund zwei Stunden lang aufgehalten wurde. Unter den abgeseilten Aktivist_innen fuhr der Zug einfach hindurch.

Massenproteste im Wendland

In Dannenberg fand gestern die bislang größte Anti-Atom-Demonstration aller Zeiten statt. Bis zu 50.000 Menschen haben daran teilgenommen. Mehrfach kam es in der Region um Gorleben bereits zu Blockaden von Straßen und Schienen. Vereinzelt wurde auch bereits „geschottert“. So haben etwa 300 Autonome versucht, eine Straße zu unterhöhlen. Aus Göttingen waren am Samstag insgesamt vier Busse voll mit Atomkraftgegner_innen ins Wendland gefahren.

Text: Harvey & Rakete

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7 Kommentare auf "Castor rollt durch Göttingen"

  1. title sagt:

    Am Gänseliesel steht ein riesiger Werbe-LKW von Eon. Blanker Hohn!

  2. Uli-E sagt:

    Bin ab 4 Uhr den Kreis Göttingen abgerollert – unzählige Einsatzfahrzeuge unterwegs. Die Standorte/Lageplan hier: Wie gehabt, unverhältnismässiges Polizeiaufgebot.
    Frau Murksel treten sie zurück, hier die Kündigung:
    Und die ober Härte ist, Piratenpartei Hannover distanziert sich vom schottern

  3. buch leser sagt:

    Erfolg für die Demonstranten im Wendland: Der Castor-Zug kommt zur Stunde nicht mehr weiter in Richtung Gorleben. Einige tausend Aktivisten lieferten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei, viele wurden verletzt, ein Panzerwagen ging in Flammen auf. Auch hier verstehe ich die Politiker nicht. Warum wird solch einem Thema, was die Bürger des ganzen Landes bewegt nicht eine Volksabstimmung gemacht?

  4. Rakete sagt:

    Pressemitteilung des Anti-Atom-Plenums:

    200 AtomkraftgegnerInnen demonstrieren in Castor-Nacht in Göttingen

    Göttingen. 200 AtomkraftgegnerInnen haben in der Castor-Nacht in Göttingen demonstriert. Mit Parolen wie „Wir wollen keine Strahlen“ und „Abschalten jetzt!“ zogen sie durch die Göttinger Innenstadt. Auf der Kreuzung Weender Tor legt sie eine Gedenkminute den weltweiten Vorkämpfer für erneubare Energien, Herrmann Scheer, ein. Scheer war vor 3 Wochen im Alter von 66 Jahren verstorben. „Das Ziel, erneubare Energien zum weltweit Durchbruch zu helfen und damit atomare und fossile Energien zu ersetzen, wir als Scheers Vermächtnis bleiben“, so ein Sprecher des Anti-Atom-Plenums.

    Die Demonstration war am Göttinger Bahnhofsvorplatz gestartet und endete am Güterverkehrszentrum. Am Bahnhof wurde kritisiert, dass die Bundesregierung Gorleben weiter als Endlager ausbauen will, obwohl der Standort nachweislich nicht geeignet ist. Wie der Gorleben-Untersuchungsausschuss zu Tage förderte, hatte die Physikalisch Technische Bundesanstalt 1983 festgestellt, dass das Deckgebirge als Endlager für hochradioaktiven Atommüll sich nicht eignet, weil bereits nach 600 bis 1100 Jahren Radioaktivität frei wird. Die Bundesanstalt hatte in der ersten Version daher gefordert, andere Standorte als Gorleben zu untersuchen. Die Kohl-Regierung konnte den untertägigen Ausbau des Endlagers nur beginnen, weil das Gutachten manipulierte und unliebsame Ergebnisse verfälschte. „In Gorleben versucht die Bundesregierung blindlings passend zu machen, was nicht zusammenpasst. So wie bereits 16 % erneubare Energien und länger Laufzeiten für Atomkraftwerke, sowie die Erfahrungen der Einsturz bedrohten und absaufenden Endlager Asse Morsleben und der ignorante weiter Ausbau von Gorleben.

  5. Rakete sagt:

    Korrektur zur ursprünglichen Version: Der Castor ist um 7.30 Uhr, nicht um 8.30 Uhr durch Göttingen gefahren.

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