Ausländerbehörde besetzt – Abschiebungen stehen kurz bevor
von am 9. Januar 2010 veröffentlicht in Politik, Soziale Bewegungen

Am Freitag Vormittag haben AktivistInnen des ‚Bündnisses gegen Abschiebung’ ein Büro der Göttinger Ausländerbehörde für zwei Stunden besetzt gehalten. Die gut 20 Personen protestierten damit gegen die Aufhebung der Duldung zweier Roma-Familien und die somit drohende Abschiebung. Die Familien waren vor etwa 10 Jahren aus dem Kosovo geflohen und leben seitdem in Deutschland. Der AK Asyl befürchtet, dass sie bereits am Dienstag mit einem Sammelabschiebeflug von Karlsruhe nach Pristina deportiert werden sollen.

Die BesetzerInnen forderten die Behörde am Freitag auf, ihren Ermessensspielraum zu nutzen und die Duldung doch noch zu verlängern. Der Dezernent für Jugend, Schule und Ordnung der Stadt, Ludwig Hecke, sagte, in diesem Fall könne die Behörde nichts mehr tun. Der Ermessensspielraum sei generell eng und „insofern es doch noch welchen gibt, nutzen wir den aus“. Der Spielraum beschränkt sich laut Hecke auf eine Prognose, in wie weit die Familien zukünftig für ihren Unterhalt sorgen könnten. Außerdem sei das zweite Kriterium die gesellschaftliche Integration, „also die Frage, ob sie eine Ausbildung machen, ob sie regelmäßig zur Schule gehen oder auch, ob sie über Sprachkurse deutsch lernen“.

Hecke stellte sich eine Stunde lang dem Gespräch mit den BesetzerInnen. Sinngemäß gab er zu verstehen, dass er die anstehenden Abschiebungen auch nicht befürwortet. Dabei kam ihm auch der Ausspruch „Wenn Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht“ in den Sinn – zur eigenen Maxime erklären wollte er ihn aber nicht. Auch er müsse sich an die rechtsstaatlichen Bestimmungen halten und könne nicht willkürlich Duldungen verlängern, so Hecke. Am Ende des Gesprächs stand die Drohung des Dezernenten, das städtische Hausrecht von der Polizei durchsetzen zu lassen, sollte man das Büro des Sachbearbeiters nicht freigeben. Den Protest könne man draußen fortsetzten. Daraufhin wurde die Besetzung von den AktivistInnen beendet.


Ludwig Hecke im Gerpäch mit den BesetzerInnen

Möglicherweise werden die Familien bereits am kommenden Dienstag abgeschoben. Dann soll laut dem Bündnis gegen Abschiebung ein Sammelflug von Karlsruhe aus starten, die Duldungen der betroffenen Familien liefen den Angaben zu Folge am Montag aus.

Diese Abschiebungen wären wahrscheinlich nur die ersten in einer ganzen Reihe von staatlich angeordneten Deportationen. Die Bundesregierung hat mit dem Kosovo ein Rückführungsabkommen ausgehandelt, dass die Ausweisung bisher geduldeter Roma regeln soll. Seit April vergangenen Jahres gibt es vom niedersächsischen Innenministerium die Anordnung an die Kommunen, Listen zu erstellen, die Personen aufführen, welche für eine Abschiebung in Frage kommen. Dies ist in Göttingen bereits geschehen. Laut Hecke seien in Göttingen rund 200 Personen von der Abschiebung bedroht. Das Bündnis gegen Abschiebung wie auch die Göttinger Grünen sprechen dagegen von etwa 500 Personen, die betroffen sein könnten.

Der Rat der Stadt Göttingen hatte im September eine Resolution gegen die Abschiebungen in das Kosovo verabschiedet. Der von den Grünen eingebrachte Antrag sieht vor, die niedersächsische Landesregierung aufzufordern, keine weiteren Abschiebungen in den Kosovo durchzuführen. Außerdem solle sich das Land für einen generellen Abschiebestopp sowie für zusätzliche Integrationsmöglichkeiten einsetzten. Eine gleichlautende Resolution wurde im Kreistag nicht verabschiedet, da die SPD-Fraktion sich hier bei der Abstimmung enthielt.

Am Montag, den 11. Januar findet eine Demonstration gegen Abschiebung und für ein bedingungsloses Bleiberecht statt. Beginn ist um 16 Uhr am Kornmarkt.

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