Kultur

Wir leben im Computerstaat – Konzert mit Abwärts in der MUSA
22. April 2010

Huch. Abwärts kommen nach Göttingen. Eine der im Popbereich einflußreichsten und ältesten noch (oder besser gesagt zum X-ten mal) bestehenden Punkbands Deutschlands, vielen vielleicht nur bekannt durch den viel gecoverten Song „Computerstaat“. Ein Urgestein ist sie allemal – seit Beginn der 1980er Jahre hat die Band Auflösungen, Wiedervereinigungen und Umbesetzungen durchgemacht. Interessantes Faktum am Rande: das tatsächliche Alter der Band ist damit ca. drei bis vier mal so hoch wie das geistige Alter einiger Monsters-Kommentatoren.


5 Jahre pony

„Mama und Papa das Reaktionäre austreiben“
15. April 2010

Seit mitlerweile fünf Jahren hat Göttingen jetzt ein gedrucktes, linkes Stadtmagazin, das pony heißt. Warum eigentlich pony und nicht Wendy? Eine Frage, die wir in unserem Interview mit Chefredakteur Michael Saager nicht geklärt haben. Aber zum Fünfjährigen dachten wir uns, wir könnten ja mal ein paar andere Fragen stellen. Haben wir gemacht, und Micha hat geantwortet. Lesen Sie hier das Protokoll eines Gesprächs, welches eigentlich nur digital stattgefunden hat. Trotzdem oder gerade deswegen .


Made a gun with my fingers and shot at my friends – FUCKING WEREWOLF ASSO im JuZI
2. März 2010

Unter Elektropunk versteht man ja so einiges, was bei näherer Betrachtung so gar nicht in eine Schublade passen will. Grob gesagt gibt es dieser Tage zwei Kategorien. Erstens die ganze „Raven gegen Deutschland“-Bum Bum-Techno-Geschichte und ihr Anhang, populär und mainstreamfähig geworden wohl vor allem durch das Label Audiolith Records und seine zahlreichen Acts, die mit fett produzierten Beats und bisweilen sogar recht authentischer Punk-Attitüde daherkommen. In dieser Kategorie geht es melodisch und rhythmisch in aller Regel sehr eingängig zu – partyorientiert eben. Und man kann, unabhängig davon was man grade im Blutkreislauf hat, die Faust schütteln und mitgrölen, weswegen mittlerweile solche fragwürdigen Gestalten wie „Frauenarzt“ und seine „Atzen“ erfolgreich auf den Musikstil aufspringen. Während man diese Sparte mit „Techno + irgendwie sowas wie Reste von Punk“ vielleicht ganz gut zusammenfassen kann, hat man es in der zweiten Kategorie schon schwerer.


Erziehung zur Müdigkeit – „An Education“
19. Februar 2010

Jenny hat eine graue Jugend. Alles dreht sich um Leistung, am Ende der Schule im England der 60er Jahre soll die Eliteuni Oxford stehen. Für amüsante Aktivitäten ist da kein Raum, alles muss einem höheren Zweck dienen. Zumindest, wenn es nach Eltern und Lehrerinnen geht. Denn Jenny entspricht nicht nur dem gängigen Schönheitsideal, sie hat auch was auf dem Kasten. Und dann kommt der doppelt so alte David (Peter Sarsgaard), der ihr Tür und Tor in eine farbenfrohe Welt voller Kunstauktionen, Konzerte und Nachtclubs öffnet. Die 16jährige Schülerin, gespielt von der 24-jährigen Carey Mulligan, bricht aus dem spießbürgerlichem Korsett aus und verliebt sich in einen Mann, der zunächst nur das Beste für sie im Schilde zu führen scheint.


Krimi in der Roten Straße
16. Februar 2010

Göttingen 1968. Die Universitätsstadt ist geprägt von der Studentenbewegung und ihren Aktionen. In dieser Zeit spielt die Hälfte des Krimis „Rote Straße“ von Wolf S. Dietrich, die zentralen Figuren der Geschichte wohnen allesamt in der WG „Rote Grütze“ in einem der selbstverwalteten Studentenwohnheime in der Roten Straße. Der Autor liest am Sonntag, den 21. Februar beim Monsters Kaffeekränzchen im Kabale aus seinem Roman. „Die Rote Straße war ’68 Sitz der studentischen Linken, da war ihre Keimzelle“ erzählt der Autor im Gespräch. „Die haben dort ihre Ideen ausgebrütet.“ Rainer, einer der Protagonisten des Romans lebt in dieser Zeit dort – und taucht in der Gegenwart wieder auf.


Wenig Schall, kaum Wahn: Tocotronic Nummer Neun
6. Februar 2010

Carsten Klook und Jan Kühnemund haben unlängst in der Online-Ausgabe der Zeit Musikschreiberei aus zwei Blinkwinkeln betrachtet. Während Klook sich dem Gewäsch der Verkäufer widmete, ging es in Kühnemunds hochinteressanter Replik um den Musikjournalisten an sich. Abgekürzt: beide können nichts. Und eines der Beispiele liegt auf der Hand. Kaum ein Titelblatt der aktuellen Musikjournaille kommt derzeit ohne Tocotronic aus. Das reicht vom Hochglanz-Klopapier á la Piranha bis in die zahlreichen Feuilletons der Bildungsbürger. Der mediale Kniefall vor der Band könnte einhelliger nicht sein. Warum ist das so? Möglicherweise weil Deutschpop um Gegensatz zu Britpop eigentlich nichts weiter, als ein ziemlich keimiger, langweiliger Trog ist, aus dem wirklich nichts glänzen kann. Die Protagonisten allesamt gesichtslose Gestalten, denen man nicht zuhören mag. Es gibt keine Gallaghers und schon keinen Jarvis Cocker. Deutschpop kennt keinen ehrlichen Schmutz, wir freuen uns über eine Band, die wenigstens intellektuell ein Zeichen setzen kann. Und die Mitstreiter Blumfeld haben bereits aufgegeben. Wir pflegen was wir haben.


Die Kunst der Straße
27. Januar 2010

Sticker, Stencils, Paste-Ups, Cut-Outs: für Streetart-Formen gibt es viele Namen. Und man findet sie überall: an Hauswänden, Laternenpfählen, Briefkästen, Fußgängerampeln. Streetart gehört zum urbanen Raum mitlerweile dazu wie der öffentliche Personennahverkehr. Und in Göttingen verhält es sich in Sachen Straßenkunst wie mit dem ÖPNV: in Berlin gibt’s U-Bahnen und hier nur Omnibusse.


Glück durch Unglück: A Serious Man
24. Januar 2010

Larry ist ein ernsthafter Mann. Zumindest redet er sich das sein, während er bei diversen Rabbis anheuert, weil seine Frau – oder vielmehr ihr Liebhaber – eine traditionell jüdische Scheidungszeremonie haben will. Das haut Larry aus den Socken. Mit dem Mitdreißiger leidest du von Anfang an. Der Typ ist nicht nur auf den ersten Blick auf eine krude Art und Weise sympathisch, er ist auch einfach ‚am Arsch‘. Die ganze Zeit – nicht (nur) angesichts des trügerischen Einfamilienhaus-Idylls der späten 60er-Jahre mitsamt Hirsch jagenden Nachbarn.


Von Vinyl, Prüfungen und einem Plattenladen
19. Januar 2010

Musikschaffenden und Musikliebenden wird es in Göttingen nicht gerade einfach gemacht. Der Schaffende muss sehen, wo er gutes Equipment herbekommt und wer gute Platten kaufen will, der schaut auch in die Röhre. Aber fangen wir mal ganz von vorne an. Früher war ja bekanntlich alles besser. Zumindest einen Plattenladen gab es in Göttingen immer. Und Equipment à la Amps oder ein simples Verstärkerkabel bekam man auch immer irgendwo. Nur waren und sind die Konsumerlebnisse immer sehr verschieden. Wer Equipment sucht, der landet meistens unter größten Anstrengungen in einem großen Laden jenseits des Stadtzentrums. Und wer nun nicht gerade zur äußerst zweifelhaften Muckerelite der Stadt gehört, findet sich in der Rolle eines bescheidenen Bittstellers wieder. Die Machtverhältnisse benötigen hier keinerlei Klärung. Auf dem kalten Boden der Tatsachen, nämlich vor allem der, dass wenn das Altstadtfest nicht deine Bühne ist, du eben auch ein nichts bist, verlässt man das Geschäft. Dann lieber alles in die Ecke knallen und nur noch konsumieren, sprich: Platten kaufen.


Jutta Ditfurths „Streitschrift für eine gerechte Gesellschaft“
13. Januar 2010

Jutta Dithfurth ist zornig. Zornig auf den Kapitalismus und all das Elend, dass er ihrer Meinung nach in aller Welt anrichtet. Und das sei eine Menge: Armut, Krieg, Ausbeutung, Rassismus – alles „made in capitalism“. Auf hundert Seiten schildert die Mitbegründerin der Grünen, die ihrer Partei längst den Rücken gekehrt hat, en detail die vermeindlichen Folgen des Systems, auf dass sie so wütend ist. Und sie glaubt, dass sie mit ihrer Wut nicht alleine ist.