Leinwand

Warum Benno Führmann nicht zuhören und Jessica Schwarz nicht einparken kann
9. Dezember 2007

Das Buch „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken können“ von Allan und Barbara Pease hat es ins Kino geschafft. Seien wir ehrlich: kann ein Film mit einem solchen Titel überhaupt gut sein? Eröffnet die Verfilmung des gemein hin als pseudowissenschaftlich bekannten Buches einem Regisseur überhaupt die Möglichkeit, noch irgend was zu retten und einen halbwegs passablen Film aus dem zu Grunde liegenden Stoff zu machen? Selbst wenn dem so wäre hat Leander Haußmann es in diesem Projekt nicht geschafft. Der Regisseur, der mit „Sonnenallee“ und „Herr Lehmann“ zwei der erfolgreichsten deutschen Filme der letzten Jahre umgesetzt hat, versagt hier trotz Starbesetzung: Auch Benno Führmann, Jessica Schwarz und Uwe Ochsenknecht konnten ihm nicht helfen.


„Am Ende kommen Touristen“ – Gedanken zum Film und darüber hinaus
27. Oktober 2007

Auschwitz, Oświęcim und Polen – heute Dieser Film mit dem zunächst sehr wenig assoziativen Titel Am Ende kommen Touristen erzählt von den Erlebnissen und Problemen des jungen Deutschen Sven, der seinen Zivildienst in einer Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Polen macht – genauer gesagt in Oświęcim, dem Ort, der unter seinem deutschen Namen Auschwitz traurige Berühmtheit erlangte. Diese Stelle stand auf Svens Wunschliste nicht ganz oben – war aber die einzige, die er noch bekommen konnte. Sven soll sich unter anderem um den eigenwilligen KZ-Überlebenden Krzemiński kümmern, ihn zur verhassten Krankengymnastik bringen und zu Zeitzeugengesprächen begleiten. Er wird nicht nur mit neuen Aufgaben, einer fremden Sprache und der historischen Bedeutung des Ortes konfrontiert, sondern auch mit der eingespielten Routine der Vergangenheitsbewältigung. Als er auf die polnische Dolmetscherin Ania trifft und sich in sie verliebt, lernt er das Leben in Oświęcim jenseits der Begegnungsstätte kennen.


À bout de souffle – Godard’s Meisterwerk im Cinema
22. Oktober 2007

Die Entwicklung des neueren Kinos ist undenkbar ohne den Namen Jean-Luc Godard. Ein Name, eng verbunden mit dem französischen Kino, mit der Nouvelle Vague – dem ersten großen Angriff auf das amerikanische Mainstreamkino in den 60er Jahren. Die Nouvelle Vague entstand etwa Mitte 50er Jahre und ihr Ursprung war eigentlich, dass ist bemerkenswert, die Filmkritik. In der französischen Filmzeitschrift Les Cahiers du cinéma versammelten sich die Wortführer eines neuen Autorenfilms. Claude Chabrol, Francois Truffaut, Eric Rohmer und eben Jean-Luc Godard: Sie allen hatten für die Zeitschrift geschrieben und sich in irgendeiner Form auf Andrè Bazin1 oder Alexandre Astruc bezogen. Diese Filme waren anders, sie waren unkonventionell und versuchten sich abzusetzen von den herkömmlichen Strukturen des Genrekinos. Man verehrte die Werke von Hitchcock oder Rossellini – und aus der Autorengruppe selbst entstand ein prägendes Filmwerk.


Ostpunk – Too much Future
20. September 2007

Zu meiner dunklen Vergangenheit gehört „leider“ auch, dass ich mich zwischen 14 und 18 als Punk verstand. Ich lief scheiße rum, sodass meine Mutter schon mal gefragt wurde ob es stimme, dass ich die Schule geschmissen hätte und nur noch vorm Theater rumhängen und Biertrinken würde. Dazu gehörte natürlich auch die Musik die sich heute nur noch selten in meine Ohren verirrt. Ohrenkrebserregender Punkrock mit deutschen Texten.


Buongiorno, notte – die Geschichte einer Entführung
10. September 2007

Diesem Thema auszuweichen scheint dieser Tage unmöglich. Der Terrorismus der RAF ist in aller Munde und schlägt sich auf den Titelseiten zahlreicher Printmedien wieder. Der Anlass für das Medienspektakel ist das 30. Jubiläum des so genannten Deutschen Herbsts, der mit der Entführung Hans-Martin Schleyers 1977 begann. Ähnlich wie in Deutschland wurde auch in Italien der „bewaffnete Kampf gegen das System“ ausgetragen, dort von den AkteurInnen der Roten Brigaden.


Roman Polanski – von Vampiren und Horror
2. September 2007

„Tanz der Vampire“, Polanskis Version eines klassischen Themas. Mit „Tanz der Vampire“ verbindet sich jedoch auch eine tragische Geschichte. Überhaupt scheint Roman Polanskis Leben selbst filmreif zu sein. Als Kind landet Polanski samt Familie im Krakauer Ghetto. Die Mutter stirbt kurze Zeit später in Auschwitz, der Vater kommt wie durch ein Wunder lebend aus dem KZ Mauthausen. Auch Polanskis Schwester überlebt die Deportation, der damals 9-jährige Roman Polanski wird im Schuppen bei einem Bauern versteckt. In den 60er Jahren arbeitet Polanski in Polen beim Film, dreht erste Kurzfilme, 1968 emigriert Polanski in die USA und dreht hier eines seiner unbestrittenen Hauptwerke. „Rosemaries Baby“, ein Gruselfilm ganz neuer Sorte. Ein beängstigender Stoff, handwerklich völlig überzeugend dargeboten und stilbildend für das Genre. Der Film macht das Dakota-Building in New York weltberühmt. Ein paar Jahre später zieht dort John Lennon mit Ehefrau Yoko und Sohn Julian (aus erster Ehe) ein. Und dort wird Lennon 1980 von Mark David Chapman, besessen von Salingers Roman „Der Fänger im Roggen“, erschossen.


Am Donnerstag um 19:30 Uhr wird mal wieder ein neuer Film im Cinema gezeigt...

Trompetenfilm aus Serbien: Gucha
23. August 2007

Der zumindest mir unbekannte Regisseur Dušan Milic liefert hier eine, dem Trailer nach zu schließen, unterhaltsame die in Serbien spielt. Die Handlung ist kurz erzählt: Juliana (Aleksandra Manasijevic) ist die Tochter des beliebtesten Trompeters Serbiens, genannt „Satchmo“ (Mladen Nelevic). Sie verliebt sich ausgerechnet in Romeo (Marko Markovic), der die Trompete in einem konkurrierenden Roma-Orchester spielt. Der Chauvinist Satchmo tut alles, um die Beziehung zu verhindern. Nur zu einem Zugeständnis lässt er sich hinreißen: Wenn er ihn bei der Weltmeisterschaft der Blechbläser in Guca besiegt, darf Romeo mit Juliana zusammen sein. Der Trailer sah sehr ansprechend aus und auch die „folkloristische“ Blasmusik fand ich ziemlich gelungen, sodass ich sagen würde hingehen und anschauen. Als kleine Anektdote am Rande: Das Dorf nach dem der Film benannt ist ist seit 1961 Veranstaltungsort eines der bekanntesten Brass-Festivals auf dem Balkan. Wer also die Musik gefällt und noch Lust hat im August zu verreisen, den weise ich auf diese mit Sicherheit amüsante Veranstaltung hin.


Schwedisch für Fortgeschrittene – eine Hand breit Wasser unterm Kiel
14. August 2007

Du magst Fjäll-Räven-Kastenrucksäcke, du liebst ABBA, du bist einer dieser nervigen Fahrradtouristen, du kommst mit Mücken klar und überhaupt findest du jeden Mist aus Schweden gut? Auf in die Volkshochschule zu „Schwedisch für Fortgeschrittene“ – wann auch immer das ist. Im Cinema gibt es das jetzt jedenfalls auch! Das dänische und das schwedische Kino haben sich, vor allem in der länger zurückliegenden Vergangenheit, immer mal wieder abgelöst, was Popularität und Anspruch anging – während die Norweger mit gutem Willen vor sich hin dümpelten. Tendenz Überholspur hatten dabei zuletzt eher die Dänen, dank Dogma und „Männerfilmen“ à la „In China essen sie Hunde“. Aber auch Wallander-Land hatte, manchmal im Fahrwasser des giftigen kleinen Nachbarn, einiges zu bieten.


Stranger Than Fiction – Das Buch ist immer besser?
24. Juli 2007

Wer sich mit Filmtheorie auseinandersetzt, der kommt nur selten an Literaturtheorie vorbei. Manche hassen – ich liebe – es! Das Verhältnis zwischen Film und Buch, zwischen Bild und Text könnte kaum interessanter sein. Nein, ich meine jetzt nicht die Diskussionen irgendwelcher Schnarchnasen mit prinzipiellen, meist völlig banal und unsinnig begründeten Hollywood-Hass, die über einen fast schon eingebauten Automatismus verfügen, der auf Knopfdruck „Das Buch ist aber viel besser!“ von den Lippen fliegen lässt.


Golzow 280 km – Das Leben der Anderen
8. Juli 2007

Ich liebe die Autobahn. Ich fahre gerne schnell, und ich interessiere mich meistens einen Scheiß für das, was bei Minimum 150 km/h am Fenster vorbeifliegt. Gibt es keine Autobahn, dann fährt man oft durch Landstriche, bei denen man sich denkt – naja, lieber doch ganz tot als hier lebendig begraben. 280 km sind es von Göttingen nach Golzow im Oderbruch. Nicht komplett Autobahn. Leider. Wenn ich nachts von meiner letzten Schicht im Krematorium nach Hause komme, dann falle ich meist mit tauben Beinen ins Bett. Ich schaffe es mit letzten Kräften die Fernbedienung in die Hand zu nehmen und den Fernseher, das einzige Objekt in meinem grün gekachelten Zimmer, in Gang zu setzen. Das Nachtprogramm ist für Schlaflose wie mich so eine Sache für sich.