Bundesweit fanden am 28. Mai Großdemonstrationen gegen Atomkraft statt, zu der Anti-Atom- und Umweltschutzaktivist_innen aufgerufen hatten. Auch in Göttingen fand vom Bahnhof bis zur Stadthalle eine Demonstration statt, an der knapp 3000 Atomkraftgegner_innen aus Südniedersachsen und Nordhessen teilnahmen und den sofortigen Ausstieg aus der Atomkraft forderten.

Die Route war lang, und da die Zahl der Demonstrierenden groß war, bot sich ein eindrucksvolles Bild eines bunten, sehr langen Zugs. Neben Familien und Einzelpersonen waren auch zahlreiche Anti-Atom- und Friedens-Aktivist_innen, Mitglieder von Parteien, Gewerkschaften und auch die Antifa vertreten. Anspruchsvoll lang war auch die Route, die gegangen wurde: Es dauerte schließlich mehr als zwei Stunden, bis die Stadthalle erreicht war. Los ging es am Bahnhof, wo bereits im Vorfeld ein musikalisches Programm geboten wurde. Für diejenigen, die dann pünktlich um „fünf vor zwölf“ zur eröffnenden Kundgebung der Demonstration dazukamen, gab es auf dem völlig gefüllten Bahnhofsvorplatz schon kein Durchkommen mehr. In Redebeiträgen wurde auch auf den Strombedarf der Bahn hingewiesen, der auch zu einem erheblichen Teil aus Atomkraftwerken gedeckt wird.

Vor der von Polizei gut gesicherten Göttinger Zentrale der E.ON Mitte AG wurde auf die Rolle der Stromkonzerne und die Verpflechtungen mit der lokalen Versorgungsstruktur – insbesondere den Stadtwerken – aufmerksam gemacht. Die Demonstration bewegte sich dann durch die Güterbahnhofstraße hin zum Weender Tor. Dort redete der emeritierte Professor Rolf Bertram zur Verantwortung der Wissenschaft bei der Frage der Energieversorgung. Auf der Kreuzung gab es auch ein kurzes gemeinsames Hinsetzen als „Vorbereitung“ für Protestaktionen am Atomkraftwerk Brokdorf. Pünklich, als dann die Traktoren wieder angeworfen wurden, standen aber alle wieder auf. Vor der Deutschen Bank – „eines der verstrahltesten Kreditinstitute in Deutschland“ – wurde in einem weiteren Redebeitrag auf die Rolle der Finanzwirtschaft hingewiesen, deren Interesse auf den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken gerichtet sei.

Anschließend ging es zur Abschlusskundgebung auf dem Albaniplatz vor der Stadthalle. Umrahmt von weiterem Musikprogramm sprach dort der Politikwissenschaftler Elmar Altvater zu politischen Bestrebungen, aus der Atomkraft auszusteigen. Er zeichnete ein pessimistisches Bild: Unglaubwürdig seien die aktuellen Bestrebungen der Politik, auch seien beim aktuellen Szenario eines Ausstiegs 2022 „elf Jahre verschenkt“. Anderen Ländern diagnostizierte er ein „Fukushima-Syndrom“ eigentümlicher Art: So sei von Ländern wie Südkorea, China und den USA wohl eher zu erwarten, dass sie weiter Atomkraft-Technologie exportieren. Damit würde die Zahl der Atomkraftwerke, die weltweit in Betrieb sind, eher noch ansteigen. Die deutsche Politik werde aus „Machtinteresse“ weiter Verbündete der Energieindustrie bleiben.

Zwischen Musikbühne, Ökostrom-Werbestand und Biolebensmittel-Marktstand ging dann am Nachmittag die Veranstaltung zuende, die nach Angaben der mitveranstaltenden Anti-Atom-Initiative Göttingen die „größte Anti-Atomkraft-Demonstration in der Geschichte Göttingens“ war.

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Fotos: Rakete und Harvey