Protest gegen GVZ III

Die Wutbürger vom Leineberg
von am 20. April 2011 veröffentlicht in Soziale Bewegungen, Titelstory

Zwischen Göttingen und Rosdorf soll Göttingens drittes Güterverkehrszentrum gebaut werden. Das hat der Rat der Stadt im März beschlossen. Unter den AnwohnerInnen des Gebietes regt sich jetzt Protest gegen die Pläne. Eine Bürgerinitiative hat sich in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Wolfgang Meyer gewendet und beklagt auch, nicht in die Planungen mit einbezogen worden zu sein.

Bürgerinitiative Leineberg 21 steht unter der Stellungnahme zu den Plänen der Stadt, ein Güterverkehrszentrum (GVZ) am Siekanger zu errichten. Provisorisch wurde die 21 durchgestrichen, denn den Vergleich mit den Protesten gegen das Bahnhofprojekt Stuttgart 21 möchte man dann wohl doch nicht ziehen. Dabei gibt es Parallelen. Wie auch in Stuttgart fühlen sich einige BewohnerInnen des Leinebergs von den Stadtplanern hintergangen und nicht mit in die Planungen einbezogen.

„Es ist in der Presse schon vor vielen Jahren mitgeteilt worden. Aber das ist ja keine Beteiligung“, sagt Irene Schierwater von der Initiative. „Welcher Bürger liest schon regelmäßig das Amtsblatt oder die Bebauungspläne?“ Die BürgerInnen sollten frühzeitig in Planungen, die sie betreffen, mit einbezogen werden. „Bloß das ist nicht passiert“, bemängelt sie.

Das Güterverkehrszentrum III „soll das regionale Logistikkonzept durch ein nachfragegerechtes Flächenangebot ergänzen, darüber hinaus Ladevorgänge von LKW zu LKW ermöglichen und die räumlichen Vorraussetzungen für Zwischenlagerung und Fertigung in entsprechenden Hallen schaffen. Die Fläche soll über einen Gleisanschluss an das Schienennetz der DB-AG angebunden werden, um auch Transportleistungen über die Schiene zu ermöglichen.“ (Ratsbeschluß vom 21. März 2011). Der Rat hat zunächst die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung damit beauftragt, das Gelände zu erschließen. Ein interessierter Betreiber der Anlage ist bislang noch nicht gefunden worden. Es ist umstritten, ob überhaupt Bedarf für ein solches Zentrum besteht.

Als Nachbarn und damit direkte Betroffene hätten die engagierten Viertelbewohner gerne ein Wörtchen bei der Planung mitgeredet. Argumente gegen den Bau des Zentrums, auf dem Güter von der Schiene auf die Straße umgeladen werden sollen und umgekehrt, haben sie einige.

Die Pläne der Stadt, im Herbst mit den Bauarbeiten zu beginnen, lösen Ängste in dem Stadtviertel aus. „Wir fürchten erstmal, dass 24 Stunden am Tag Lärm und Licht da sind, das ist ja immer beleuchtet“, sagt Schierwater. Auch die Schadstoffbelastung macht ihr Sorgen. „Einige Asthmatiker haben heute schon Probleme durch die Emissionen der Bahn“, berichtet die engagierte Bürgerin. „Wir wissen nicht, was da auf uns zu kommt.“

Insbesondere der erwartete Lärm macht der Bürgerinitiative Sorgen. Zwar ist der Lärmpegel für die geplanten Anlagen von der Stadt begrenzt worden, um die Anwohner zu schonen. Die bemängeln aber jetzt, dass die Lautstärke falsch gemessen werde. Herangezogen werden Durchschnittswerte, nicht etwa die Belastung zu Spitzenzeiten. „Wenn man diesen Durchschnitt errechnet, kommt man auf ganz andere Werte, als wenn man die Lärmbelästigung zu den Stoßzeiten berechnen würde“, kritisiert Schierwater.

Ohnehin ist es nicht gerade leise auf dem Leineberg. Schnellzüge und Güterverkehr poltern ständig direkt am Viertel vorbei. Bei Westwind hören die AnwohnerInnen die Autobahn rauschen. Diese Lärmemissionen werden allerdings jeweils einzeln gemessen und bewertet. Die Gesamtlautstärke hat also keine Relevanz. „Das alles zusammen genommen wäre eine Lärmbelästigung, die weit die Werte überschreitet“, sagt Schierwater.

Die Liste der Kritik an dem Bauvorhaben ist allerdings noch viel länger. Die geplante Ausgleichsfläche zum Beispiel stellt die Bürgerinitiative nicht zufrieden. Sie prognostiziert eine deutliche „Einschränkung der Erholungsmöglichkeiten für Leineberger, Rosdorfer und Groner“. Zudem werden Bodeninstabilitäten befürchtet, sollte das Zentrum gebaut werden. Bereits jetzt gebe es auf dem Leineberg viele Risse in den Gebäuden. Auch wird auch die Vernachlässigung des Umweltschutzes beklagt, da durch die Emissionen des Güterverkehrszentrums Tiere vertrieben werden könnten.


Vorne: das Gelände des künftigen GVZ III. Hinten: der Leineberg.

Dass die Fraktionen im Rat diese Einwände nicht beachtet haben, sorgt für Unverständnis auf dem Leineberg. „Wir sind schon sehr, sehr überrascht, dass die Grünen und die SPD dafür gestimmt haben“, sagt Irene Schierwater. „Dass eine grüne Partei, die sich im besonderen Maße der Umwelt verpflichtet fühlt, da sang und klanglos zustimmt, ist uns unbegreiflich.“

Grüne wollen „Kultur der Bürgerbeteiligung“

Für den Bau des GVZs stimmte neben SPD und Grünen auch die FDP, dagegen waren Linkspartei und CDU. Nach der Kritik der Bürgerinitiative forderten die Grünen eine „Kultur der Bürgerbeteiligung“, also Mitsprache und der Beteiligung von Bürgern, nicht nur bei städtebaulichen Planungsprozessen. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen von der Umgestaltung von Straßen und der Genehmigung großer Gewerbeansiedlungen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft nur durch Zufall und zu spät erfahren, weil sie zufällig keinen Ortsrat haben und nur eine überregionale Zeitung im Abo“, sagte der baupolitische Sprecher der Fraktion, Ulrich Holefleisch. Seine Fraktion will in die Sitzung des städtischen Bauausschusses am 5. Mai zwei Anträge einbringen, in denen sie die Durchführung von Informationsveranstaltungen „schon im Stadium früher Projektskizzen“ einfordert.


Lageplan des GVZ III. Oben: Grone, rechts: der Leineberg (Bildquelle)

Am 2. Mai findet auf dem Leineberg ein Bürgerforum statt, bei dem auch das GVZ thematisiert werden soll. Dass es gebaut wird, ist trotzdem bereits beschlossene Sache. Deswegen kritisierte die CDU das Forum als „bloßen Verkündungstermin über vollendete Tatsachen.“ Eine echte Partizipation der Bürger, wie sie von so gerne von Rot-Grün beschworen werde, sehe anders aus, sagte der umweltpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Hans-Georg Scherer.

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2 Kommentare auf "Die Wutbürger vom Leineberg"

  1. Pommesdieb sagt:

    das erste gvz ist das beim galluspark, aber wo ist denn das zweite gvz?

  2. Rakete sagt:

    Das zweite GVZ ist noch nicht gebaut und wird eine Erweiterung zum GVZ I.

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