Nach Reaktorkatastrophe

500 gegen Atomkraft
von am 14. März 2011 veröffentlicht in featured

Aus Anlass der atomaren Katastrophe in Japan haben in Göttingen zwei Kundgebungen stattgefunden. Am Montag Nachmittag versammelten sich rund 500 Personen am Gänseliesel, um ihren Protest gegen Atomkraft auszudrücken und zogen im Anschluss als Demo durch die Stadt. Bereits am Samstag fanden sich an der selben Stelle etwa 30 Personen zusammen. Auch Parteien und Asta protestieren.

Es war erstaunlich voll am Gänseliesel. Etwa 500 Menschen (und damit doppelt so viele wie noch im vergangenen Herbst) folgten dem Aufruf des Anti-Atom-Plenum und versammelten sich um 17 Uhr zu der Kundgebung vor dem alten Rathaus. Sie kamen aus den verschiedensten politischen Zusammenhängen, aber auch besorgte Einzelne und Familien fanden sich ein.

Am Gänseliesel gab es zunächst Aufrufe und Stellungnahmen, die angesichts der Geschehnisse in Japan ein Ende der Atomkraft forderten. Neben den Anti-Atom-Aktivisten sprachen unter anderem auch Aktive aus dem Friedensbüro, die zugleich einen Appell gegen Atomwaffen richteten. Kommunalpolitiker wie Uli Holefleisch (Grüne) und Patrick Humke (neben seinem kommunalpolitischen Amt auch Landtagsabgeordneter der LINKEN) sprachen sich gegen Atomkraft und für kommunalpolitisches Engagement in diesem Sinne aus. So forderten sie, Einfluss auf die kommunalen Energieversorger wie die Stadtwerke zu nehmen.


Kundgebung am Montag um 17 Uhr

Nach den Redebeiträgen verabredete man spontan angesichts der großen Zahl Teilnehmer_innen, in einem Demonstrationszug weiter zu ziehen. Etwa 400 Menschen brachen dann mit Transparenten und einer Vielzahl Anti-Atom-Sonnen-Fahnen auf und zogen durch die Groner Straße zum Groner Tor. In der ersten Unschlüssigkeit, wie es weitergehen solle, besetzten viele Demonstrant_innen zunächst die Kreuzung.

Nach etwa einer Viertelstunde setzte sich der Zug dann die Berliner Straße hinunter in Bewegung. Am Weender Tor gab es erneut eine kurze Sitzblockade, bis dann der Zug durch die Weender Straße zurück zum Gänseliesel zog. Dort warteten bereits etwa 150 Menschen, die einem Aufruf zu einer Mahnwache um 18 Uhr gefolgt waren. Nach einigen Abschlussworten lösten sich Demo und Mahnwache dann auf.


Mahnwache am Abend nach dem Demonstrationszug

Bereits am Samstag Kundgebung

Schon am Samstagnachmittag hatten rund 30 Personen auf dem Göttinger Marktplatz die sofortige Abschaltung von Atomkraftwerken gefordert. Sie folgten einem Aufruf des Göttinger Anti Atom Plenums, das kurzfristig zu einer Mahnwache mobilisiert hatte. Darin heißt es, noch sei nicht klar, welche Ausmaße die Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima annehme. Es bleibe zu hoffen, „dass dieser Super-GAU nicht die Dimensionen der Katastrophe von Tschernobyl vor 25 Jahren annimmt“. Die Geschehnisse zeigten, dass die Gefahren der Atomkraft nicht beherrschbar seien. Die Katastrophe sei zwar durch das Erdbeben ausgelöst, aber durch Menschen verursacht worden. Eine Vertreterin des Friedensbüros bezeichnete es als „abscheuliche Lüge“, wenn Bundesgesundheitsminister Rösler sage, in Deutschland brauche niemand Angst zu haben. Sie wies auf die Folgen der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986 hin.


Mäßig besucht: die Kundgebung am Samstag

Grüne wollen EON den Stecker ziehen

Auch in der Göttinger Parteienlandschaft regt sich Protest. So forderten die Grünen die Verbraucher_innen auf, Stromverträge mit dem Versorger Eon zu kündigen. „Den Schritt von der Empörung zur Tat nimmt uns niemand ab: Angesichts der Katastrophe in Japan rufen wir alle GöttingerInnen auf, endlich zu einem Ökostromanbieter zu wechseln, um den Atomausstieg auch hierzulande zu beschleunigen“, sagte der Vorsitzende der Ratsgrünen, Rolf Becker. Der Konzern solle sein Geld in den Ausbau regenerativer Energien investieren. Die Fraktion werden die „vielfältigen vertraglichen Verstrickungen und Kapitalverflechtungen mit dem EON-Konzern“ entflechten, kündigte die energiepolitische Fraktionssprecherin Sabine Morgenroth an: „Vom Verkauf unserer EON-Aktien über die Rekommunalisierung der Stadtwerke bis hin zum Rückkauf der Netze werden wir alles zur Diskussion stellen.“

Die SPD-Fraktion will den Ausstieg aus der Atomenergie ebenfalls beschleunigen. „Wir werden hier in Göttingen weiterhin alles tun, um Einsparpotenziale zu nutzen und die energetische Sanierung von städtischen Gebäuden voranzutreiben, um die Unabhängigkeit von Atomstrom zu erreichen“, sagte Stadtverbandsvorsitzender Horst Reinert.

Solidarität mit japanischen Unis

Der Asta der Göttinger Uni hatte in einer ersten Amtshandlung ebenfalls zu den Protesten aufgerufen. Aufgrund vieler persönlicher Kontakte sorgten sich die Studierenden der Universität „insbesondere um die Angehörigen der Partneruniversitäten in Tokyo und Sendai“, heißt es in einer Mitteilung. „Der AStA der Universität Göttingen spricht allen Betroffenen und den Studierenden und Beschäftigten der beiden Partneruniversitäten unsere Solidarität aus“, so eine Asta-Sprecher*in.

Fotos: Kai Budler, Harvey. Text: Rakete, Harvey, Budler.

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