Fr. 04.03.: Mahnwache gegen Militärintervention in Libyen
von am 26. Februar 2011 veröffentlicht in Demonstration, Termine

Gegen eine in der Öffentlichkeit diskutierte Militärintervention in Libyen findet diesen Freitag eine Mahnwache am Gänseliesel statt. Die Mahnwache ist von 17 bis 19 Uhr.

Das Stadtmagazin goest hat die Mahnwache mit folgendem Text angekündigt:

Keine Militärintervention des Westens in Libyen! Kein zweites Afghanistan in Nah Ost! Mitbringen: Transparente, „gute Gedanken und gute Laune, trotzalledem und alledem! Leider überstürzen sich die Ereignisse und die Situation auch bezüglich drohender Intervention, getarnt als humanitäre Aktion und mit dem Türöffner Überflugverbot, wird immer brenzliger.“

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18 Kommentare auf "Fr. 04.03.: Mahnwache gegen Militärintervention in Libyen"

  1. Kokain sagt:

    Die vorliegenden Infos zu der Mahnwache sind leider recht dünn und dürfen hier gerne noch ergänzt werden.

  2. SolidaritätTutNot sagt:

    Es wird gemunkelt, dass es auch ne Kundgebung geben soll. Dem Vernehmen nach sind weitere Redebeiträge willkommen. Möglichst viele Teilnehmer_innen an der Mahnwache natürlich auch!

  3. la belle critique sagt:

    „Die Souveränität eines Landes ist etwas anderes als die Freiheit derer, die in ihm leben.“
    (Max Horkheimer)

  4. Die Mitte erobern! sagt:

    Wenn Gaddafi die Menschen in Lybien bombardiert, die Rebellen den Westen aufrufen, eine Flugverbotszone einzurichten und der Westen trotzdem nur redet, aber nicht handelt – dann macht sich der Westen noch schuldiger, als er es ohnehin schon ist!

    Für eine Flugverbotszone! Praktische Solidarität mit den Aufständischen in Lybien!

    „…und die größte Waffe der prügelnden Faschisten ist die Gewaltlosigkeit der frommen Pazifisten…“

  5. SolidaritätTutNot sagt:

    Seit 3-4 Tagen wird in den westlichen Medien verbreitet, „die Aufständischen“ würden eine Militärivention fordern. Es gibt tatsächlich die Stimmen einzelner Aufständiger (darunter übergelaufene Militärangehörige) die diese Intervention fordern. Der überwiegende Teil der Menschen in Libyen spricht sich jedoch verhement dagegen auszusprechen. Diese Menschen wissen aus schlechter Erfahrung, dass die Intervention letztlich nicht ihren Interesen dient, sondern lediglich die „Stabiltät“ der Verhältnisse garantieren soll. Quelle? Jede Menge O-Töne und Berichte. Wo zu finden? Z.B. Al-Jazeera englisch. Zum Obejektivitätsgehalt dieser Quelle gibts Artikel:
    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/34/34267/1.html
    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/34/34235/1.html
    Und wie siehts mit der Objektivität der deutschen Medien aus? Die berichten über die vorgebliche „Flüchtlingshilfe“ durch die Deutschen Kriegsschiffe und „vergessen“ zu erwähnen , dass seit zwei Wochen eine FRONTEX-Mission mit deutscher Beteiligung Flüchtlinge aktiv an der Flucht nach Nordafrika hindert.
    http://de.indymedia.org/2011/02/301530.shtml
    Die mörderische Interventionspolitik wurde in Kosovo, in Irak und auch in Afghanistan praktiziert. Schluss damit! Und wenn „die Mitte“ von rot-grün bis schwarz-gelb die „guten“ Rüstungs- und Anti-Flüchtlingsdeals mit den Regimes nicht so gut gepflegt hätte, gäbs heute weniger Probleme!
    Keine Militärintervention! Grenzen auf sofort!

  6. la belle critique sagt:

    @SolidaritätTutNot: Wie schaut denn eure Kritik an Gaddafi und seinem Ummasozialismus aus?

  7. SolidaritätTutNot sagt:

    @lbc: Ich zitier mal aus obem verlinkten Indymedia-Artikel
    „Die Gesellschaften, die jetzt breit vom Geist der Revolte erfasst worden sind, zeichneten sich in den vergangenen Jahrzehnten dadurch aus, dass die Unterdrückungsapparate sich in die Seelen der Menschen gefressen zu haben schienen:
    Über Politik wurde kaum noch gesprochen, da ja eh immer alles beim alten blieb und „unvorsichtige“ Äußerungen existenzbedrohende Repressionen nach sich zogen. Das laut vernehmliche „Wir haben die Schnauze von euch Herrschenden voll“ und der Mut mit dem Menschen ihre Forderungen nach „Brot, Freiheit und Würde“ jetzt auf die Straßen tragen, erinnert an die weltweiten, miteinander verbundenen Aufstände des Jahres 1968.
    Es wurde darauf hingewiesen, dass nicht nur an den Brennpunkten medialen Interesses wie Tunesien, Ägypten und Libyen die Menschen massenhaft ihre Angst und Lähmung überwinden, sondern auch im Jemen, im Iran, im Irak, in Bahrain, Gaza und Westbank, in Syrien, Marokko und Algerien, in China – und jetzt auch in Oman: allerorten riecht es nach Jasmin. Viele der Bilder, die die Menschen in Europa von den Verhältnissen im arabischen Raum hatten, sind mittlerweile ins Wanken geraten und zum Teil auch völlig über den Haufen geworden worden. Viele Frauen haben sich in der Revolte im öffentlichen Raum artikuliert. Es sind somit auch tiefgreifende Umwälzungsprozesse der patriarchalen Verhältnisse sichtbar geworden, die hierzulande kaum für möglich gehalten worden sind. Die mittlerweile gut eingeübte Reaktion, sich vor „dem Islam“ zu fürchten, wird bei vielen Menschen in Europa in Frage gestellt durch die Bilder und Informationen über die Vielstimmigkeit der Aufstände.“
    Es war übrigens ein trauriges Bild auf der anderthalbstündigen Mahnwache: (insgesamt!) ca. 26 Zuhörer_innen, 4 Redner_innen, und vier Leute die über ne Stunde laut pöbelten: ein agressiver Besoffener, ein Bild-Zeitungsparolenvertreter und 2 besoffene Jura-Studenten, von denen der eine der perfekte Gutti-Klon war.

  8. melvin sagt:

    es wäre denke ich für die mobilisierung der demonstranten gut, wenn insgesamt etwas mehr informiert werden würde – ob gödru, monsters, goest oder sonstwo ist letztlich nicht so wichtig. aber „Kokain“ hat schon recht, die infos sind spärlich. nicht mal auf dem olafa-blog (die haben das doch organisiert oder täusche ich mich?) stand was dazu.

    und wie man sieht ist das thema ja auch kontrovers, und daher diskussionswürdig. ich fände es ganz gut, im vorfeld zu wissen, welche argumente die veranstalter ins feld führen wollen, zumindest grob. erst vor ort zu erfahren, ob politisch differenzierte meinung vertreten werden oder nicht, und welche, ist nicht so motivierend.

    will damit nicht sagen, dass sofort alle redebeiträge vorab im netz stehen sollen. aber halt grundlegende infos. für viele ist das alles nicht so offenkundig wichtig wie etwa eine demo gegen nazis. ich denke es ist bei dem thema solidarität mit den nordafrikanischen staaten insgesamt notwendig mehr darüber zu reden, warum es für die linke ein wichtiges thema ist (oder sein sollte), und auch zu diskutieren, warum sich bisher so wenige dafür interessieren. dann finden sich hoffentlich demnächst auch mehr leute, die auf die straße gehen.

  9. SolidaritätTutNot sagt:

    @melvin Vielleicht liegt genau ein Problem darin, dass die Menschen hier glauben, sie würden zur „Solidarität mit Staaten“ aufgefordert. Es geht nicht um Solidarität „mit den nordafrikanischen Staaten“. Es geht um Solidarität mit den aufstehenden Menschen in autoritären Staaten. Die meisten von ihnen haben ihr Leben lang unter extrem beschissenen Bedingungen gelebt. Diese Bedingungen wurden von den korrupten Regimes in Kooperation mit den Wirtschaftsunternehmen und Staaten des Westens (auch RU + CN + …) „gestaltet“. Jetzt sind Millionen dieser weitgehend Entrechteten auf den Straßen unterwegs, um für grundlegende Rechte („Brot! Freiheit! Würde!) zu kämpfen. Und sie riskíeren dabei oftmals ihr Leben. Mich mit ihnen solidarisch zu zeigen, ist das erste, was ich als Linke_r tun kann. Welche praktischen Formen diese Solidarität annehmen kann, bleibt von uns gemeinsam zu entwickeln.

    Veranstalterin der Aktion war das Göttinger Friedensbündnis. Darin sind überwiegend Menschen aktiv, die sich schon seit 30-45 Jahren politisch engagieren (und nicht etwa „erst“ 30-45 Jahre alt sind). Das hat zur Konsequenz, dass sie – bislang – wenig Zugang zu Info-Kanälen haben, die heute stark genutzt werden. Trotzdem hat die Info über die Kundgebung bei Goest im Veranstaltungskalender 2 Tage vorher gestanden und einen Tag vorher auf Monsters. Warum geben Leute, die die Info über die Kundgebung hatten, diese nicht mündlich in der Politgruppe oder WG, per Anruf oder mail weiter?

    Es ist richtig, dass die Informationen über die Inhalte der Kundgebung spärlich waren – das fand ich auch schade. Aber das Leitmotto war bekannt: „Keine Militärintervention des Westens!“ Was hat Linke daran gehindert, auf den Marktplatz zu kommen, um sich selbst ein Bild zu machen, ob dort „differenzierte Positionen vertreten“ werden?

    Der Zwiespalt einerseits zwischen der Ohnmacht, die das mit brutaler Waffengewalt gegen die Aufständischen vorgehende Regime hervorruft, und unserem Wunsch, den Menschen in Lebensgefahr beizustehen,und andererseits dem Wissen, um die fatalen Konsequenzen von Militärinterventionen (Kosovo, Irak, Afghanistan …) wurde übrigens auch von den Veranstalter_innen thematisiert. Mögliche Lösungsansätze: konsequent gegen Rüstungsgeschäfte mit diktatorischen Regimes zu mobilisieren. Dazu gehören auch die Geschäftspraktiken von Göttinger Betrieben und Forschungseinrichtungen. Und: dauerhaft die Kollaboration mit allen Regimes zu beenden. Und: Zur Verfügungstellen nicht-militärischer Logistik für die Aufständischen inklusive der aktiven Unterstützung von Fluchtbewegungen – auch nach Europa. Und: …

  10. Die Mitte erobern! sagt:

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,749259,00.html
    „Rebellenrat fordert Flugverbotszone über Libyen“

    @ SolidaritätTutNot: Das waren wohl doch eher nicht nur wenige…
    Oder lügt SpiegelOnline?

  11. melvin sagt:

    @Solidarität Tut Not:
    ja es geht nicht um solidarität mit den staaten, das war unbedacht formuliert.

    warum keine leute da waren: keine ahnung. ich denke, wie schon gesagt, dass es vielleicht zum einen etwas mehr vorlauf zeit braucht als 2 tage, um so eine ankündigung zu verbreiten. zweitens ist wie gesagt ein schlagwort wie „keine militärintervention“ sehr vage. und wie man schon im forum sehen kann auch streitbar. ich will hier gar nicht dafür oder dagegen argumentieren. aber mensch liest in der zeitung, dass rebellen militärische unterstützung fordern. das friedensbündnis hält das für propaganda. und so weiter… zumindest die grundlegenden posistionen könnte mensch ja im vorfeld mal schreiben, sodass irgendwie der argumentationsrahmen klar ist.

    natürlich kann ich das auch alles auf dem marktplatz erfahren. aber wenn die diskussion schon vorher in bestehenden medien losgetreten wird, kommen vielleicht einfach mehr leute…. könnt ich mir vorstellen.

  12. retmarut sagt:

    Libyen ist nicht gleichzusetzen mit Tunesien und Ägypten (und Jemen, Syrien, Algerien, Marokko …). In Tunesien und Ägypten gab es eine Volksbewegung (bestehend aus bürgerlichen, kleinbürgerlichen und proletarischen Kräften), die gegen die alten Kompradorenregime auf die Straße gegangen sind. Da läuft derzeit eine Revolution – ob sie letztlich erfolgreich sein wird, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen, die erste Etappe (nämlich Sturz der Regierung und Einrichtung eines Verfassungskonvents) war jedenfalls erfolgreich. In diesen beiden Staaten haben die unterdrückten Klassen mit ihren sozialen und politischen Forderungen den Takt vorgegeben, nicht die nationale Bourgeoisie und erst recht nicht die überraschten imperialistischen Staaten (allen voran USA, Frankreich, Deutschland und Italien), die Nordafrika bisher als stabilen Anker sahen.

    In Libyen verhält sich das hingegen anders. Dort wurde eine reaktionäre, monarchistische Bewegung ermuntert, sich gegen Gaddafi zu stellen und einen bewaffneten Bürgerkrieg anzufangen, wohl in der Hoffnung, die Gaddafi-Regierung sei geschwächt. Der „Westen“ unterstützt das gerne, kann aber derzeit nicht einfach so (z.B. mit Luftschlägen oder sea-land-Bombardements) unterstützend lospreschen, weil die Lage in Nordafrika/im arabischen Raum bei einer solchen offensichtlichen Intervention für sie völlig kippen könnte. Daher das bisher taktische Ausloten, was militärisch ginge und was nicht ginge.

    Wäre ich am Freitag in Göttingen gewesen, hätte ich an der Kundgebung teilgenommen, auch wenn ich die Position des Friedensbüros bzgl. der „Aufständischen“ (also der monarchistischen Rebellenarmee) in Libyen überhaupt nicht teile. Im Vordergrund der Kundgebung stand aber, dass hier gegen geplante Waffenlieferungen und Angriffskriege imperialistischer Staaten (insb. der Einsatz der hiesigen Bundeswehr) protestiert werden sollte. Ein solcher Militärschlag würde wie weiland in Jugoslawien, Irak oder Afghanistan doch nur dazu dienen, den jeweiligs niedergebombten Staat neokolonial unter den „westlichen“ Aasgeiern zu parzellieren.
    Und dass es der „westlichen Wertegemeinschaft“ nicht um eine Deeskalation und Beilegung des derzeitigen Bürgerkriegs in Libyen geht, zeigt ja schon das rüde Abwatschen der Friedensinitiative Venezuelas.

    Wie Fidel Castro schon vorausschauend am 22.02.2011 (!) schrieb:
    „Man kann mit Gaddafi einverstanden sein oder nicht. Die Welt ist mit allerart Nachrichten überflutet worden, vor allem über die Massenmedien. Man muss eine gewisse Zeit abwarten, um wirklich zu erkennen, was Wahrheit oder Lüge ist, oder eine Mischung aus all den Ereignissen, die in Libyen zu diesem Chaos führten. Was für mich absolut klar ist, ist, dass es der Regierung der Vereinigten Staaten überhaupt nicht am Frieden in Libyen gelegen ist und sie nicht zögern wird, der NATO den Befehl zur Invasion in dieses reiche Landes zu geben, sei es in einigen Stunden oder in den nächsten Tagen.“

    Als Lektürehinweise:
    gfp: Die Fahne der Abhängigkeit:
    https://www.secarts.org/journal/index.php?show=article&id=1216&&lang=de
    Sepp Aigner: Libyen: Über den kleinen Unterschied:
    http://kritische-massen.over-blog.de/article-libyen-uber-den-kleinen-unterschied-68251654-comments.html#anchorComment
    Fidel Castro: Unvermeidlicher Krieg:
    http://www.jungewelt.de/2011/03-05/052.php

    Telesur berichtet mit eigenen Reportern direkt aus Tripolis, was das einseitige Bild in den deutschen Fernsehnachrichten zumindest ergänzt. (Für alle, die spanisch verstehen.)

  13. SolidaritätTutNot sagt:

    @dieMitteerobern: Ob Spiegel-Online lügt, fragst du. SPON ist halt ein Teil der Medienindustrie, die nach bestimmten Prinzipien funktioniert. Agenturmeldungen werden „abgearbeitet“, die Stimmen von Betroffenen kommen meist gar nicht oder in Halbsätzen zu Wort. Der „Nationalrat“ ist von einem Teil der Aufständischen gemeinsam mit Repräsentanten des alten Regimes gebildet worden. Dieser „Nationalrat“ tritt äußerst medienwirksam auf und so werden seine Verlautbarungen weltweit aufgegriffen. Wessen Interessen dieser Nationalrat vertritt, ist daher kritisch zu hinterfragen. Er spricht im Namen „des Volkes“, aber das macht jedes deutsche Gericht in seiner Urteilsverkündung auch.
    Es gibt einige Blogs, in denen diesem „Nationalrat“ die Legitimität abgesprochen wird. Er scheint jedenfalls nicht „die Aufständischen“ als Ganzes zu vertreten, sondern sich das anzumaßen, auch um für westliche Kooperationspartner nach einem Fall des Regimes in Position zu stehen und die „guten Geschäfte“ Libyens mit dem Westen (und anderen) fortsetzen zu können. Genaueres über diesen „Nationalrat“ und sein reales Verhältnis zu den Aufständischen bleibt noch aufzuklären.
    Nichtsdestotrotz SCHEINT es so zu sein, dass in Libyen mindestens von einzelnen eine Flugverbotszone gefordert wird. Selbst WENNdiese Forderung erhoben wird, ist sie in den Blogs und Tweets immer unterlegt mit dem Zusatz: aber keine militärsiche Invasion! Es gibt auch Stimmen „pro-NoFly-Zone“, die sagen: aber nur durch die Arabische Union, nicht durch die NATO.
    Selbst US-Verteidigungsminister Gates verweist darauf, dass eine NoFly-Zone eine „militärische Invasion“ sei, denn anders als mit einem Kriegsakt ließen sich die lybischen Armeeflugzeuge nicht am Boden halten (bei SPON nachzulesen).
    Ich finde nicht, dass nachdem von einigen – hier medial verbreiteten – libyschen Stimmen eine NoFly-Zone gefordert wurde, diese in den Forderungskatalog der Linken aufgenommen werden sollte. Es gibt zu viele Gründe dagegen. In erster Linie die tausende ermordeten schiitischen Iraker. Die von der Nato im Anschluss an den 2. Golfkrieg 1991durchgesetzte NoFly-Zone im Südirak hinderte Saddam Husseyn nicht daran, diese Menschen mit Bodentruppen zu jagen und niedermetzeln zu lassen. Diese Menschen hatten geglaubt, die Nato würde nicht kurz vor Bagdad halt machen und Saddam aus dem Amt jagen, woraufhin sie ihre Chance zum Aufstand gegen den Dikatator sahen. Diesen Glauben haben viele mit dem Leben bezahlt – trotz NoFly-Zone.
    Seit wann schützen institutionalisierte Armeen die Interessen der überwiegenden Zahl von Menschen und nicht nur die von Eliten???
    Sollte es wirklich um die Hilfe für die Menschen gehen, wäre eine massive Unterstützung mit humanitären Gütern möglich und nicht diese Kleckereien, die zur Zeit als „großangelegte Hilfeaktion des Westens“ medial verkauft werden. Auch könnten Menschen per Schiff und Großflugzeug aus den „Kriegszonen“ herausgeholt werden, doch das blieb ja den Staatsangehörigen einzelner Länder vorbehalten. Menschen anderer Nationalitäten werden – wenn überhaupt – lediglich „regional“ umverteilt.
    Und auch FRONTEX mischt weiter mit in der Flüchtlingsbekämpfung vor Ort …

    @melvin: Ich hoffe die Leute vom Friedensbüro werden nächstes Mal besser mobilisieren.

    @retmarut: Ich finde deine Aussagen über den vorgeblichen „Charakter“ des Aufstands in Libyen mindestens fragwürdig wenn nicht falsch. Teile der Aufstandsbewegung dort mögen reaktionär sein – siehe oben Kritik am „Nationalrat“ – aber so rufst du zur De-Solidarisierung mit Menschen auf, die sich gegen einen Gewaltherrscher auflehnen. Auch in Libyen sind derzeit anscheinend Menschen dabei, lokale Komitees zu bilden, um ihr Leben in Selbstverwaltung zu organisieren. Wie sich das Verhältnis dieser Gruppen zu den übergelaufenen Armeebestandteilen entwickelt, welche Rolle Frauen in den Komitees spielen, all das ist derzeit unklar. Die gesamte Revolte aber reaktionär und monarchistisch zu diffamieren ist extrem schräg, auch wenn sie in der Breite nicht den emanzipatorischen Charaketr zu haben scheint, wie die Revolten in Ägypten und Tunesien.
    Dass auch die libysche Gesellschaft in Teilen rassistisch ist und schwarzafrikanische Migrant_innen auch hier wieder verfolgt werden ist zum Kotzen. Aber wir wissen zu wenig, um für diese Verbrechen die Bewegung der Aufständischen als ganzes verantwortlich zu machen.
    Zu deine Bezugnahme auf Fidel Castro mit seinem lapidaren „man kann mit Gaddafi einverstanden sein oder nicht“ – Ich kann weder Diktatoren wie Gaddafi noch mit Herrscherfiguren wie Castro einverstanden sein. Und es ist traurig, aber auch bezeichnend für Castro, dass er das so für beliebig erklärt. Ansonsten hat er mit dem, was er über die Interventionsbereitschaft der USA sagt, recht.

    Das in dieser Antwort das Wort „scheint“ so oft auftaucht hat, drückt aus, dass wir über die Aufständischen in Libyen so wenig wissen. Aber wir können verdammt viel wissen über die Geschäftspraktiken deutscher Rüstungs- ud Technologiekonzerne und die Deals der Bundesregierungen mit dem libyschen und den anderen Regimes. Und wir sollten ein Augenmerk darauf richten, dass nicht im Windschatten der Ereignisse in Libyen ein Rollback in Tunesien oder Ägypten oder anderswo geschieht.

  14. retmarut sagt:

    @ SolidaritätTutNot:
    „aber so rufst du zur De-Solidarisierung mit Menschen auf, die sich gegen einen Gewaltherrscher auflehnen“
    Nein, ich rufe zur Solidarität mit der liybischen Nation und Gesellschaft auf, eben gegen die Abschaffung der dort erkämpften sozialen und demokratischen Errungenschaften, gegen die Zerstückelung des Landes, gegen eine militärische Intervention der Monopolkapitale des „westlichen“ Auslands, gegen einen Ausverkauf des nationalisierten libyschen Eigentums an Produktionsmitteln.
    Es geht bei alldem auch gar nicht um Gaddafi oder einzelne Köpfe, sondern um den Gehalt dieses Staates und die Frage, ob die imperialistischen Staaten hier in Kooperation mit den monarchistischen „Rebellen“ einen Rollback in Nordafrika starten können. Und das wäre doch auch auf die Entwicklung der Revolutionen in Tunesien, Ägypten etc. ein offener Angriff, um diese abzuwürgen. (Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass Deutschland, USA, Frankreich besonders glücklich über den Verlauf der Revolutionen in Ägypten und Tunesien seien. Die versuchen dort derzeit die Proteste in ihnen jeweils genehme Bahnen zu lenken, mit mehr oder weniger Erfolg.)

    „Die gesamte Revolte aber reaktionär und monarchistisch zu diffamieren ist extrem schräg“
    Alle wesentlichen Kräfte der „Rebellen“ beziehen sich ganz direkt auf die libysche Monarchie. Sowohl die Aufständischen als auch der „Nationalrat“ oder das sog. „Libyan Youth Movement“ treten beispielsweise alle unter der monarchistischen Flagge auf, also nicht unter republikanischen Vorzeichen. Bei denen geht es nicht um „emanzipatorische Forderungen“ (so wenig wie es den Warlords in Afghanistan um „emanzipatorische Forderungen“ geht), sondern lediglich um einen Griff nach den Fleischtöpfen (sprich in Libyen: Zugriff auf die Ölquellen), die dann an kapitalistische Unternehmen des Auslands verkauft/verpachtet werden.

    Und noch kurz zu den „Flugverbotszonen“:
    „Flugverbotszonen“ heisst, dass die Lufthoheit über Libyen erkämpft werden muss. Das heisst konkret Bombardierung der gut ausgebauten Flugabwehrstellungen sowie Kampf gegen die libysche Luftwaffe, die weiterhin zum übergroßen Teil hinter der derzeitigen Regierung steht. Wer also für eine „Flugverbotszone“ eintritt, macht sich damit für einen Kriegseinsatz gegen Libyen stark. Und wie „chirurgische Schläge“ eines solchen aus der Luft geführten Krieges aussehen, haben wir zur Genüge in Jugoslawien, Irak und Afghanistan gesehen, wo Kraftwerke, Brücken, Fabriken, Transportwege, aber auch Wohngebiete systematisch zerstört wurden. Die „Rebellen“ dürfen bei dieser ganzen Veranstaltung dann (wie damals die UCK oder die „Nordallianz“) am Boden die Handlanger der eigentlichen Kriegspartei mimen.

  15. Fleischlego sagt:

    retmarut:
    Schieb dir deine Solidarität mit der „liybischen Nation“ (SIC!!!) dahin wo die Sonne nicht scheint.

    Seit wann ist Lybien eigentlich Naher Osten?
    http://de.wikipedia.org/wiki/Naher_Osten

  16. retmarut sagt:

    @ Fleischlego:
    Vielen Dank für den fundierten und niveauvollen Beitrag. 😉
    Ich sprach übrigens von Nordafrika, nicht vom Nahen Osten; letzterer Begriff taucht in meinem Kommentar folgerichtig auch nirgends auf. Vielleicht vorher den Kommentar lesen und dann erst kritisieren.
    Und natürlich trete ich dafür ein, dass die libysche (sic!) Nation nicht in tribale Einzelteile zerspringt, also nicht wieder in vorbürgerliche Zeiten zurückfällt. Die nationale Unabhängigkeit 1951 (es war in Afrika die erste seit 1945 und damit Vorläufer der breiten Entkolonialisierungsbewegung!) kann meiner Ansicht nach nicht hoch genug bewertet werden, zumal diese nach 1969 (nach dem Sturz des Königs) auch eine klar antiimperialistische Ausrichtung erhielt.

  17. SolidaritätTutNot sagt:

    @retmarut: Ich frage mich, woher du die Sicherheit nimmst, Behauptungen aufzustellen wie: „Alle wesentlichen Kräfte der „Rebellen“ beziehen sich ganz direkt auf die libysche Monarchie“ um dann als Beleg „beispielsweise“ diese und jene Gruppe anzuführen. Die von dir angeführten Beispiele verweisen auf Gruppierungen mit großen Fähigkeiten zur medialen Selbstinszenierung (siehe oben). Aber repräsentieren sie die libysche Aufständischenbewegung in ihrer Breite oder versuchen sie sich an „deren Spitze“ zu setzen??? Vielleicht besteht die „Bewegung“ ja aus sehr unterschiedlichen „Bewegungen“? Skepsis ist bei den Selbstdarstellungen angesagt – wie auch bei allen anderen medialen Inszenierungen. Wichtig scheint mir das Suchen nach „Zwischentönen“, die vielleicht grade extrem an den Rand gedrückt werden.

    In diesem Zusammenhang ein Hinweis auf eine Veranstaltung, die am nächsten Sonntag, dem 13. Februar, stattfindet. Im „Buchladen Rote Straße“ am Nikolaikirchhof findet um 20.00 Uhr eine Veranstaltung über die Revolten in Nordafrika statt:

    Zitat:
    Foto-Vortrag und Diskussion mit Helmut Dietrich
    MAGHREB: AUFSTÄNDE AUS DEM ALLTAG // POLITIK GEGEN FLÜCHTLINGE

    Der Referent hat in den letzten Jahren in Tunesien und Algerien gelebt und recherchiert.

    In seinem Vortrag wird Helmut über die Hintergründe der soziale Kämpfe berichten.
    Die sozialen Revolutionen haben eine Vorgeschichte, die hier weitgehend unbekannt ist
    und sich nicht nur auf der Verbreitung von Internet und Facebook fusst.
    Der zweite Schwerpunkt der Veranstaltung soll auf der Bedeutung der Migration für die
    Zirkulation von Wissen und auf der aktuellen Politik gegen Flüchtlinge im Mittelmeerraum liegen.

    Veranstalter: Aut, Buchladen Rote Strasse, Bündnis gegen Rassismus, Solidaritätsbündnis mit den revoltierenden Menschen

    /Zitat Ende

    Ob’s da näheres auch zu Libyen zu erfahren gibt, weiß ich nicht. Zur Einstimmung:
    http://www.materialien.org/worldwide/africa/maghreb/angst_weg.html

    @Fleischlego: Ich halte die „Solidarität mit der libyschen Nation“ ebenfalls für politisch verkehrt. Aber deine Art Kritik zu formulieren, finde ich nicht hilfreich.
    Trotz ziemlich unterschiedlicher Ausgangspunkte finde ich die Diskussion hier konstruktiv ausgerichtet – und es wäre schön, wenn sich auch weiterhin alle darum bemühen.

  18. retmarut sagt:

    @ SolidaritätTutNot: Wir stimmen vermutlich überein, dass bei den Aufständischen in Libyen der sog. „Nationalrat“ sowie die „Rebellenarmee“ („Freedom Fighters“) die wesentlichen Kräfte sind, die sowohl nach außen als auch in die eigene Bewegung hinein den Aufstand repräsentieren. Diese beiden Strukturen sind, daraus machen die ja keinen Hehl, auf die ehemalige libysche Monarchie orientiert. Sie sind, das ist ja nicht von der Hand zu weisen, derzeit die wesentlichen Akteure dieser Aufstandsbewegung.
    Als Beispiel für die vermeintliche Twitter-Jugend nannte ich außerdem das „Libyan Youth Movement“, weil das in den westlichen Medien immer wieder gerne zitiert wird; die haben ja auch einen ungewöhnlich großen Twitter-Output. Wer hinter denen steht (und wer die letztlich unterstützt), sei mal dahingestellt, aber auch diese sagen klar, dass sie sich auf die Monarchie berufen und es ihnen primär darum geht, dass Gaddafi stürzt. Weitergehende Forderungen (z.B. hinsichtlich der Beibehaltung der bisherigen Nationalisierungen oder hinsichtlich der bisherigen Republik oder ihrer sozialen Errungenschaften) finden sich dort nicht.

    An Infos aus Libyen fehlt es derzeit nun wahrlich nicht. Im Land sind unterschiedlich orientierte Fernsehteams, z.B. Al Jazeera, Telesur, westliche Medien dazu die – selbstverständlich gefärbten und geschönten – Berichte von beiden Bürgerkriegsparteien. Also wenn es zu einem Zeitpunkt in den letzten 20 Jahren viele Informationen aus Libyen gab, dann doch wohl aktuell.

    „Vielleicht besteht die „Bewegung“ ja aus sehr unterschiedlichen „Bewegungen“?“
    Klar besteht jede Bewegung aus verschiedenen Strömungen. Die Frage ist aber, welche Strömung und welche Klasse den Takt vorgibt und die Richtung der Bewegung bestimmt. In Ägypten beispielsweise ist die Bewegung auch breit und vielschichtig, dazu hat Malte Gebert ja kürzlich im T-Keller referiert. Dennoch haben in der ägyptischen Bewegung die unterdrückten Klassen und Zwischenschichten (Proletariat, städtisches Subproletariat, Kleinbürgertum) eindeutig die Richtung und die Aktionsformen bestimmt und eben nicht die eigene nationale Bourgeoisie. Letztere versucht jetzt, was vorher schon absehbar war, gemeinsam mit den Kräften des alten Kompradorenregimes zu paktieren und die Bewegung der Straße auszusitzen und durch den Verfassungsrat in ihrem Sinne zu kanalisieren. Ob dieser Plan aufgeht oder ob die Revolution in eine höhere Etappe übergeht, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten entscheiden.

    Zurück zu Libyen: In Libyen gibt es derzeit keinerlei wahrnehmbare republikanische Strömung in den Reihen der Aufständischen, dort gibt es auch keine irgendwie geartete proletarische Bewegung, die für soziale Rechte und ihre eigenen Klasseninteressen eintritt. Die Republikaner_innen sind stattdessen auf der Seite Gaddafis zu finden, die für den Erhalt des libyschen Staates und die grundsätzliche Beibehaltung von Nationalisierungen eintreten.
    Solltest Du andere Infos haben, dann bitte ich um entsprechende Linksetzung.

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