Zwangsarbeitenden-Ausstellung beschädigt
von Rakete am 6. April 2010 veröffentlicht in PolitikSechs Schnitte, die wahrscheinlich das vorzeitige Ende einer antifaschistischen Ausstellung im Foyer der Göttinger Staats- und Universitätsbibliothek bedeuten. Jeweils senkrecht haben Unbekannte die Aufstellungsaufsteller mutwillig zerschnitten,ein Bild von einem Deserteur wurde in zwei Hälften zerteilt. Die Ausstellung war den Opfern des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora im Harz gewidmet und in Kooperation mit dem Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte, der SUB und der Gedenkstätte Mittelbau-Dora errichtet worden.
Eigentlich sollte die Ausstellung noch bis zum 15. April in der Bibliothek stehen bleiben. Nun wird sie wahrscheinlich abgebrochen, sagte SUB-Sprecherin Silke Glitsch. Die Beschädigungen seien am Samstag entdeckt worden, der materielle Schaden nicht sehr hoch. Die Polizei nahm den Tatort am Dienstag Mittag in Augenschein, könne aber auch nichts machen. Weder konnten Fingerabdrücke gesichert werden noch gibt es an dieser Stelle Überwachungskameras. Insgesamt durchlaufen die SUB 4000 bis 5000 Menschen täglich, sagte Glitsch. „Wir haben Anzeige gegen Unbekannt gestellt.“ Die Aussichten auf Erfolg sind offensichtlich bescheiden.
Mutwillig beschädigt: das Bild des vorgeblichen „Landesverräters“ Ludwig Szymczak
Unbestätigten Informationen zu Folge soll es bereits in den Tagen zuvor Einträge von offensichtlichen Neonazis im Gästebuch der Ausstellung gegeben haben. Für Dienstag Nachmittag, 16 Uhr, rufen Mitarbeiter des Seminars für Neuere und Mittlere Geschichte „alle Studierenden und MitarbeiterInnen der Universität Göttingen“ auf, gegen die Beschädigung zu protestieren und die Ausstellung „angemessen zu verabschieden“. Treffpunkt ist um 16 Uhr vor der Bibliothek.
Pressemitteilung der Uni:
Ausstellung in SUB wird vorzeitig beendet – Veranstalter verurteilen den Vorfall
(pug) Über die Osterfeiertage wurden in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) sechs Ausstellungsposter der Sonderausstellung „Zwangsarbeit für den ,Endsieg‘ – Das KZ Mittelbau-Dora 1943-1945“ von bisher unbekannten Tätern durch Schnitte mutwillig beschädigt. Die Wanderausstellung wurde von der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora konzipiert und informiert anhand zahlreicher Dokumente, Fotos, Erinnerungen und weiterer Quellen über das Konzentrationslager im Südharz zwischen 1943 und 1945. Die Ausstellung im Foyer der SUB war für die Öffentlichkeit frei zugänglich und wurde in Kooperation mit dem Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Universität Göttingen gezeigt. Die SUB, das Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte und die KZ-Gedenkstätte verurteilen den Vorfall und unterstützen die Polizei bei der Aufklärung. Da die Schäden kurzfristig nicht zu reparieren sind, hat die KZ-Gedenkstätte entschieden, die Ausstellung jetzt vorzeitig zu beenden. Die am 12. Februar 2010 eröffnete Präsentation sollte bis zum 15. April 2010 gezeigt werden.
Ich hoffe die Ausstellung wird bald wiederholt. Mit einem zusätzlichen Plakat über die Beschädigung (um zu verdeutlichen, dass Nazis auch heute noch ein Problem darstellen). Ansonsten hätten die Nazis ihr Ziel einfach erreicht: Ende der Ausstellung.
Am Dienstagnachmittag nahmen etwa 120 Personen an einer Kundgebung auf dem campus der Göttinger Universität teil, zu der Mitarbeiter des Seminars für Mittlere und Neue Geschichte aufgerufen hatten, um die Ausstellung angemessen zu verabschieden.
Inzwischen wird auch auf der bekannten Naziseite Altermedia das Ende der Ausstellung gefeiert. .Woher der Wind weht ist also klar. Ich verzichte mal auf ne verlinkung dahin.
Seltsame Reaktion die Ausstellung frühzeitig zu beenden. Das ist ja schon fast Feigheit vor dem Feinde. Ich kann mir schwer vorstellen, dass dies im Sinne der Zwangsarbeiter wäre/ist.
ich zitiere mal aus einem morgen erscheinenden taz-Artikel:
„Ich glaube, es ist das richtige Zeichen, zu zeigen dass wir empört sind und die Ausstellung schließen“, sagte der Leiter der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Christian Wagner der taz. „Die Auseinandersetzung damit ist ja nicht beendet.“ Es wäre allerdings nicht mit der Würde der abgebildeten Menschen vereinbar gewesen, die Ausstellung so weiter zu zeigen, so Wagner.
Man muss die Ausstellung ja nicht in dieser Form weiterführen, zumindest eine Thematisierung der Beschädigung an selber Stelle für wäre aber mindestens angebracht. Betroffenheit und anschließender Rückzug ist leider ein schlechtes Mittel um Nazis zu bekämpfen.
finde das auch irritierend. demo, aufregung – und schnell weg?! sehr nachhaltig!
Ich denke ein entsprechender Platzhalter [aufgrund von Beschädigung durch Neonazis entfernt] hätte dem ganzen mehr Außenwirkung verliehen.