Hausdurchsuchung: Das sagt der Anwalt
von Rakete am 1. Februar 2010 veröffentlicht in Antirassistische Politik & Verfolgung, PolitikAm vergangenen Mittwoch durchsuchte die Göttinger Polizei ein von Linken bewohntes Haus in der Roten Straße. Seither wurde viel Kritik am Vorgehen der Polizei geübt, an einer Demonstration gegen die Durchsuchung beteiligten sich am Samstag 500 Menschen. Wir haben mit dem Rechtsanwalt der Bewohner*innen, Sven Adam, über seine juristische Einschätzung der polizeilichen Maßnahme gesprochen. Adam ist Mitglied im Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein und hat im Namen der Bewohner*innen bereits Beschwerde gegen die Durchsuchung vor dem Göttinger Amtsgericht eingelegt.
Herr Adam, als Grundlage für die Hausdurchsuchung wurde angeführt, zwei Hunde hätten eine Spur vom Kreishaus in die Rote Straße gefunden. Reicht das als Begründung aus, um eine Durchsuchung zu rechtfertigen?
Grundsätzlich kann natürlich die von einem Mantrailing-Hund aufgenommene Spur ein Indiz sein, welches zu weiteren Ermittlungen wie z.B. eine Wohnungsdurchsuchung führen kann. Ob dies hier tatsächlich ausreicht, kann ich erst beurteilen, wenn ich die Ermittlungsakten und die dem Gericht durch die Polizei gegebene Begründung für den Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses kenne. Die angebliche Aufnahme einer Geruchsspur nach 5 Tagen lassen hier aber erhebliche Zweifel aufkommen, da nach meiner Kenntnis Mantrailing-Hunde nicht so viel später eine Spur zielsicher aufnehmen können. Auf diese Hunde und ggf. eine Vorführung ihrer Fähigkeiten im gerichtlichen Verfahren bin ich jedenfalls sehr gespannt.
Die Ermittlungsverfahren gegen Ihre Mandant*innen wird damit gerechtfertigt, die Hunde hätten in deren Zimmern angeschlagen. Würden sie von einem „begründeten Tatverdacht“ sprechen?
Für eine Wohnungsdurchsuchung kann mitunter auch ein so genannter „Anfangsverdacht“ ausreichen. Ein solcher würde sicherlich vorliegen, wenn die Hunde zielsicher einer Spur bis zu einer bestimmten Räumlichkeit folgen konnten und dort „angeschlagen“ haben. Den Betroffenen wurde es aber verweigert, bei der Begehung des gesamten Hauses mit den Hunden überhaupt zugegen zu sein. Bisher entzieht es sich also meiner Kenntnis und der Kenntnis der Beschuldigten, ob überhaupt und wie die Hunde tatsächlich angeschlagen haben. Hier wird die Polizei in den Ermittlungsberichten Erklärungen liefern müssen.
In einem Raum waren Sie dabei, als ein Hund ihn durchschnüffelte. Hat er sie überzeugt?
Einer der Hunde wurde mit zwei Hundeführerinnen durch einen der Räume offenbar ein zweites Mal geschickt, als einer der Beschuldigten und ich bereits in dem Zimmer waren. Auf meine Frage, was dieser Hund hier solle und suche, wurden auch die mir bis dato aufgeschlossenen und offenbar zugeteilten Polizeibeamten sehr schweigsam. Der Hund hat das gesamte Zimmer „durchschnüffelt“ und nach meiner Auffassung auf nichts reagiert. Allerdings lasse ich mich gerne in der Geheimsprache zwischen den Hunden und den Hundeführern unterrichten, um dies abschließend beurteilen zu können. Bis jetzt hat mich der Hund jedenfalls von gar nichts überzeugt.
Wie werden Sie juristisch weiter vorgehen und wie sehen Sie Ihre Chancen auf Erfolg?
Ich habe bereits die Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss vor dem Amtsgericht Göttingen erhoben und gleichzeitig beantragt, die Rechtswidrigkeit der Art und Weise der Durchsuchung feststellen zu lassen. In diesem Verfahren müssen seitens der Polizei zunächst die Fähigkeiten der Hunde dargelegt werden. Zudem kann nicht sein, dass in der Strafprozessordnung Verfahrensrechte insbesondere hinsichtlich der Anwesenheit der Betroffenen bei Durchsuchungsmaßnahmen geregelt sind, diese aber nicht angewendet werden, wenn erst durch einen Hund bestimmt werden soll, welche Räumlichkeiten überhaupt durchsucht werden.
Die Betroffenen durften bei der Begehung mit den Hunden nicht anwesend sein. Es gibt bisher also lediglich die Schilderung der Polizei, welche Personen durch ein Anschlagen der Hunde nun zu Beschuldigten in einem Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion geworden sind. Einzig auf solche Schilderungen vertraue ich bereits aufgrund meiner Funktion als Strafverteidiger nicht. Inwieweit diese Rechtsmittel Erfolg haben werden, kann ich aber erst nach Akteneinsicht beurteilen.