Eröffnung des Beratungs- und Aktionszentrums (BAZ)
Kontakt zur Außenwelt
von Lola Rennt am 10. Mai 2014 veröffentlicht in Migration, TitelstorySchon der Eingang verrät, dass es sich nicht um eine gewöhnliches Integrationszentrum handelt.
Das Beratungs- und Aktionszentrum öffnet seine Pforten, um Geflüchteten im Lager Friedland zu helfen und das ab von staatlichen Beschränkungen und rassistischen Stereotypen. Wir haben uns bei der Eröffnung umgesehen.
Es ist ein manchmal regnerischer, windiger, aber überwiegend sonniger Tag im beschaulichen Friedland im Süden des Landkreis Göttingen. In einem unscheinbaren Haus in der zentralen Heimkehrerstraße eröffnet heute das Beratungs- und Aktionszentrums, kurz BAZ. Das Projekt richtet sich an Leute aus dem wenige Schritte entfernten Durchgangslager Friedland. Es ist eine Erstaufnahmestelle für viele geflüchtete Menschen. Da die Untergekommenen unter schwierigen, einem Lager entsprechenden, Umständen leben müssen, will das Zentrum Zugang zur „Außenwelt“, Beratung und offenen sozialen Raum bieten.
Dabei legen sie Wert auf den antirassistischen Anspruch des Projekts, der die Selbstorganisation der Geflüchteten unterstützt. „Das unterscheidet uns von vielen Wohlfahrtsverbänden“, so eine Sprecherin. Um politische Kampagnenarbeit soll es dabei zunächst nicht gehen. Die ausgesprochene staatliche Unabhängigkeit soll den Menschen Freiraum geben und sie befähigen, sich für ihre Interessen gegenüber dem deutschen Staat einzusetzen. Konkret bedeutet das z.B. die Klärung von Fragen des Asylverfahrens, die Vermittlung von Kontakt zu Anwälten, das Anbieten von Deutschkursen und kostenlosem Internetzugang.
Mit dem Angebot eines sozialen Raums geht es zur Eröffnung schon gut los. Auf dem Höhepunkt drängen sich gut 60 Leute in den Räumen und auf dem Hof. Es sind überwiegend weiße, deutsche Studierende anwesend. Doch auch einige, an die sich die Angebote richten, sind gekommen. Aus dem Stimmengewirr lassen sich neben Deutsch auch Kurdisch und Russisch heraushören. Ein Besucher freut sich besonders über den kostenlosen Internetzugang. „Es ist wichtig, den Menschen eine Möglichkeit zur Kommunikation mit Freunden und Bekannten zu ermöglichen“, ist er sich sicher. Ähnlich äußern sich noch viele andere der Anwesenden. Eine Besucherin ist zufällig durch das Göttinger Tageblatt aufmerksam geworden. „Ich bin von den Räumlichkeiten und den geplanten Projekten beeindruckt und möchte mich in Zukunft im Projekt engagieren“, sagt sie.
Gekommen sind auch Vertreter_innen verschiedener verwandter Organisationen, wie dem Niedersächsischen Flüchtlingsrat, fair bleib, des Integrationsrats und Pro-Aktiv. Ziel ist die Unterstützung des Projekts, praktisch und finanziell. „Wir freuen uns über die antirassistische Arbeit vor Ort“, so die Besucherin von Pro-Aktiv.
Zwischen Kaffee und Kuchen herrscht gelöste Stimmung, die die noch etwas karg wirkenden Räume mit Leben füllen. Auch die Mitarbeitenden zeigen sich in guter Stimmung und zufrieden. Bis hierher war es ein langer Weg, erläutert ein Sprecher bei einer kurzen Ansprache. Neben Finanz- und Motivationsproblemen war der Weg zur Eröffnung des BAZ auch von behördlichen Stolpersteinen geprägt. So gab es zunächst bei der Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins Probleme. „Die Behörden haben unterstellt, dass sich unter den Asylsuchenenden, die wir unterstützen wollen, ja auch Personen befinden könnten, die nur das Sozialsystem ausnutzen wollen“, so ein BAZ-Sprecher. Doch auch diese Hürde konnte genommen werden. Was dem BAZ jetzt noch fehlt ist Unterstützung verschiedenster Art, so der Sprecher weiter.
Gesucht werden Übersetzer_innen, Berater_innen und alle die Lust haben, das Café zu betreuen oder Kinder zu bespaßen. Auch unterschiedlichste Sachspenden, „von Kaffeedosen, über Bücher und Spiele bis hin zu Computern“, so der Sprecher, sind gern gesehen.
Bildergalerie