Polizeieinsatz abgebrochen

AktivistInnen verhindern Abschiebung
von am 10. April 2014 veröffentlicht in Migration, Titelstory

Blick aus dem Haus Neuer Weg 3. Vielen Dank für das Foto an LinksUnten

Bei einem Abschiebeversuch am Donnerstagmorgen kam es in Göttingen zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen PolizistInnen und AktivistInnen. Die AntirassistInnen hatten versucht, durch eine Blockade die Abschiebung eines Geflüchteten nach Italien zu verhindern. Die Beweis- und Festnahme Einheit der Polizei löste die Blockade brutal auf, mehrere AktivistInnen wurden verletzt. Trotzdem brach die Ausländerbehörde die Abschiebung letztlich ab.

Etwa 50 AktivistInnen haben sich am Donnerstagmorgen zur Verhinderung einer Abschiebung in der Göttinger Nordstadt zusammengefunden. Sie blockierten ab 6 Uhr die Eingangstür eines Mehrfamilienhauses und bildeten eine Sitzblockade im Treppenhaus. Weitere AktivistInnen verstellten die Haustür von Aussen. Ziel der AktivistInnen, war es eine Abschiebung zu verhindern, die einen im Haus ansässigen Flüchtling bedrohte. Dieser sollte im Rahmen des Dublin II Abkommens zurück nach Italien überführt werden.*

Nach etwa einer Stunde wurden die vor dem Haus versammelten Abschiebegegner von der Beweis- und Festnahme Einheit (BFE) der Polizei in Gewahrsam genommen und abtransportiert. Kurze Zeit später versuchten die Beamten der BFE erstmalig, in das Haus einzudringen. Nachdem es nicht gelang, die Haustür aufzustemmen, drangen mehrere Einsatzkräfte durch ein im Parterre gelegenes Kinderzimmer ins Haus ein.

Dann wurde es brutal: Noch während sie die AnktivistInnen zur Räumung des Treppenhauses aufforderten, begannen vier Beamte der BFE, an der Menschengruppe zu zerren und zu reissen. Nach wenigen Augenblicken schlugen die Beamten mehrfach mit den Fäusten auf die AbschiebegegnerInnen ein. Ironisch dabei: Während ein großgewachsener Polizist auf eine kleingewachsene DemonstrantIn in der dritten Reihe einschlug, lieferte sein Kollege der Einsatzleitung per Funk die Meldung, dass die Beamten mit Faustschlägen attackiert würden.

Auch ausserhalb des Hauses spielten sich krasse Szenen ab: Die Polizei warf regelrecht AktivistInnen aus dem geöffneten Par-Terre-Fenster. Die völlig erschöpften und teilweise bewusstlosen AktivistInnen wurden über Beton geschleift. Andere AktivistInnen holten Sanitäter herbei. Dabei entglitt die Situation der Polizei nochmals: Als eine Hundestaffel versuchte, die aussenstehenden AktivistInnen von den Verletzten wegzudrängen, wurden mehrere von Ihnen durch Hundebisse verletzt.

Eine Nachbarin, die die AktivistInnen mit Wasser versorgte, reagierte wütend: „Mit 4 Kötern zu einer Wohnung mit Kind“, dass sei „krankhaft“. Weitere Anwohner solidarisierten sich mit den AktivistInnen und halfen bei der Erstversorgung der Hundebisse, während andere das Geschehen aus dem Fenster beobachteten. Ein junger Flüchtling aus Afghanistan musste mehrfach nachfragen, bevor er glauben konnte, dass hier „deutsche“ AktivistInnen bei Auseinandersetzungen zum Bleiberecht verletzt wurden.

Insgesamt wurden bei dem Einsatz diverse AktivistInnen verletzt, doch auch Polizisten trugen sichtbare Blessuren davon. Eine Zeugin berichtet, mehrfach sein Polizeibeamte beim Abtransport von AbschiebegegnerInnen gestolpert. Teilweise seien „Beamte der BFE samt der von Ihnen getragenen Personen die Treppe hinuntergestürzt“.

Die geflüchtete Person scheint indes nicht abgeschoben worden zu sein. Zwar gelang es der Polizei, bis ca 8 Uhr die letzten AktivistInnen aus dem Gebäude zu tragen. Dann beendeten die Einsatzkräfte jedoch ihren Einsatz. Als sich kurze Zeit später vermutlich die geflüchtete Person am Fenster einer Wohnung zeigte, brannte spontaner Applaus der verbliebenen DemonstrantInnen auf. Detlef Johannson, Pressesprecher der Stadt Göttingen zufolge ist die Rückführung ausgesetzt. Was nun für Schritte folgen, wollte er nicht konkretisieren. Allerdings scheint es, als hätte die Aktion der UnterstützerInnen keine negativen Auswirkungen auf sein Verfahren: Zum jetzigen Zeitpunkt sei man der Ansicht, dass der Geflüchtete „den gegenwärtigen Status nicht zu verantworten“ habe.

* Auf Bitte der Betroffenen wird die Identität der von der Abschiebung bedrohten Person hier nicht weiter präzisiert.
Vielen Dank für das Titel Foto an linksunten

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Ein Kommentar auf "AktivistInnen verhindern Abschiebung"

  1. Zetkin sagt:

    Kleine Korrektur: Dublin II heißt mittlerweile Dublin III, ist aber immer noch genauso beschissen wie wie das Original: http://www.saechsischer-fluechtlingsrat.de/40.html

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