Kritik von Studierenden
Studentisches Wohnen – in Gefahr?
von Harvey am 26. Oktober 2012 veröffentlicht in Soziale Bewegungen, TitelstoryMit einer Pressemitteilung positionierte sich eine neu gegründete „Wohnrauminitiative“ vor wenigen Tagen gegen das Studentenwerk. Das baue Wohnheimplätze ab, gerade in kleineren Studentenwohnheimen und Häusern. Gegen die Vorwürfe wehrte sich das Studentenwerk jetzt und hielt Zahlen dagegen. Der Rückgang sei nicht nennenswert und gewiss keine Strategie.
Schließungen, Massenwohnheime, Einzelappartments
In der „Wohnrauminitiative Göttingen“ haben sich Studierende aus kleineren Wohnheimen zusammengetan. Sie warfen dem Studentenwerk vor, nur noch „Massenwohnheime zu bauen, um die Studierenden in Einzelapartments unterzubringen“. Belegt wurden die Vorwürfe mit Verweisen auf geschlossene kleinere Wohnheime und aufgelöste Gruppenwohnmöglichkeiten. Weiterhin wird ein grundsätzlicher Rückgang der Wohnheimplätze konstatiert – das Statistikportal der Stadt, GöSIS, weise von 2003 bis 2010 einen Rückgang der Wohnheimplätze um über 400 Plätze aus.
Mit diesen Vorwürfen konfrontiert wandte sich nun das Studentenwerk ebenfalls an die Presse. Hubert Merkel, Vorstandsvorsitzender des Studentenwerks, und der Geschäftsführer Jörg Magull relativierten vor allem Zahlenangaben der Wohnrauminitiative. Zwar gebe es in der Tat weniger Wohnheimplätze als noch vor einigen Jahren. Dennoch sei die Quote immer noch sehr gut und bundesweit überdurchschnittlich. So gebe es in Göttingen derzeit für 17 Prozent der Studierenden Wohnheimplätze – im bundesweiten Durchschnitt seien das lediglich 9 Prozent. Zudem sei Wohnraum, der nicht mehr vom Studentenwerk verwaltet wird, zu größeren Teilen nach wie vor Wohnraum, der auch immer noch – unter anderer Verwaltung – an Studierende vermietet werde.
Studentenwerk: Keine Schließungen
Angesprochen auf Wohnheime, bei denen die „Wohnrauminitiative“ konkret eine Gefährdung sah, versuchte das Studentenwerk zu beruhigen: So seien zur Zeit keine Wohnheime von Schließungen bedroht. Auf Nachfrage von GT-Redakteur Brakemeier räumten die Professoren Magull und Merkel allerdings ein, dass im Fall des Hauses in der Bürgerstraße 50 aufgrund der alten Bausubstanz in den kommenden Jahren eine Grundsatzentscheidung anstünde: Es müsse geprüft werden, ob eine notwendige weitgehende Sanierung wirtschaftlich sinnvoll sei.
In Bezug auf vergangene Schließungen seien von der Initiative Objekte aufgezählt worden, die niemals dem Studentenwerk gehört haben und auch nie vom Studentenwerk betrieben worden sind (Kreuzbergring 11, Geiststraße 3). Bei anderen Objekten sei das Studentenwerk nicht Eigentümerin gewesen und habe auf auslaufende Mietverträge – vor allem mit der Universität – reagieren müssen. Beim Haus in der Bühlstraße, über das wir berichtet hatten und das von der Wohnrauminitiative exemplarisch aufgeführt wurde, hat sich nun ohnehin eine neue Entwicklung ergeben: So wird die Stadt, die auch Eigentümerin des Hauses ist, selbst an Studierende vermieten.
Aufforderung: Politische Rahmenbedingungen ändern
Die Vertreter des Studentenwerks betonten mehrfach, dass eine Erweiterung der Wohnheimplätze letztlich an den politischen Rahmenbedingungen scheitere. Sie nannten hierzu vor allem das „Kooperationsverbot“, das es nun verbiete, dass der Bund Zuschüsse an die Studentenwerke für den Wohnheimbau leisten könne – da dies Ländersache sei. Und beim Land stoße man wegen der bereits vergleichsweise hohen Wohnplatzquote bereits oft auf taube Ohren. Nicht nachzuvollziehen sei auch, dass es beispielsweise in Hessen eine Förderung von Wohnheimbauten durch den sozialen Wohnungsbau gäbe, dies aber in Niedersachsen stets verhindert wurde.
Angesprochen wurden auch die Vorwürfe der „Wohnrauminitiative“, studentische Wohnkultur durch Bevorzugung von Einzelwohneinheiten gegenüber Gruppenwohnungen zu verändern. Hier solle der Anteil an Gruppenwohnungen gehalten werden, versprachen die Vertreter des Studentenwerks. Allerdings gebe es einen Wechsel in der Wohnkultur von Studierenden. Abzulesen sei das auch daran, auf welche Arten von Wohnungen die meisten Bewerbungen entfielen. Aber man sei sich auch der sozialen Verantwortung bewusst, kostengünstigen Wohnraum anzubieten, und Leerstände bei Gruppenwohnungen habe es bisher auch nie gegeben.
Wartelisten: Keine außergewöhnliche Situation
Grundsätzlich sehe das Studentenwerk auch die derzeitige Situation am Wohnungsmarkt als nicht außergewöhnlich an. So sei der Wert von gut 1300 Bewerber_innen auf den Wartelisten für Wohnheimplätzen über die letzten Jahre betrachtet recht typisch. Aufrufe der Stadt und der Universität, Wohnraum für Studierende zur Verfügung zu stellen und zu melden, hingen eher damit zusammen, dass ein höherer Anteil von ausländischen Studierenden an die Universität gekommen sei und diese Gruppe größere Probleme auf dem Wohnungsmarkt habe.
Bilder: Protest in der Bühlstraße gegen zunächst angedachte Entmietung (Foto: hank scorpio)
dafür fehlt mir als nicht-bewohner jedes verständnis!
das ist doch mal wieder jammern auf höchstem niveau, es ist eine ziemlich einzigartige luxus position einiger weniger bewohner*innen der studentenvillen (und es sind villen), die hier verteidigt werden soll.
für die grosse mehrheit der studierendenschaft würde alles beim alten beiben und mit dem generierten geld aus den verkäufen der villen könnte mensch projekte stützen, von denen weit mehr leute profitieren (ja grössere heime sind sozialer)
überhaupt, dieses ganze pseudo emanzipative gewäsch regt mich auf; weder ist das billige wohnen in diesen wünderschönen villen in irgendeiner weise an die eigenen finanziellen rahmenbedingungen geknüpft, weder wohnen ausschlieslich student*innen darin und vor allem tragen diese häuser in keinster weise was zu einer wie auch immer gearteten „emanzipativen strömung“ bei (veganismus und kollektivismus gehören eher nicht dazu!)
un-solidarische grüsse