Gleichbehandlung mit Schusswaffengebrauch gefordert

Bundestags-Petition gegen Pfefferspray
von am 14. Juni 2011 veröffentlicht in featured

Die Göttinger Initiative „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ hat eine Petition gegen Pfeffersprayeinsätze der Polizei entworfen. So soll zukünftig der Pfeffersprayeinsatz an schärfere gesetzliche Voraussetzungen geknüpft sein. Über eine Bundestags-Website kann die Petition noch bis zum 7. Juli mitgezeichnet werden.

Pfeffersprayeinsätze der Polizei werden zunehmend häufiger bei Demonstrationen. Auch in Göttingen wurde es bereits bei etlichen Anlässen verwendet, zuletzt wohl im Vorfeld der Anreise von Demonstrant_innen gegen den NPD-Landesparteitag in Northeim. Zu beobachten ist, dass die Polizei besonders regelmäßig den Auslöser drückt, wenn die Lage angespannt ist. Nur bestehen mitunter berechtigte Zweifel, dass es sich um Selbstschutz der jeweiligen Beamten handelt. Hier im Blog hatten wir Videos von einer Demonstration im Januar dokumentiert, auf der Polizisten über die Köpfe anderer Polizisten hinweg wahllos Pfefferspray in die Menschenmenge verteilten.

Dabei gibt es Studien, die sehr wohl Gefahren durch die Wirkstoffe des Sprays sehen. Insbesondere Asthmatiker und Allergiker sind gefährdet – ein unter diesen Umständen erzeugter anaphylaktischer Schock kann lebensbedrohlich sein. „Bei einem Einsatz in Menschenansammlungen lässt sich nicht ausschließen, dass Unbeteiligte getroffen werden. Genauso wenig lässt sich ausschließen, dass Menschen aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes durch Pfefferspray schwer verletzt oder gar getötet werden“, heißt es in der Begründung der Petition.

Im Gefahrenabwehrrecht ist Pfefferspray als „Hilfsmittel der körperlichen Gewalt“ definiert, nicht besonders qualifiziert als „Waffe“ wie beispielsweise der Schlagstock (mehr zum rechtlichen Hintergrund gibt es bei uns in einem weiteren Artikel zum Thema). Nach dem Text der Petition soll der Einsatz bis auf Notwehrsituationen verboten werden – und wenn möglich, auch eine entsprechende Regelung für die Polizeien der Länder erfolgen. In der Begründung heißt es, die Verwendung solle gesetzlich dem Schusswaffeneinsatz gleichgestellt werden, was bedeuten soll, dass die Schwelle zur Benutzung aus gesetzlicher Sicht höher sein soll.

Die Initiative bezieht sich zunächst auf die Einsätze der Bundespolizei. Nur dieser kann der Bundestag nämlich Vorschriften machen, da die normalerweise in entsprechenden Situationen eingesetzten Polizeikräfte den Ländern unterstellt sind. Dort ist jeweils der Landesgesetzgeber dafür zuständig, entsprechende Gesetze zu erlassen. Deshalb verlangt die Petition außerdem nach einer Diskussion in der Innenministerkonferenz, die jährlich stattfindet und wo die Innenpolitik von Bund und Ländern abgestimmt wird.

Eine Petition kann zunächst auch nur den Bundestag zwingen, sich mit einem Thema zu beschäftigen. Sie ist keine Volksabstimmung über ein bestimmtes Thema. Wenig deutet darauf hin, dass die Petition – würden sich genug Zeichner_innen finden – unter den gegenwärtigen politischen Voraussetzungen jemals gesetzliche Auswirkungen hätte. Aber sie ist auch ein politisches Signal: Bereits jetzt haben knapp 3500 Menschen die Petition gezeichnet – sie ist damit bereits unter den einhundert meistgezeichneten Petitionen seit Einrichtung der Möglichkeit, via Internet mitzuzeichnen. Die zugehörige hitzige Debatte im Forum zu den Petitionen füllt bereits etliche Seiten und Medien wie die taz haben bereits über die Petition berichtet.

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