Tariflöhne auf Campus gefordert
von am 10. September 2009 veröffentlicht in Politik

In Göttingen mobilisieren Studierende der Universität nicht nur gegen Studiengebühren, sondern auch für faire Arbeitsbedingungen auf »ihrem« Campus. Sie fordern, daß mindestens Tariflöhne gezahlt werden und protestieren gegen miese Arbeitsbedingungen. Anlaß für das Engagement ist die geplante Neueröffnung einer Campusfiliale eines Göttinger Buchhändlers, der wegen schlechter Arbeitsbedingungen in der Kritik steht. »Löhne weit unter Tarif, Behinderung von Betriebsratsarbeit und respektlosen Umgang mit Beschäftigten tolerieren wir nicht«, erläuterte Jule Winter vom »Bündnis Dichtmachen Göttingen«.

»Wenn Beschäftigte, beispielsweise gelernte Buchhändlerinnen, weniger als acht Euro brutto verdienen, wenn Sicherheitsdienstleister weniger als sechs Euro brutto verdienen, dann ist das nicht nur dem einzelnen gegenüber respektlos, sondern auch gesellschaftlich unverantwortlich«, so die Aktivistin. Der Eigentümer der Buchhandlung wollte sich auf Nachfrage nicht zu »Betriebsinterna« wie der Bezahlung und Behandlung von Mitarbeitern äußern. »Auf anonyme Vorwürfe und Kampagnen reagiere ich nicht«, sagte er.

Auch die seit Jahren nicht mehr an die Preisentwicklung angepaßten Löhne studentischer Hilfskräften an den Universitäten will das Bündnis in den kommenden Semestern zum Thema machen. »Wie wollen nicht hinnehmen, daß studentische Hilfskräfte immer mieser bezahlt werden«, so Aysun Tayad, die sich ebenfalls in dem Bündnis engagiert. »Die Gehälter der Hilfskräfte liegen in Niedersachsen unter acht Euro brutto«, erklärte Winter. Sie sollten sich eigentlich parallel zu denen im öffentlichen Dienst entwickeln. »Daran erinnern sich die Universitäten aber immer nur dann, wenn es um Kürzungen geht wie im Jahr 2006«, so die Studentin. Zum Vergleich: In Berlin sind die Arbeitsbedingungen seit 1979 in einem Tarifvertrag für studentische Beschäftigte geregelt, der unter anderem Stundenlöhne von immerhin 10,98 Euro vorsieht.

Hintergrund der Aktionen sind die seit einiger Zeit stattfindenden Proteste gegen die Veränderungen im Hochschulwesen. Gestärkt durch die große Beteiligung am Bildungsstreik im Sommersemester wollen die Studierenden nun auch die Studiengebühren wieder ins Visier nehmen. Zur Zeit wird ein Boykott vorbereitet. »Der erste Schock nach der autoritären Durchsetzung des Bachelor/Master-Systems scheint überwunden«, so Tayad. Eine »neue Studierendengeneration« sei angetreten, um die Arbeits- und Lernbedingungen an der Uni zum Thema zu machen. In Göttingen hatten sich zuletzt mehr als 10000 Schüler und Studierende an Demonstrationen beteiligt.

Mehr Infos zur Kampagne unter www.dichtmachen.wordpress.com
Text: Julia Neumann.

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11 Kommentare auf "Tariflöhne auf Campus gefordert"

  1. Gandalf sagt:

    Das ist ja voll Reaktionär, was die Leute da machen. Die denken scheinbar, ihr Chef sei dazu da, ihnen gute Löhne und ordentliche Arbeitsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Dem ist aber beileibe nicht so. Insofern sollten die Angestellten lieber gegen das Lohnsystem revoltieren anstatt sich falschen Vorstellungen über den Kapitalismus hinzugeben.

  2. Ronny sagt:

    @Gandalf: Gääääääääääääähn

  3. Linke sagt:

    Bei öffentlichen Stellen müssen selbstverständlich Tariflöhne gezahlt werden. Schande wenn das nicht so ist.

  4. lieben lernen sagt:

    „die linke“ will doch nur die herrschenden verhältnisse zementieren, mit ihrem arbeiterkampf von oben

  5. Rakete sagt:

    StadtRadio Meldung:

    Das Bündnis „Göttingen dichtmachen“ hat die Geschäftsführung einer Göttinger Buchhandlung aufgefordert, ihren Beschäftigten Tariflöhne zu zahlen.

    Nach Angaben des Bündnisses liegen die Löhne in der Buchhandlung „weit unter Tarif“, außerdem werde dort die Arbeit des Betriebsrates behindert. Darüber hinaus kritisierte das Bündnis einen „respektlosen Umgang mit Beschäftigten“. Anlass der Proteste ist die geplante Eröffnung einer Filiale der Buchhandlung in der Zentralmensa auf dem Universitätscampus. Hier wurden in den vergangenen Tagen immer wieder Plakate aufgehängt, auf denen „faire Arbeitsbedingungen auf dem Campus“ gefordert wurden. Das Studentenwerk und der Eigentümer der Buchhandlung wollten sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Die Campusfiliale wird am Freitag eröffnet.

  6. Blub sagt:

    Also meiner Meinung nach sollte man sich genauer ansehen, gegen wen das hier geht. Schlechte Arbeitsbedingungen sind auf keinen Fall hinzunehmen, allerdings ist üble Nachrede und Rufschädigung auch gegenüber der anderen Angestellten nicht der richtige Weg. Wurde denn schonmal auf ein Gespräch hingearbeitet? Wenn die Forderungen nicht mehr „anonym“ sind, muss ja reagiert werden.

  7. marlene sagt:

    @Blub: Bist du vielleicht die neue Geschäftsleitung in der Campus Filiale?
    Was meinst du, was die Beschäftigten seit Jahren versuchen? Get organized!

  8. G.Oettinger sagt:

    Hinter diesen ganzen Aktionen steht eine frustrierte Ex-Mitarbeiterin, die selbtst gekündigkt hat. Die Expansion in die Universität dient vielleicht auch der Arbeitsplatzsicherung in einer Branche die am Rande der Existenz arbeitet.
    Die ganze Aktion riecht nach ungesundem Halbwissen was zu Aktionen führt, die in keiner Weise gerechtfertigt oder gerecht sind.

  9. marlene sagt:

    Na, G. Oettinger, vom Chef zum Schreiben geschickt worden?
    Oder schreibst der jetzt auf monsters selber? Interessant.
    Aber zur Sache: Dass der Eigentümer der Buchhandlung befürchtet, die zahlreichen von ihm mies behandelten Ex-Beschäftigten würden sich solidarisch mit den noch dort arbeitenden Menschen verhalten, ist vielleicht nicht ganz unbegründet. Zu viele mussten schon zu lange sein inakzeptables Verhalten ertragen. Eine Kündigungsschutzklage ist ja auch u.a. gerade anhängig.

    Er weiß allerdings auch ganz genau, dass das aktuelle Ringen um bessere Arbeitsbedingungen dort nicht auf irgendwelche einzelne Ex-Beschäftigte zurückzuführen ist. Das wünscht er sich vielleicht, würde sein Handlungsdruck dann doch abnehmen.
    Er weiß es aber besser: Er wird solange keine Ruhe finden, solange er seine derzeit Beschäftigten nicht respektvoll behandelt. Und viele Aktive werden ihn sehr genau beobachten und ihm immer weiter Anreize geben, sein Verhalten zu überdenken…

  10. horst sagt:

    Na klar, frustierte Frauen werden zu Rachegöttinnen … Es gibt mindestens 20 Ex-MitarbeiterInnen, die in den letzten Jahren selbst gekündigt haben. Wen interessiert, von wem die Aktion kommt? Interessanter ist, was sich für die Beschäftigten tun lässt. Schon mal in der Vorhölle gearbeitet?

  11. In der Vorhölle sitzen auf jeden Fall auch ein paar Innendesigner. Irgendwie vermisse ich das alte Kabuff, da bin ich nie ohne Buch rausgegangen. Ich weiß, verkürzte Kapitalismuskritik und so, aber der neue Typ verkauft doch echt nur Bücher, um Geld zu verdienen. Alles ikeaweissgeleckt, und was steht da im Regal? Langenscheid, sonst nix. Passt irgendwie in die neue Uni: Verstehts Du was? Ne, kauf ma’n Wörterbuch. Ich wette, wenn man da nach Adorno fragt, stürzt das System ab – chinesisches Patent. Wenn Reich-Ranicki doch nur ein bißchen mehr so wäre wie Simon Wiesenthal, dann wäre die Mensa auch mal zwei Wochen zu. Jedenfalls Glück auf, ihr Frauen der Commune.

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