[antifee] 10 Fragen an… The Hoboscopes
von am 6. Mai 2007 veröffentlicht in Antifee, Gespräche

Das Antifee Festival rückt näher: Vom 15. bis 16. Juni findet es in Göttingen auf dem Campus statt. Wir möchten euch die dort auftretenden KünstlerInnen vorstellen und präsentieren jede Woche ein Interview mit einer der Bands, in dem wir ihnen – vor Allem politisch – ein bisschen auf den Zahn fühlen. Alle bekommen die selben Fragen gestellt. Diese Woche im Ring: Yannick von The Hoboscopes.

Wer seid ihr, was macht ihr und warum eigentlich Hoboscopes?

Wir kommen aus Trier und machen Circus-Punk. Unter beiden Namen kann sich wahrscheinlich niemand etwas vorstellen. Ersteres ist eine schrammelige Stadt an der Mosel und das Zweite bezieht sich auf unser anarchistisches Family-Entertainment. Siehe zum Thema auch Langenscheidts Schulwörterbuch Englisch: a) Hobo und b) Scope. Wir beziehen uns somit auf den kompletten Bereich aus jahrhundertelangen Mixtraditionen von Wandern und Musizieren. Vom traurigen Straßenmusiker dieser Dekade, rückwärtsgehend über Kirmes- und Kabaretttraditionen des letzten Jahrhunderts, bis hin zur Kuriositätenschau vergangenenster Zeiten.

Was war für euch bislang das Highlight eurer Musikkarriere?

Wahrscheinlich der erste Gig. Wir waren schon überrascht, dass das Gesamtkonzept funktioniert, überhaupt existiert und der Laden nach Ende der Show nicht leergespielt war.

Was nervt euch am meissten am Musikmachen? Und was treibt euch an?

Der gesamte Verwaltungsapparat. Der ganze Schwachsinn mit Beachten von Terminen, Lizenzen, rechtlichen Fragen. Da gibt es eine Menge Leute die Karriere gemacht haben nur weil sie diese Bereiche beherrschen.
Das wichtigste ist natürlich Konzerte zu spielen. Das ist der einzige, originäre Zustand wo Produktion und Rezeption aufeinanderprallen. Da entsteht die Wahrheit.

„Politik in einem Popsong, das bleibt immer an der Oberfläche“ haben Superpunk mal gesagt. Begreift ihr euch als politische Band und glaubt ihr, dass das funktioniert?

Superpunk kennen wir nicht. Wessen Oberfläche überhaupt?
Wir glauben nicht, dass es funktioniert uns primär als politische Band zu begreifen. Da verpasst man was. Allerdings wird jemand der nach politischen Aussagen bei uns sucht auch ganz sicher fündig. In dem Kontext aber ganz wichtig: Musik braucht keine Angst zu haben sich nur auf Politisches zu beschränken.

Das Antifee Festival hat einen doch recht spezifischen und vor allem politischen Charakter. Wieso spielt ihr da, was gefällt euch daran?

Es ist immer schön und wichtig wenn jemand so ein Festival auf die Beine stellt, und dann natürlich mit einer starken Aussage. Bei so etwas steht Leidenschaft und Austausch immer im Vordergrund, besonders wenn damit nichts verdient werden soll.

Im speziellen geht es um die Kritik an Nationalismus und Sexismus. Beides sind auch Themen, die in der „Musikszene“ eine Rolle spielen. Inwiefern setzt ihr als Künstlerinnen, abseits von der kreativen Betätigung, Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen in Handlung um?

Leider sind wir nie abseits von kreativer Betätigung, daher können wir das jetzt hier gar nicht so richtig beantworten.

Habt ihr das Gefühl, dass euer Geschlecht bei euerer künstlerischen Tätigkeit eine Rolle spielt? Wenn ja, wie macht sich das bemerkbar?

Nein. Das wir jetzt alle mehr oder weniger männlich sind ist ja nicht unsere Schuld. Ein Geschlecht ist gut, aber ohne geht es auch.

Die Musikszene ist sehr stark männlich dominiert, es gibt nur wenige Frauenbands. Was glaubt ihr, woran das liegt?

Da sind wir sehr geteilter Meinug. Es gibt viele verschiedene Musikgenres und nicht alle sind, wir ihr sagt, sehr stark männlich dominiert. Wir haben diese Frage mit vielen BekanntenInnen diskutiert. Die haben gesagt, Männer gingen in einer Rockband eher aus sich heraus und Frauen bräuchten länger. Deswegen sei man dort wenig vertreten. Hm. Andere meinten es habe sich für sie persönlich nie ergeben. Hm. Veilleicht ist das Selbstverständnis „auf welcher Seite der Bühne man steht“ einfach noch nicht ausgeglichen genug. Das ist traurig, aber unserer Beobachtung zufolge haben sich in den letzten Jahrzehnten (die wir teilweise nachlesen mussten) immer mehr Frauen im Rock’n’Roll etabliert. Diese Entwicklung soll weitergehen und zum Jubiläum „20. Antifee“ brauchen wir uns dann nur noch auf den Nationalismus konzentrieren. Toi, toi, oi!

Nationalismus ist wieder en vogue. Das kommt auch im Musikbereich zu Tage, sei es duch Bands wie MIA, die partout nicht verstehen wollen, warum ein neues deutsches Wirgefühl zum Kotzen ist oder durch Udo Lindenberg und Konsorten, die mit einer Deutschquote den Äther von transatlantischen Musikstücken befreien wollen. Wie steht ihr zu derlei Tendenzen und was glaubt ihr, dagegen tun zu können?

Nationalismus im Allgemeinen ist doch immer „en vogue“, hier wie da. In Deutschland gab es jetzt sicher die eine oder andere desolate Kampagne der Regierung und das will dann natürlich auch der töffelige Musikus von nebenan kommentieren. Wir fanden Nationalismus immer scheisse.
Nur weil man irgendwo geboren ist muss man dann die jeweilige Fahne zur WM hochhalten. Ist doch Schwachsinn. Kollegin MIA kennen wir nicht, aber schön dass Frauen Musik machen…harg, harg! Lindenberg ist einfach ein bisschen zu alt, um die Dinge noch richtig eizuschätzen – eine Tube Pattex zu viel geschnüffelt. Der hat ’ne ganze Menge richtig toller Sachen und subversive Musik gemacht. Wir wünschen in dem Fall gute Besserung. Gruseliger wird es dann schon bei Heinz Rudolf Kunze, der es ja als „Rockpoet“ schon besser wissen sollte, dass eine gesetzlich eingeschränkte Musikszene immer, aber auch immer für alle von Nachteil ist! Prinzipiell ist das Radio sowieso schon seit Jahrzehnten verseucht vom Kapitalismus, aber da hat nie jemand etwas gegen gehabt. Komisch. Alternative Sender bleiben klein, weil sie keiner hört.

Wir sind nun auch schon am Ende unseres letztendlich doch sehr politisch gewordenen Interviews angelangt. Wir bedanken uns recht herzlich, dass ihr euch die Zeit genommen habt und geben das letzte Wort nochmal an euch um zu sagen, was ihr schon immer mal sagen wolltet. Bis zum Juni!

Wir glauben heute nicht mehr, dass der Kapitalismus ein Dämon ist, der uns das Kulturblut aus den Adern saugen will, nur dass er das Potential dazu hat. Bis denne!

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16 Kommentare auf "[antifee] 10 Fragen an… The Hoboscopes"

  1. Aus emanzipatorischer Perspektive halten wir folgende Aussage: „Wir glauben heute nicht mehr, dass der Kapitalismus ein Dämon ist, der uns das Kulturblut aus den Adern saugen will, nur dass er das Potential dazu hat. Bis denne!“ für problematisch.

    Wir befinden uns im Diskussionsprozess mit der Band. Weiteres folgt…
    liebe Grüsse,
    Das Antifee-Plenum

  2. John K. Doe sagt:

    haben die bands eigentlich eine chance vom festival zu fliegen, wenn sie jetzt nicht so antworten wie man es erwartet? interessiert mich mal an dieser stelle.

  3. Großinquisitor sagt:

    hängt sie!

  4. postone lesekreis und dann wird das schon…

  5. John K. Doe sagt:

    und wenn ich garnicht weiter weiß,
    dann latsch ich schnell zum lesekreis.

  6. 1. es sollte nicht irgend ein Lesekreis sein, für Lesekreise gilt erstmal Adornos Urteil über Kinofilme:
    „ich bin noch aus fast jedem dümmer rausgekommen“ (sinngemäßes Zitat)
    2. geht auch ohne Lesekreis: http://www.copyriot.com/sinistra/reading/postone1.html
    http://www.rote-ruhr-uni.com/texte/scheit_antisemitismus_und_buergerliche_gesellschaft.shtml
    ansonsten hilft weiter : MEW 23-25

  7. The Hoboscopes Plenum sagt:

    Hallo Antifeeplenum,

    die Entscheidung, nicht bei euch zu spielen ist bei uns gefallen, da
    wir uns nicht solch einen Unsinn vorwerfen lassen, welcher auf einer offensichtlich
    satirisch gemeinten Äusserung unsererseits fusst, die anscheinend in eurem
    übersensiblen radikalen Politik- und Menschenverständnis imaginäre Warnsignale
    ausgelöst hat.
    Wir lassen uns nicht von euch einen Hang zu faschistischen Äusserungen anhängen.
    Es ist traurig zu sehen, dass solch nach aussen hin hochmotivierte, politisch engagierte junge Menschen, die die Fahnen der Toleranz hoch halten (Achtung, der Begriff „Fahne“ wurde auch von der HJ benutzt, ist hier aber im reinen Sinne auf die Sache an sich bezogen)
    und für eine gute Sache kämpfen, trotzdem in ihr wohlgesinnter Umgebung so lange investigativ herumstöbern bis sie sich einen Feind daraus zimmern können.

    Wir wünschen euch trotzdem Erfolg mit eurem Festival und Anliegen und grüßen die Bands die all das nicht stört.

    das Hoboscopes Plenum

    PS: Wenn man die Stellen der einzelnen Buchstaben des Wortes Hoboscopes addiert und das Ergebnis
    durch die Quersumme des Wortes Dämon teilt, kommt 23 heraus!

  8. antifee sagt:

    Wir wollen in dieser kurzen Darstellung noch einmal auf den Konflikt mit dem Hoboscopesplenum eingehen.

    Aufgrund einer Äusserung in einem bei dem Stadtmagazin „Monsters of Göttingen“ veröffentlichten Interview mit den Hoboscopes, fanden wir es wichtig, eine Nachfrage an die Band zu richten, in der wir sie gebeten haben uns die Bedeutung des folgenden Satzes zu erklären: „Wir glauben heute nicht mehr, dass der Kapitalismus ein Dämon ist, der uns das Kulturblut aus den Adern saugen will, nur dass er das Potential dazu hat.“

    Wir formulierten eine solidarische und freundliche Mail, in der wir sie auf die Nähe zu antisemitischen Stereotypen hingewiesen haben. Wir betonten jedoch, dass wir der Band keinen Antisemitismus unterstellen wollten.

    Allerdings fanden wir es trotzdem nötig, mit ihnen darüber eine Diskussion zu führen. Dies wurde mit dem Verweis auf eine Interpretierbarkeit von allem und jedem zurückgewiesen, was von uns als Diskussionsverweigerung verstanden wurde.

    Nach dieser Diskussionsverweigerung fanden wir es richtig, eine weitere Mail zu formulieren in der wir unsere Ansicht zu besagter Äusserung incl. unserer Befürchtungen abermals thematisiert haben. Unser Ziel dabei war weiterhin die Suche nach einer gemeinsamen Diskussion, die jedoch, dieses mal mit dem Absagen der Teilnahme am Festival verweigert wurde. Keineswegs haben wir der Band faschistische Inhalte unterstellt.

    Mit antifeeistischen Grüßen,

    das antifeeplenum

  9. Ed Wood Society sagt:

    Oh je, da ändert sich wohl nie was im „freien und fortschrittlichen“ Göttingen! siehe Heine. Schade und traurig, da es sich immer wiederholt, ist nur, dass so jedwede Energie und Möglichkeit etwas zu ändern, schon im Keim erstickt wird. Wenn die öde und langweilige Bürgerlichkeit sogar die angeblich progressive, aber ängstliche, Gegenbewegung im moralischen Würgegriff hält, wird es wie immer den lächerlichen Bach runtergehen! Schade eigentlich, dass vermeintliche Intelligenz einhand geht mit sturer, engstirniger Langeweile und Humorlosigkeit. Long live Kurt Vonnegut!! JW

  10. Rakete sagt:

    wenn ich das richtig sehe hätte ein hinweis darauf, dass das ganze sartirisch oder wie auch immer gemeint war, die ganze sache erledigt. und ich finde, es hat nichts mit humorlosigkeit zu tun, wenn man einfach mal nachfragt, wie etwas gemeint war…

  11. zirkuspferd sagt:

    bitter, wie hier mal wieder die vermeintliche humorlosigkeit der linken (gern auch getarnt als moralismusvorwurf) als totschlagargument aus der kiste geholt wird, um sich ja nicht auf eine inhaltliche diskussion einlassen zu müssen. von den hoboscopes und von „ed wood society“.

    warum sich auch einer solidarischen nachfrage stellen, die zu diskutieren beide seiten hätte weiter bringen können. lieber augen zu und durch. und immer schön weghören. dann tuts auch nicht so weh!

    ich versuchs dann auch mal mit adorno: „halbbildung ist defensiv. sie weicht den berührungen aus, die etwas von ihrer fragwürdigkeit zu tage fördern könnten.“

  12. Schmendi sagt:

    *applaudiert*

    kuhle reaktion auf jedenfall. hätte das wohl genauso gemacht.

    nieder mit linksradikalen beißreflexen!

  13. maui sagt:

    also ich finde das interview sehr langweilig und total überflüssig. die meisten fragen sind total hirnrissig und dumm….
    also dann,

    de maui

  14. Rakete sagt:

    moin,
    was findeste denn an den fragen „hirnrissig und dumm“ und was ist dein maßstab dafür? interessiert mich jetzt ja mal

  15. Solidarisch Diskutieren sagt:

    Also ich muss schon sagen, der Vorwurf ist ja ganz schön happig, und das von einer Gruppe die selber in ihrem Flyer mit höchst problematischen Formulierungen kein Problem haben: Das sollen die (Reim-)Geschütze entsichert werden, mit Granaten soll aus allen Rohren gefeuert werden… hier eine gewisse Nähe zu militaristischen Denkmustern zu unterstellen würde wirklich nicht schwer fallen.

    Darüber sollte man mal „solidarisch diskutieren“, wem der Begriff nichts sagt, sollte sich mal ein Geschichtsbuch über die SED Diktatur (noch gar nicht so lange her) oder einen Zeitzeugen (gibts ne Menge, auch in Göttingen) zu Hand nehmen und sich schlau machen. (Klartext: solidarisch diskutieren = kollektiv fertigmachen)

    Ansonsten super Festival!

  16. @ solidarisch diskutieren: süßer versuch

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