Das Versprechen im Jungen Theater
von am 14. April 2007 veröffentlicht in Theater

Transparente Plastikschnüre hängen von der Decke und breiten eine graue und kalte Atmosphäre unter den Zuschauern aus. Doch die Trostlosigkeit die Dürrenmatt gnadenlos immer wieder in seinen Büchern vermittelt, verschwindet gleich mit der ersten Szene der Inszenierung. Die eiskalte Hand die sich einem beim Lesen des „Versprechens“ ums Herz schließt schreckt vor den zahlreichen Slapstickeinlagen zurück.

Wenn man das Theater verlässt ist man weder verstört noch traurig, dabei bietet das Thema eigentlich keine Gelegenheit zum schmunzeln: Ein kleines Mädchen wird ermordet aufgefunden und der normalerweise so professionelle und unbefangene Kommissar Matthäi verrent sich in den Ermittlungen.

Eigentlich sollte der Kommissar ins Ausland versetzt werden, doch als er einen Tag vor seiner Abreise den Eltern des toten Mädchens die schreckliche Nachricht überbringt, lässt er sich von der verzweifelten Mutter das Versprechen abringen, in jedem Fall den Mörder zu finden. Und der Kommissar schließt keinen Fall ungelöst ab und bleibt niemandem ein Versprechen schuldig.
Als ein Obdachloser für die Tat eingesperrt wird und nach einem Geständnis Selbstmord begeht, ist für die Polizei der Fall erledigt. Doch Matthäi ist von der Unschuld des Berbers überzeugt und will weiter ermitteln. Vom Dienst suspendiert eröffnet er eine Tankstelle an einer Landstraße, dicht an dem Wald in der einst das tote Mädchen gefunden wurde.

Die Unlösbarkeit des Falls und der damit einhergehende Kontrollverlust über sein Leben treiben ihn soweit, dass er eines Tages eine Frau mit ihrer kleinen Tochter als Haushaltshilfe bei sich aufnimmt, in der Hoffnung der Mörder möge sich in der Nähe des Mädchens zeigen. Sein ganzes Leben ist nur noch auf die Überführung des Täters ausgerichtet und er selbst treibt immer tiefer in die Einsamkeit. Er verletzt die Gefühle der Frau die bei ihm lebt und ihm vertraut hat indem er ihre Tochter als Köder missbraucht und seine ehemaligen Kollegen nehmen ihn schon lange nicht mehr ernst…

Dieses Szenario aus Einsamkeit und Verzweiflung, aber auch eiskalter Gleichgültigkeit möchte einen zum erstarren bringen – wären da nicht ein vertrottelter Kollege mit Aufstiegsambitionen, der immer wieder für seine Albernheit ausgelacht werden muss oder die hässliche und dusselige Freundin des toten Mädchens die stellvertretend für die Klasse vom Publikum ausgelacht wird oder oder oder…

Es handelt sich also eher um ein Lustspiel; allerdings mit einer ganz und gar nicht komischen Handlung. Doch im Gegensatz zu einer Tragikkomödie bei der einem das Lachen immer wieder im Hals stecken bleibt, lacht man hier nicht vor Sarkasmus, sondern über schlicht alberne Szenen.

Einfach nur Schlecht war die letzte Szene: um irgendwie einen Abschluss für dieses Ausweglose Stück zu finden, wird eine alte Frau in ihrem Sterbebett auf die Bühne gefahren und erzählt die Geschichte ihres geistig zurückgebliebenen Ehemannes, der offenbar der Mörder sein soll.
Während Matthäi im Buch eine verzweifelte alte Frau kurz vor ihrem Ableben besucht, plappert hier auf der Bühne ein überschminkter junger Mann einen zehnminütigen Monolog fröhlich vor sich hin. Und um es noch lächerlicher zu machen, bedient er sich dabei auch noch eines möglichst unverständlichen Dialektes.

Das einzig Gute an dieser Inszenierung bleibt also die Bühnengestaltung. Die durchsichtigen Schläuche dienen abwechselnd als Wände zwischen den Büroräumen der Polizei, als undurchdringlicher Wald, Gitterstäbe im Zoo oder vielleicht auch einfach als trostloser, grauer Regen. Man kann sich darin verlaufen oder gar verfangen und gleitet immer wieder ab von ihrer glatten, abweisenden Oberfläche. Leider hat der Regisseur Torsten Bischof nichts daraus gemacht.

Das Versprechen von Friedrich Dürrenmatt hatte am 05.04. im Jungen Theater Premiere und ist zur Zeit dort zu sehen.

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Ein Kommentar auf "Das Versprechen im Jungen Theater"

  1. sommersonne sagt:

    ich finde ja immer noch, dass man das JT (zumindest in dieser spielzeit) boykottieren ( = nicht hingehen) sollte. wegen der „heimatfront“, dem „schulterschluss“ und all dem elendigen rest.

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