Zum Tod von Carlo Giuliani
von am 26. November 2006 veröffentlicht in Politik, Theaterkeller

Vor fünf Jahren kam Carlo Giuliani bei den Protesten gegen den damaligen G8 Gipfel im italienischen Genua durch einen Schuss aus der Dienstwaffe eines Carabinieri ums Leben. Heute war sein Vater, Giuliano Giuliani im Theaterkeller zu Gast. Er stellte seinen Film „Was geschah auf der Piazza Alimonda?“ vor. In diesem versucht er, die offizielle Darstellung der Staatsanwaltschaft anhand von Fotos und Videosequenzen, die in dem Ermittlungsverfahren gegen den vermeintlichen Schützen verwendet wurden, zu widerlegen, was ihm beeindruckend gelingt.

Dem von Erzählungen Giulianis begleitete Film gelingt es, zahlreiche Aussagen der beteiligten Staatsdiener zu widerlegen, viele Widersprüche aufzuzeigen und zu belegen, dass die Carabinieri an diesem Wochenende in Genua ein sehr gewaltätiges Verhalten an den Tag legten. Es wird schnell klar, warum selbst Amnesty International später von der „größten Außerkraftsetzung demokratischer Rechte in einem westlichen Land seit Ende des Zweiten Weltkrieges” sprechen sollte. Verschwörungstheoretisch anmutende Anschuldigungen, „die Macht“ habe einen Toten gewollt, muten am Rande zwar etwas konstruiert an, im Großen und Ganzen wirkt die Darstellung aber seriös.

Anhand von Videos, aber vor Allem von Fotos, die von einem Balkon aus gemacht wurden, zeigt Giulianis Film die Abläufe auf der Piazza Alimonda. Carlo Giuliani wurde der Dokumentation zu Folge aus vier Meter Entfernung in den Kopf geschossen, war aber nicht sofort tot. Er lebte auch noch, nachdem der Jeep, aus dem der Schuß abgefeuert wurde, ihn zwei Mal überrollt hatte. Sehr glaubhaft gelingt es den Machern zu zeigen, dass hier von Notwehr seitens des Carabinieris keine Rede sein kann.

Genau mit dieser Argumentation aber begründet die Staatsanwaltschaft ihr Vorgehen, keine Anklage zu Erheben: der betreffende Carabinieri habe aus Notwehr gehandelt. Weil die gesammelten Bilddokumente das Gegenteil zu beweisen scheinen, zieht Giuliano Giuliani gerade vor den europäischen Gerichtshof und verklagt den italienischen Staat.

Weitere Fotos legen den Schluß nahe, dass dem am Boden liegenden, zu diesem Zeitpunkt schon Toten oder noch Schwerverletzen Carlo von den Carabinieri ein Pflasterstein an den Kopf gewurfen wurde. Der Obduktionsbericht wird später zeigen, dass sein Schädel gebrochen war. Ein Zeuge wird offenbar bedroht, der nahenden Presse wird ein absurdes Ablenkungsmanöver vorgespielt. Die Bilder, die man hier zu sehen bekommt, zeigen ein sehr hässliches Bild der italinischen Exekutive.

Giuliani verzieht beim ganzen Vortrag keine Miene und macht sogar ein paar ironische Witze, während auf der Leinwand blutüberströmte Fotos seines sterbenden Sohnes gezeigt werden. „Ein Lachen wird das System zu Fall bringen“, sagt er. Die Kraft, sich diese Bilder wieder und wieder anzusehen, gebe ihm die Solidarität, die ihm überall entgegen gebracht werde. Sein größter Wunsch sei es, dass die Verbreitung seines Filmes eine Anklage vor Gericht bewirken könne. Bleibt zu hoffen, das dieser in Erfüllung geht.

Den Film kann man sich hier kostenlos herunter laden.

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