Chemikalien der anderen: Polizei durfte nicht durchsuchen
von am 30. September 2009 veröffentlicht in Politik

Scharfe Worte fand der Präsident des Göttinger Verwaltungsgerichts, Thomas Smollich, im Prozeß gegen die Göttinger Polizei. Er habe „erhebliche Zweifel“, dass die BeamtInnen das Wohnhaus durchsucht hatten, weil sie Leib und Leben der BewohnerInnen in Gefahr sahen. Und auch der Einsatzleiter gab vor Gericht zu: „Ich war mir über die Rechtsgrundlage nicht im Klaren.“ Das Verwaltungsgericht hat am Montag die Durchsuchung mehrerer Wohnungen für rechtswidrig erklärt, nachdem sich die Polizei geweigert hatte, sich bei den BewohnerInnen zu entschuldigen.

Im vergangenen September hatte die Göttinger Polizei den Fund von Chemikalien im Keller eines Hauses zum Anlass genommen, das Gebäude zu durchsuchen. Durchsucht wurden alle Wohnungen, nicht nur die, zu der der Kellerraum gehörte. Dabei wurden Türen aufgebrochen, Schubladen und Schränke durchsucht und private Unterlagen durchwühlt. Von den Räumen wurden Foto- und womöglich auch Videoaufnahmen angefertigt.

Angeblich bestand die Gefahr, dass das Gebäude in die Luft gesprengt würde, gab die Polizei an. Man habe nach weiteren Personen gesucht, die sich möglicher Weise noch im Haus aufhielten. Die BewohnerInnen des Hauses, die der linken Szene angehören, vermuteten hinter der Durchsuchung ein politisches Interesse. Bei dem Einsatz waren auch Beamte des Staatsschutzes anwesend.

Am zweiten Verhandlungstag vor dem Verwaltungsgericht hatte der Leiter der Durchsuchung angegeben, auch nach weiteren gefährlichen Gegenständen gesucht haben zu wollen, wie er sie aus „vergleichbaren Objekten“ kenne. Als Beispiel nannte er mehrere miteinander vebundene Mehrfachsteckdosen. Für den Rechtsanwalt Sven Adam nur eine von vielen Widersprüchlichkeiten in der Argumentation der Polizei. Er kritisierte weiterhin, dass die Behörde wichtige Beweise vernichtet habe.

Bereits zu Beginn des Prozeßes schlug das Gericht der Polizei vor, sich für die Durchsuchung zu entschuldigen. Das lehnte diese jedoch ab, sodass es nun zu dem Urteilsspruch kam. Die im Keller des Hauses gefundenen Chemikalien stellten sich unterdessen als harmlos heraus.

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