Grüne Jugend: Demokratie lebt von Partizipation
von am 22. September 2009 veröffentlicht in goeNOT?vote, Politik

Am 27. September sind Bundestagswahlen und wieder einmal stellt sich jeder und jedem die Frage: Sollte ich wählen gehen? In den 1970er Jahren gab es eine Wahlbeteiligung die teilweise über 90% lag. Diese ist seither gesunken, wobei es gerade in den letzten Jahren zu einem Einsturz kam. Auffällig ist zum Beispiel, dass seit 1980 gute 10% der jugendlichen Wähler verloren gegangen sind. Die BürgerInnen die sich entscheiden ihr Kreuz nicht zu setzen argumentieren oft damit, dass es nichts bringen würde. Letztlich stünden die Parteien ohnehin nicht mehr für das, was sie noch vor der Wahl versprochen haben. Ist dies jedoch ein Grund nicht zu wählen? Wohl kaum!

Durch das ausgeglichene Wahlergebnis ist keine Partei in der Lage allein zu regieren. Stattdessen müssen immer wieder Koalitionen eingegangen werden, die Kompromisse verlangen. Letztlich ist es also der WählerInnenwille, der Parteien immer wieder dazu zwingt, Koalitionen einzugehen und damit auch auf gewisse Ziele zu verzichten. Ein weiteres Problem bei geringer Wahlbeteiligung ist, dass die NPD oder andere radikale Splittergruppen die über eine Stammwählerschaft verfügen, große Stimmanteile bekommen.
 
Im Grunde genommen lebt unser demokratisches System von der Partizipation. Denn: Der Staat ist in einer Demokratie nicht per se eine Instanz der sozialen und gesellschaftlichen Unterdrückung, auch wenn von ihm Herrschaft ausgeht. Es kommt darauf an, den Staat als Institution zu besetzen und für sich einzunehmen. Wenn der Staat nicht durch den kondensierten Willen derjenigen ausgefüllt wird, die er repräsentieren soll, dann ist klar, dass er als von der Basis entfremdeter Leviatan auftritt, in dem ein elitärer Machtzirkel Interessen von nicht sichtbaren Einflussgrößen gegeneinander ausspielt. Wer jedoch nicht wählen geht, dieDer verliert ihren / seinen Anspruch, mit ihrem / seinem Auftrag, mit dem WählerInnenwillen, in der Institution repräsentiert zu sein, in der die wirksamen Entscheidungen der Polis getroffen werden. Mensch kann dann eben nicht mehr sagen: „Dafür hab‘ ich euch nicht gewählt!“ Wählen zu gehen verschafft einer / einem also eine gewisse Kontrollinstanz gegenüber den RepräsentantInnen.
 
Trotz dass die GRÜNE JUGEND Göttingen ausdrücklich dafür ist wählen zu gehen, sind wir also der Ansicht, dass es Punkte in unserem System gibt, die unbedingt verbessert werden müssen. Über wichtige bundespolitische Entscheidungen zum Beispiel müsste unserer Meinung nach von der Bevölkerung selbst abgestimmt werden. Das hätte den Vorteil, dass die Bürgerinnen und Bürger stärker in die Politik einbezogen würden. Wir setzten nicht nur alle 4 Jahre unser Kreuz für eine bestimmte Partei oder Fraktion, die anschließend unsere Meinung in Konfliktpunkten weitestgehend vertritt und sich hoffentlich durchsetzt, sondern könnten dies dann aktiv selber entscheiden. Gleichzeitig müsste es uns als repräsentierter Gesellschaft möglich sein, die Regierung auch innerhalb der 4 Jahre bei Bedarf aufzulösen. Dies würde die regierenden Parteien mehr unter Druck setzten im Sinne des Volkes, zu regieren. Wer wählen geht muss einen Anspruch darauf haben, das kontrollieren zu können, was in der repräsentierenden Instanz vor sich geht. Wenn sich diese zu sehr verselbstständigt und von den Interessen von breiten gesellschaftlichen Gruppen abkoppelt um nur noch aus Eigenlogiken heraus zu funktionieren, die sich gerne „Politik machen“ nennen, dann muss es ein institutionalisiertes Gegengewicht geben, das dieser Art des Handelns die Legitimation entzieht. Die Kehrseite ist eben eine wahrgenommene Machtlosigkeit in Folge eines beobachteten Verlust der Wirkmächtigkeit des eigenen Handelns bei den WählerInnen – und folgerichtig ein immer weiterer Rückgang der Wahlbeteiligung. Es kann also nicht nur von den etablierten Parteien immer wieder dazu aufgerufen werden, wählen zu gehen, sondern die potenziellen WählerInnen müssen darin auch wieder ihre Einflussmöglichkeiten erkennen können und wieder eine ernstzunehmende Kontrollinstanz für die werden, die von ihnen gewählt werden möchten.
 
Die Voraussetzung für all das ist jedoch, dass man dem demokratischen System treu bleibt. Und nur durch eine regelmäßig hohe Wahlbeteiligung ist genau das möglich.

 Am 27. September heißt es also: Hingehen und Kreuzchen setzten! Danach heißt es: das einfordern, wofür mensch eine Partei gewählt hat und sich weiter einmischen! Nicht nur, aber auch bei Wahlen, damit es wieder heißen kann: Power to the people!

Text: Grüne Jugend Göttingen.

In unserer Diskussionsreihe GoeNOT?vote debattieren Göttinger Politgruppen über den Sinn und Unsinn von (Bundestags-)wahlen und der Teilnahme daran. Morgen folgt ein Debattenbeitrag der Redical [M]. Du willst auch einen Beitrag verfassen, der den Rahmen eines üblichen Blogkommentars überschreitet? Dann melde dich bei uns.

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14 Kommentare auf "Grüne Jugend: Demokratie lebt von Partizipation"

  1. sledder sagt:

    Huhu Monsters!
    Könnt Ihr irgendwie vor Beginn des Textes bereits einen Satz einfügen, der explizit macht, dass dies ein Text der GJ ist? Ansonsten fällt das nicht so schnell auf und verwirrt nur.

  2. Rakete sagt:

    man beachte die Überschrift… und das Editoral

  3. mo sagt:

    Entschuldige, aber in der Überschriftszeile steht „Grüne Jugend:“ … oder meinst du einen Satz, wie „Text der GJ Göttingen“ weil GJ in der Überschrift auch ein Adressat sein könnte? Oder hättest du einfach die inhaltliche Position nicht mit der GJ in Verbindung gebracht bzw. ihnen das nicht zugetraut?

  4. e.r. sagt:

    @grüne jugend: war die bombardierung des balkan so gesehen ein demokratischer kompromiss, den man als partei eingehen musste? (gut, ihr habt damit wohl wenig zu tun, aber eben eure partei auf bundesebene – und es geht hier ja nicht um komunalwahlen. da tröstet mich der atomausstieg, der wohl nach dieser wahl zurückgenommen werden wird nicht wirklich.)

    ich werde nicht wählen gehen und halte south park s08e08 immernoch für das beste statement zu wahlen, wo es darum geht, sich zwischen kackesandwich und rieseneinlauf zu entscheiden (denn wahlen sind wichtig)….

  5. Schmendi sagt:

    @e.r.

    wieso hat die grüne jugend wenig mit der bombardierung des balkan zu tun? sie sind doch noch immer dabei und machen wahlkampf für den laden – obwohl sie wissen, das am ende nur wüster imperialismus, atomkraftbestandsgesetze und sozialabbau dabei herumkommen.

    zerschlagt die grün-faschistischen basisorganisationen!

  6. lucania sagt:

    das hört sich nich nach konstruktiver kritik an, schmendi…ich dachte grad bei dieser form der diskussion (und das habt ihr ja auch do gefordert) gehts um mehr…auch wenn ich deinem kommentar weitestgehend zustimme, und man letztendlich nur das kleinere übel wählen würde, gehts doch hier grad darum, das ganze hier in ne solidarische form zu bringen…hab ich zumindest so verstanden.

  7. mo sagt:

    @ e.r.: wo steht denn was von „demokratischem Kompromiss“? Ich les‘ da nur Kompromiss und das ist in einem Parlamentarismus nun mal realistisch. Muss ja auch nicht zwingend schlecht sein, ansonsten würden gesellschaftliche Gruppen mit widerstrebenden Interessen ja nicht zusammenkommen, Es muss eben nur von unten kontrollierbar bleiben, mit welchen Kompromissen die eigentlich Betroffenen einverstanden sind und für welche sie ihre Repräsentant_innen gerne wieder abwählen würden (z.B. dafür andere Menschen zu bombardieren).
    Warum du schon davon ausgehst, dass der Atomkonsenz wieder gekippt wird, aber nicht bereit bist was dagegen zu tun, indem du Mehrheitsverhältnisse wählst, die das verhindern, bleibt mir ehrlich gesagt ein bischen fraglich.

  8. e.r. sagt:

    @mo: erm, ich wüsste nicht, wie ich mehrheitsverhältnisse (die dann auch noch was verhindern) wählen kann. ich kann mir ja nur eine der truppen raussuchen und für die mein kreuz machen, wenn ich denn wollte…. und die truppe muss sich dann sowieso den „sachzwängen“ stellen und kompromisse machen

  9. sledder sagt:

    [fernab von jedwedem Inhalt]
    @mo:
    Ich finde, „Grüne Jugend“ in der Überschrift könnte durchaus auch die Adressatin sein. Inhaltlich dachte ich nur nach einigen Zeilen, dass dies wohl kein original Monsters-Text wäre, folglich wohl ein Text derer in der Überschrift. Dass die GJ das Herrschaftssystem durchaus in Zweifel zieht, hab ich durchaus erwartet, um nicht zu sagen: erhofft.
    @rakete:
    Welches Editorial? Das, was am Ende des Textes eingerückt und kursiv steht?
    Ja, das gibt es. Aber steht am Ende. Find ich persönlich doof. Der Rest scheint’s aber trotzdem kapiert zu haben, insofern: Don’t care.
    [/fernab von jedwedem Inhalt]

    [auch noch fernab von jedwedem Inhalt]
    ich bin begeistert, dass sich noch keine Autor_In über die unkritische Verwendung des Begriffs „Volk“ auffgeregt hat
    [/auch noch fernab von jedwedem Inhalt]

    [inhaltlicher Kommentar]
    Wahlen ändern das System nicht. Die rassistisch-sexisistisch-(usw.)-Scheiße bleibt am Laufen. Es lässt sich dem obigen Text durchaus vorwerfern, das nicht thematisiert zu haben.
    Was der Text aber mE aufzeigt, ist
    a) dass unsere aktuelle Gesellschaft („repräsentative Demokratie“)davon lebt, dass Menschen ihre Interessen artikulieren. Den begrenzten Spielraum mal außer acht gelassen (und genau darin würde ich den Fehler sehen), macht es durchaus Sinn, wählen zu gehen, damit zumindest ein paar Positionen, die der wählender Mensch teilt (z.B. Umweltschutz i.w.S., nicht unbedingt Kriegsabneigung), mehr Druck austeilen können .
    b) dass die wählende Gruppe durchaus das Recht (wenn nicht gar die Pflicht) hat, bei Menschen, die gegen ihre Wahlversprechen verstoßen, Stress zu machen. Ob sich der Abgeordnete XY davon innerlich beunruhigt fühlt, wenn ich als Wähler_In ich der Person tagtäglich auf die Nerven gehe, steht woanders. Ob daraus gar die Konsequenzen gezogen werden, und der Mensch sich tatsächlich im Sinne seiner Wahlversprechen engagiert, noch woanders. Aber: es gibt zumindest Möglichkeiten, sich auch außerhalb der 4 Jahre zu artikulieren. Wie viel Erfolg einem solchen Unterfangen beschieden ist, muss jede_R für sich selbst ausmalen.

    Ach so: Die Form der Artikulation gegenüber nicht eingehaltenen Wahlverpsrechen kann bekanntlichst verschiedenste Formen einnnehmen, z.B.:
    http://squat.net/gib/gruene/farbbeutel/aufruf.html
    [/inhaltlicher Kommentar]

  10. Rakete sagt:

    [fernab von jedwedem Inhalt]
    Das Editoral steht auf jeder Seite oben rechts unter „Guten Tag“.
    Außerdem hat der Text jetzt auch noch ein Bildchen. Ich hoffe, das macht es noch deutlicher?!
    [/fernab von jedwedem Inhalt]

  11. mo sagt:

    Ok, es ging uns tatsächlich in dem letzten Teil des Textes um ein bischen mehr, als darum, dass mensch „seine_n Abgeordnete_n“ nerven kann. Das Einfordern von Repräsentation muss auch durch eine Struktur im Wahlsystem abgesichert sein. Genau wie du sagst, ob die_den Abgeordnete_n das interessiert oder innerlich beunruhigt ist die Frage. Deswegen muss es Möglichkeiten geben, dass sie das beunruhigt: ich muss sie abwählen können, wenn ich mit ihnen nicht zufrieden bin und zwar nicht erst in vier Jahren wieder sondern gleich, wenn sie Quatsch gemacht haben.

    Dazu müssen wir die Weise wie Demokratie funktioniert erneuern. Aber das funktioniert nun mal nicht, wenn mensch „nur“ fern ab von allen Vergesellschaftungsprozessen Alternativen aufbaut, die in den Lebenswelten der aller meisten Milieus überhaupt nicht oder nur als „anorm“ wahrgenommen werden. Deswegen hast du recht, wenn du sagst, es kommt darauf an, dass auch in der „mainstreem“ Gesellschaft linke Positionen artikuliert werden (in dem solid Text wird dieser Aspekt noch etwas besser rauskommen, finde ich) – aber eben mit dem Anspruch da auch etwas zu ändern.

    Also, um auch die Diskussion noch mal auf den heutigen Text zu lenken: Wählen allein ändert natürlich nix. Nicht-Wählen aber auch nicht!
    Und nu …?

    by the way: das gerade sledder das böse Wort „Volk“ entdeckt hat wundert mich gar nicht. Ich entschuldige mich dafür hier auch! Es sollte eigentlich rauskorrigiert werden, muss mir aber irgendwie durchgerutscht sein. „Volk“ ist natürlich keine Kategorie, mit der wir argumentieren wollen.

  12. sledder sagt:

    @mo
    „das gerade sledder das böse Wort „Volk“ entdeckt hat wundert mich gar nicht. “
    Bitte was? Wenn das ein Versuch ist, mich persönlich zu beleidigen, ist mir das egal. Aber wenn es ne (mMn absurde) Vermutung gibt, dass ich gerne Diskussionen um den Begriff des Volkes führe, will ich das gerne genauer wissen: sledder@gmx.net

  13. Rakete sagt:

    Gerade so bei Twitter: #flashmob #göttingen samstag am grünen wahlkampfstand dümmlich und beleidigend gegen grün „diskutieren“. kommt alle, gern mit bibel.

  14. auaboese sagt:

    was für ein furchtbarer text … ich würde mal sagen voll der staatsraison auf den leim gegeangen (ja knochenleim für alle veganer 😉 …

    .. hmmm ziemlich moralisch übergewertetes moment
    a : geheime wahl (woher will eineR wissen was das individuum gewählt hat)
    daraus resultierend
    b : unabhängig von a: versuche ich eine gewisse kontrollinstanz auszuüben,
    womit ich gleich bei der großen frage bin c : was soll das sein ? oder seid ihr wirklich so naiv zu glauben das mal abgesehen von eurem parteibuch das irgend eine rolle spielt … sponti und realo müßtet ihr doch kennen oder ? a: staatszerlegung um den verwertungsimperativ zu zerschlagen b: mitspielen und vergessen das foucault den werdegang vorausschauend beschrieben hat
    hierzu mal was kleines aus wikipedia ………
    Die Alternativbewegung ging zu großen Teilen aus der Sponti-Bewegung hervor. Wesentlich beeinflusst von den Inhalten und der Kultur der Spontis wurden auch die „Autonomen“. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre übernahm eine Frankfurter Sponti-Gruppe um Joschka Fischer eine führende Rolle bei den damals noch radikal-oppositionellen Grünen und brachte sie auf einen Realokurs der Kompromisse und Regierungsbeteiligungen………. und nun zum schluß die bitte an euch versucht nicht die neue fdp zu werden und bitte redet nicht von“ dem staat feld die basis“, nur weil ihr eure für ne regierungsbeteiligung aufgegeben habt … (rechtschreibfehler dürfen beim finden behalten werden deutsche sprache war noch nie meine stärke 😉

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