Prozeß gegen Humke-Focks: 1000 Euro für einen „Penner“
von am 1. September 2009 veröffentlicht in Politik

Es ging alles ganz schnell: 3 ½ Minuten dauerte die Verhandlung vor dem Göttinger Amtsgericht. Dann stand fest: der niedersächsische Landtagsabgeordnete der Partei Die Linke, Patrick Humke-Focks, wird nicht wegen Beleidigung eines Polizisten verurteilt. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 1000 Euro an einen gemeinnützigen Verein eingestellt.

Der sozialpolitische Sprecher der niedersächsischen Linksfraktion stand vor Gericht, weil er im Juli 2008 am Rande einer Demonstration gegen eine Göttinger Tabledance-Bar mit Kontakten in die extreme Rechte einen Polizisten als „Penner“ beschimpft haben soll. „Alles Unsinn“, sagt der Politiker. Er habe das nie gesagt. Nur könne er das leider nicht beweisen.

Zwar hätte er Zeugen gehabt, die seine Auffassung bestätigen könnten. Allerdings waren diese nicht zum Prozeß geladen, „um sie vor einer Anklage wegen Falschaussage zu schützen“, wie Humke-Focks erklärt. Denn im Falle einer Verhandlung hätte der Richter wahrscheinlich den fünf Polizeizeugen geglaubt, meint der Landtagsabgeordnete. Die zur Akte gegebenen Aussagen seien „wie aus dem Lehrbuch“ gewesen, „damit der Richter ihnen glaubt.“

Das Ermittlungsverfahren der Göttinger Staatsanwaltschaft war auch bereits Thema im niedersächsischen Landtag. Dieser hatte am 19. Januar mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und der Grünen die Immunität des Politikers aufgehoben, damit die Staatsanwaltschaft weiter gegen ihn ermitteln konnte. Immunität soll Mandatsträger vor politischer Strafverfolgung schützen.

Dabei habe er in Ausübung seines Mandates die Demonstration beobachten wollen, sagt Humke-Focks. Die Polizei habe ihn aufgefordert, sich in die Demo einzureihen, was Humke-Focks nicht tat. „Der Polizist trat dann gegen mein Fahrrad und schubste mich in Richtung des Zuges“, berichtet er. Schimpfwörter seien dabei nicht gefallen. „Ich bin doch keine 16 mehr“, sagt der 39-jährige.

Humke-Focks Rechtsanwalt Johannes Hentschel betont, dass die Einstellung des Verfahrens kein Schuldeingeständnis bedeute. Vielmehr hätte die Staatsanwaltschaft das Verfahren schon viel früher beenden sollen. „Wenn jemand seinen Nachbarn beleidigt, wird das sofort eingestellt“, sagt Hentschel. Trotzdem hatten die Behörden in diesem Fall über ein Jahr ermittelt. „Weil Polizisten offensichtlich mehr Persönlichkeitsrechte haben als normale Menschen“, sagt der Rechtsanwalt.

Die Staatsanwaltschaft Göttingen sieht das ähnlich. „Polizeibeamte im Dienst können sich nicht aussuchen, wem sie gegenüber treten“, sagt Staatsanwalt Andreas Buick. Auch deswegen sei das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung in einem solchen Fall besonders hoch. Zudem sei Humke-Focks weder geständig gewesen noch hätte er sich entschuldigt.

Es war nicht das erste Ermittlungsverfahren, das gegen Humke-Focks nach Demonstrationen eingeleitet wurde. Zehn Anklagen in den vergangenen Jahren führten zu vier Verurteilungen zu kleineren Geldstrafen. In sechs Fällen, darunter einer Anklage wegen versuchter Gefangenenbefreiung, wurde er freigesprochen.

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4 Kommentare auf "Prozeß gegen Humke-Focks: 1000 Euro für einen „Penner“"

  1. cyberpunk sagt:

    Freigesprochen oder wurden die Verfahren eingestellt? Da ist doch ein nicht zu unterschätzender Unterschied, wenn ich mich recht erinnere.

    Nichts desto trotz: Schön, dass es eingestellt wurde. Und immer wieder: A.C.A.B.!

  2. Rakete sagt:

    Freispruch is schon richtig

  3. Head sagt:

    „Zudem sei Humke-Focks weder geständig gewesen noch hätte er sich entschuldigt.“

    Wieso sollte er auch?

  4. Simon sagt:

    Oh? Komma falsch gesetzt?
    Zitat :“Polizeibeamte im Dienst können sich nicht aussuchen, wem sie gegenüber treten“

    Richtigstellung:
    Polizeibeamte im Dienst , können sich nicht aussuchen wem sie gegenüber, treten“

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