Spaßbremsen: Christen gegen feiern am Karfreitag
von am 17. März 2008 veröffentlicht in Politik

Ist die Bundesrepublik Deutschland eigentlich ein säkularer Staat? Das Grundgesetz ist da widersprüchlich: einerseits schreibt es die Trennung von Kirche und Staat vor, andererseits werden am laufenden Band nicht nur Kirchenstaatsverträge abgeschlossen und diverse christlich-kirchliche Anliegen in Gesetzesform gegossen. Das schönste Beispiel dafür ist wohl das Verbot jeglicher Feierei am Karfreitag. Selbiger ist nämlich der höchste christliche Feiertag, und so haben die Discos geschlossen zu bleiben und Parties auf andere Tage verlegt zu werden.

Der „Bund für Geistesfreiheit„, eine Ansammlung atheistischer KrichenkritikerInnen, findet das gar nicht so lustig und hat deshalb schon im letzten Jahr versucht, in München die „Heidenspaß statt Höllenqual“-Party zu organisieren. Was ihnen dann aber verboten wurde, mit Verweis auf eben jenen Rechtssatz. Dagegen versucht der Verein nun zu klagen, notfalls möchte man sich bis zum Bundesverfassungsgericht durchklagen. Bis das Urteil durch ist, bleibt auch den gesetzestreuen LeserInnen dieses Magazins ebenso wie den übrigen artigen BürgerInnen Göttingens nichts weiter, als brav zu Hause um den Küchentisch zu sitzen und dem Heiland nachzutrauern.

Denn die entsprechende Rechtsnorm gibt es auch in Niedersachsen. Dem Niedersächsischen Gesetz über die Feiertage nämlich können wir entnehmen, dass “Veranstaltungen in Räumen mit Schankbetrieb, die über Schank- und Speisebetrieb hinausgehen”, öffentliche Sportveranstaltungen und “alle sonstigen öffentlichen Veranstaltungen, außer wenn sie der geistig-seelischen Erhebung oder einem höheren Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung dienen und auf den ernsten Charakter des Tages Rücksicht nehmen” schlicht und ergreifend verboten sind.

Ich übersetze: Weil der Charakter des Karfreitags ein ernster ist, dürfen die Menschen nichts machen, nicht über die Stränge schlagen. Das wiederum liegt daran, dass der Karfreitag für Christen als einer der höchsten Feiertage gilt. An diesem Tag gedenken Christen der Kreuzigung von Jesus Christus, der wiederum für die Namensgebung dieses religiösen Zusammenhangs nicht unerheblich war. Weil also Jesus ans Kreuz gehauen wurde, hat der Christ traurig zu sein. Und damit niemand den Christen daran stört und nicht zuletzt auch das Grunzgesetz in “Verantwortung vor Gott”, wie es da in der Präambel heißt, verfasst wurde, darf nicht gefeiert werden. “Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet” heißt es dazu präzisierend im Artikel 4 des Grunzgesetzes.

Eine Kritik dagegen liegt auf der Hand und wird entsprechend auch immer wieder von Nicht-ChristInnen oder zumindest nicht-so-richtig-Strenggläubigen angebracht: dadurch würden andere Menschen in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt. Sie dürfen nicht in die Disko gehen, ob sie nun Christen sind oder nicht.

Aber sich hier auf juristische Finessen einzulassen, wird vermutlich nicht viel bringen. Ob nun der Schutz der (positiven) Religionsfreiheit der strenggläubigen ChristInnen mehr zählt als die (negative) Religionsfreiheit der Nicht-ChristInnen, die einfach nichts damit zu tun haben wollen, können und wollen wir hier nicht klären. Letztlich dürfte es sich ohnehin um eine politische Entscheidung handeln, auch wenn bereits mehrere Gerichte die umstrittene Regelung bestätigt haben.

Das Christentum wird als gängiges Religionsformat in Deutschland angesehen, christliche Werte gelten als die Leitwerte der deutschen Gesellschaft und das soll nach Ansicht konservativer PolitikerInnen und RichterInnen auch so bleiben. Was auch immer diese christlichen Werte ausmachen soll, ob dabei eher an die Kreuzzüge, die Hexenverbrennungen oder den Pakt der großen deutschen Kirchen mit den Nazis gedacht wird, eins bleibt immer außen vor: die schlichte Tatsache nämlich, dass es einen riesigen Aufschrei verursachen würde, wenn andere Religionsgemeinschaften ähnliche Regelungen für sich einfordern würden. Würden etwa die VertreterInnen des Islam in Deutschland verlangen, während der Fastenzeit dürfe niemand vor 22 Uhr Speis und Trank zu sich nehmen, egal ob Moslem oder nicht – es würde als wahnwitzige Unverfrorenheit wahrgenommen. Zu Recht. Beim Christentum hingegen erscheint diese Absonderlichkeit als das selbstverständlichste auf der Welt.

Besonders lächerlich daran ist natürlich, dass es den meisten, die landläufig als ChristInnen durchgehen und die monatlich ganz brav ihre Lohnsteuer an die Kirche abführen, vermutlich ziemlich egal sein dürfte, ob abends die Discos auf sind oder nicht. Im Zweifelsfall würden es die meisten wohl sogar noch eher bedauern. Schließlich liegt es der Mehrzahl der Menschen schlicht und ergreifend fern, traurig über den Tod Jesu Christi sinnierend um den Küchentisch zu sitzen. Stattdessen würden sie wohl lieber tanzen gehen. In diesem Sinne: nicht drumrumreden, sondern tanzen.

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9 Kommentare auf "Spaßbremsen: Christen gegen feiern am Karfreitag"

  1. soft_brain sagt:

    Apropos Spaßbremsen: Ich hab gehört, dass diese auch beim letzten Pub-Quiz im T-Keller anzutreffen waren. Glaube und Moral gemeinsam gegen die faschistoiden Macker der Spaßfraktion!

  2. Andreas Moser sagt:

    Es geht bei diesem Gesetz vorallem auch darum Menschen die den Tag der Kreuzigung Christi Ehren nicht zu beleidigen . Wir leben in einer chrislich-abenländischen Kultur und außer am Karfreitag kann man in unserem Land feiern so viel man will man könnte ja den Ostersonntag nehmen , wenn man meint einen Tag geklaut bekommen zu haben oder so manchen Feiertag der den Nichtgläubigen geschenkt wurde unserer chrislichen Kultur wegen.

  3. feierei sagt:

    eigentlich gibts am karfreitag ja nichts zu feiern weil damit dieser ganze christen-scheiß angefangen hat. aber es gibt eben zwei verdammt gute gründe es trotzdem zu tun. erstens weil es leider immernoch ziemlich nötig ist alles gegen diese religion zu unternehem was möglich ist und obendrein macht feiern verdammt viel spaß.

  4. Man kommt ja nicht drum herum sich ab und zu den herrschenden, totalitären Verhältnissen unterzuordnen und dafür auch an der ein oder anderen Stelle ein sog. falsches Bewustsein zu entwickeln. Was mir aber echt nicht in den Kopf geht ist, dass es tatsächlich entgegen aller Vernunft Leute gibt die Götter, Geister Heilige und ähnlichen Unfug, den man nicht mal als Realabstraktion bezeichnen könnte, zu Autoritäten erklären – Ich glaub doch auch nicht an Harry Potter!

    Obwohl ich Schmendis Text nicht gelesen habe (da ärgert man sich ja meistens eh nur) bin ich auch für`s tanzen gehen …oder nen Feuer besuchen.- in friedlicher Absicht versteht sich.

  5. Schmendi sagt:

    Nix gegen Harry Potter….

  6. ähhm da gabs ja letztes, ne vorletztes jahr nen konzi im juzi vonna lag… ham se fast garnicht rumgestresst.. durfte man sogar tanzen (wenn denn die musik gefiel)

  7. rudi rüssel sagt:

    sind eigentlich alle religionen so bescheuert wie die christliche? seit über 2000 jahren trauern nun die christen am karfreitag, weil ihr freak tot ist, um zwei, drei tage später seine auferstehung zu feiern. komisches ritual. naja manche gucken sich auch ein film hundertemal an und heulen an der gleichen stelle, obwohl sie wissen dass der film mit einem happy end endet. sollen sie ja auch gerne machen die christenfreaks, aber dass sie mir vorschreiben was ich zu tun und zu lassen habe nervt. aber das ist ja auch in anderen situationen so, am karfreitag fällt das nur mehr auf, dass wir in christlich-abendländlicher tradition leben.

  8. achtung ironie sagt:

    ja, ich finds auch scheiße, dass leute die in discos arbeiten an diesem tag mal frei haben
    ja, ich finds auch scheiße, dass ich um zu tanzen eine eigene wg-party organisieren müsste, statt irgendwo zu konsumieren und damit den wirtschaftskreislauf anzukurbeln
    ja, ich kann auch gar nicht anders als an diesem tag trauer zu empfinden, auch wenn ich atheist_in bin
    ja, ich denke bei ostern auch immer gleich an kreuzzüge, statt an familientreffen, lecker kuchen essen oder lustiges eiersuchen, lohnarbeitsfrei haben und das die leute, die es möchten, zeit haben in die kirche zu gehen

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