Unzumutbare Zustände
von am 16. Januar 2008 veröffentlicht in Besetzung 11.40

„Das ist ein unzumutbarer Zustand!“ Mit diesen – so tatsächlich auch gesprochenen – Worten lässt sich die Einschätzung des Uni-Präsidiums zur Besetzung des Raumes 11 40 (im 1. Stock zwischen ZHG und Blauem Turm) zusammenfassen. Ausgesprochen hat ihn Vizepräsi Münch und in diesem Zusammenhang auch gleich bekräftigt: Diesen Zustand wird die Uni nicht hinnehmen. „Sie müssen diesen Raum noch heute wieder verlassen, sonst muss ich das als Besetzung interpretieren.“ war ein anderer schöner Satz. Die AktivistInnen waren sich dabei mit Münch zumindest in diesem Punkt einig: auch sie interpretierten die Aktion als Besetzung – und blieben drin. Denn im Gegensatz zum Vizepräsidenten der Georg-August-Universität fanden sie es eher einen unzumutbaren Zustand, das eine keine selbstverwalteten Räume am Campus gibt.

Die Besetzung war offensichtlich gut durchdacht und organisiert. Im Raum befanden sich von Anfang an nicht nur eine erhebliche Zahl von UnterstützerInnen, sondern mit Tischen, Stühlen und Sofas und dekorativen Lämpchen sogar eine annehmbare Menge an Einrichtungsgegenständen. Der Raum ist zudem mit etlichen Deko-Materialen ausgeschmückt und macht tatsächlich Lust auf mehr. Wer sich davon noch nicht überzeugen konnte, dem sei ein Besuch empfohlen: hier tanzt der Bär.

Der von ADF und Jusos gestellte AStA verhält sich bislang zumindest nicht offen unsolidarisch. Insbesondere der bisherige AStA-Vorsitzende André Dorenbusch soll gegen eine Räumung innerhalb dieser Woche sein – befürchtet er doch dadurch eine verstärkte Mobilisierung des „linken Spektrums“ zur Uni-Wahl. Und die kann die ADF gerade gar nicht gebrauchen, läuft doch die eigene Mobilisierung eher mau und erste Stimmen wagen gar die Prognose, dass es für die ADF diesmal vielleicht doch mal wieder knapp werden könnte.

Dorenbusch war allerdings nicht alleine zum besetzten Raum gekommen, sondern eher als Eskorte für den Uni-Präsidenten Kurt von Figura, der gegen 15.30 gleich mit einem ganzen Tross angerückt war, um die Position des Vizepräsidenten zu unterstreichen: So kann das nicht weitergehen. Immerhin verbesserte er das Angebot von Münch. Hatte dieser noch gefordert, wenn die Studierenden den Raum verlassen würden, könnte vielleicht im Laufe der nächsten Woche mit Gesprächen über einen adäquaten Raum begonnen werden, so versprach von Figura, die Gespräche könnten durchaus schon morgen beginnen.

Da widerum hatten die BesetzerInnen nichts dagegen, nur haben sie sich zurecht gefragt, warum sie dafür den Raum verlassen müssen. Schließlich hing doch an der Tür davor ein Ersatz-Belegungsplan, so dass keine Veranstaltung an Platzmangel scheitern musste und die Studierenden auch weiterhin ihren Bildungshunger stillen konnten. Und so hat sich wieder Dunkelheit über die Stadt gelegt und den BesetzerInnen steht ein spannender, aber voraussichtlich wohl unstressiger Abend bevor.

Sie fragen sich wie es weiter geht? Lesen sie morgen hier unsere Zusammenfassung. Stay tuned.

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5 Kommentare auf "Unzumutbare Zustände"

  1. nichtwählerin sagt:

    umso wichtiger, dass alle menschen sich mal aufmachen und linke gruppen wählen. vielleicht geht ja dieses jahr wirklich wieder was… auf jeden fall zittert die adf nicht schlecht.

  2. fabbal sagt:

    für alle denen die wahl keinen spaß macht oder die schon gewählt haben ist jetzt noch die chance sich nen kaffee im 1140 zu genehmigen und mit netten leuten zu quatschen.
    kuchen sind auch total gerne gesehen.

  3. und dann sagt:

    kann man anschließend auch noch wählen gehen, gestärkt mit kaffee, und sich anschließend mit noch nem weiteren kaffee belohnen. die wahl soll ja auch keinen spaß machen, aber anschließend den asta haben schon (oder wenigstens die adf erschrecken)

  4. John K. Doe sagt:

    Seit gestern morgen ist der ehemalige Seminarraum 1.140 im ‚Blauen Turm‘ besetzt. Bisher verlief alles ruhig. Es sind durchgängig um die 30 Menschen anwesend. Bereits jetzt ist die Besetzung ein voller Erfolg – egal wie lange sie sich noch halten kann. In den ersten Gesprächen mit der Uni-Verwaltung – namentlich Kurt von Figura (Präsident der Uni Göttingen), Münch (Vizepräsident) und Rainer Bolli (Chef des Gebäudemanagements) – kristallisierte sich heraus, dass sich an der Verhandlungsbereitschaft von Seiten der Verwaltung seit dem ersten Gespräch, das zwischen Vertreter_innen der Freiraum-Initiative ‚Delete.Control- Enter.Space‘ und Rainer Bolli stattfand, nur eines verändert hat: Die Uni steht stärker unter Druck als in den Gesprächen zuvor.

    Ihr erstes Angebot lautete wie folgt: Sie wollen keine schriftliche Zusage für eine Alternative zum besetzten Raum geben, sondern verharren darauf, dass ihr Wort, konstruktive Gespräche führen zu wollen, ausreiche. Doch das Vertrauen in die Versprechungen der Unileitung ist sehr gering. Die Kündigung des ehemaligen Café Kollabs etwa verlief alles andere als kooperativ. Es wurde, trotz vertraglicher Pflicht von Seiten der Unileitung keine Alternative zum vom Brand zerstörten Raum angeboten – stattdessen wurde der Vertrag gekündigt und hinzugefügt, dass die Uni ihrer Verpflichtung für die Restlaufzeit von etwa einem halben Jahr nicht nachkommen werden. Sie hat also sogar entgegen vertraglicher Vereinbarung gehandelt. Das Desinteresse sich tatsächlich um einen Raum an der Uni zu kümmern schimmert auch an anderer Stelle durch die halbherzigen Angebote. Auf erneute Anfrage des Fachschaftsrat SoWi nach einem alternativen Raum für das verlorene Café kam lediglich die Antwort, es werde keinen alternativen Raum geben. Erst anderthalb Jahre später nach dem Gespräch mit der Freirauminitiative ‚Delete.Control- Enter.Space‘ , das unter dem Eindruck Öffentlichkeitswirksamer Aktionen der Kampagne ‚Here to Stay‘ stattfand, machte das Gebäudemanagment erste Zugeständisse und versprach sich um eine angemessene Alternative zu bemühen.

    Das Angebot, das damals von Seiten des Gebäudemanagments kam, war wenig vielversprechend. Nach der Besichtigung des Angebotes (Ein stillgelegtes Trafohäusschen ohne Tageslicht, ohne sanitäre Anlagen und der Größe von etwa 20m²) war klar, dass es dem Gebäudemanagment nicht ernsthaft um eine gemeinsame Zusammenarbeit geht, sondern es sich vielmehr um eine ‚Hinhaltetaktik‘ handelte.

    Dass, nachdem die Studierenden selbst die Initiative ergriffen und einen Raum besetzt haben, plötzlich von der Uni-Leitung die Bereitschaft jetzt tatsächlich konstruktive Gespräche zu führen so stark betont wird, zeigt, dass die Uni-Leitung ohne entsprechenden Druck allerdings zu keinem Kompromiss bereit gewesen wäre, erklärt eine Sprecherin der Besetzer_innen. Inzwischen liegt ein Angebot fuer eine ‚Zwischenlösung‘ in einem etwas abgelegeneneren ehemaligen Heizwerk vor, dass jedoch mehreren der geforderten Kriterien nicht entspricht und bis Mai abgerissen werden soll. Dieses Angebot muss vom Nutzer_innen- Plenum zunächst genauer unter die Lupe genommen werden, bevor geklärt werden kann, inwiefern der Raum als Übergangsraum brauchbar ist. Daräber wird wie den Tag zuvor im Raumplenum um 18:30 Uhr verhandelt, an dem alle Nutzer_innen des Raumes sich beteiligen koennen. So oder so bliebe es aber bisher für eine langfristige ‚Lösung‘ bei allgemeinen Lippenbekenntnissen einen Raum bis Mai anzubieten. Eine bindende schriftliche Erklaerung, einen unseren Forderungen angemessenen Raum bereit zu stellen, waere ein begrüßenwertes Zeichen, dass diesmal die Versprechen ernstzunehmen sind. Dazu waren Gebaeudemanagement und Praesidium bisher nicht bereit, so die Sprecherin.

    Inzwischen haben uns Solidaritätsbekundun gen aus Hamburg, Bremen, Hannover, Bochum und Frankfurt (am Main) erreicht. Insbesondere freuen wir uns über die uneingeschränkte Solidaritätsbekundung des AStA der Uni Bremen. Da könnte unser AStA sich noch ein Stück von abschneiden. Wir freuen uns über die bundesweite Solidarität und unsere wärmste Grüße gehen an alle, die uns in ihren Herzen unterstützen. Sie zeigt, dass unser Kampf um Freiräume kein lokaler Einzelfall ist, sondern überall ähnliche Erfahrungen gemacht werden.

    Es bleibt vorerst dabei, unsere Forderungen lauten:

    – Die Zusicherung im Raum bleiben zu können oder ein ernstzunehmendes Angebot zu einer Alternative, die sofort bezogen werden kann.

    – Ein Alternativraum müsste folgende Kriterien erfüllen:
    – öffentlicher Zugang (sichtbar im Uni-Alltag)
    – zentrale Lage am Campus (Theologicum, ZHG, Sozio-Oeconomicum, Juridicum)
    – Tageslicht (ausreichend Fenster)
    – ausreichende Größe (mindestens 50m²)
    – einfacher Zugang zu sanitären Anlagen (+Strom, Wasser und Heizung)

    – Eine schriftliche Aufstellung eines konkreten Angebots

    – Keine weitere Einmischung in die Verwaltung und Verwirklichung dieses neuen Freiraums

  5. John K. Doe sagt:

    Die Stimmung im Raum 1140 im ‚Blauen Turm‘ auf dem Campus der Uni Göttingen, der seit Mittwoch, den 16. Januar von Studierenden besetzt wird, ist weiterhin positiv und entspannt. Rund um die Uhr halten sich hier 30-50 Personen auf, die diskutieren, lernen, lesen, Kaffee trinken und sich mit der weiteren Gestaltung des Freiraums auseinandersetzen. Die rege Nutzung zeigt: solch ein selbstverwalteter Raum an der Uni wird benötigt und von vielen in Anspruch genommen. Nicht zuletzt die zentrale Lage des Raums trägt dazu bei, dass immer neue Studierende dazustoßen. Den Rückhalt in der Studierendenschaft für einen selbstverwalteten Raum unterstreicht auch ein entsprechender Beschluss des Studierendenparlame ntes vom 17.01.. Außerdem gibt es SolidaritÄtsbekundun gen von ASten und Studierenden in anderen Städten.
    Der Lehrbetrieb in Raum 1140 wird durch die Besetzung nicht beeinträchtigt; die Nutzer_innen hatten einen Ausweichplan erstellt. Dies zeigt einmal mehr, dass es keine grundsätzliche Raumknappheit gibt, die gegen einen selbstverwalteten Raum sprechen wÜrde, sagte eine Sprecherin am Morgen.
    Gute Bedingungen für Verhandlungslösung
    Das Nutzer_innenplenum am 17. Januar hatte beschlossen, solange im Raum 1140 zu bleiben, bis von Seiten der Univerwaltung ein konkreter Raum zur Nutzung ab Beginn des Sommersemesters verbindlich und schriftlich zugesichert worden ist. Der Beschluss wurde dem Chef des Gebäudemanagements, Bolli, heute um 10 Uhr mitgeteilt und Übergeben, der ankündigte, ihn an das Präsidium weiterzuleiten und dort zu besprechen. Die Univerwaltung hatte den Studierenden bereits zugesichert, bis zum Beginn des Sommersemesters einen geeigneten Raum vorzuschlagen. Auf Nachfrage gab Herr Bolli an, dass die Raumvergabe für das Sommersemester momentan in vollem Gange sei. Damit ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um einen von Studierenden selbstverwalteten Raum festzulegen, so eine Sprecherin. Es macht keinen Sinn, noch weiter zu warten, bis alle Räume verteilt sind.
    Im Laufe des kurzen Gesprächs wurde deutlich, dass beiden Seiten an einer konstruktiven Verhandlungslösung gelegen ist. Alle Beteiligten wünschten sich ein ruhiges Wochenende.

    Im Raum 1140 wird am Freitagabend ab 21 Uhr eine Wahlparty stattfinden, am Samstagabend wird es eine Vokü geben. Außerdem sind weitere Filmabende, Diskussionen etc. geplant. Das Plenum der Nutzer_innen findet jeden Abend um 18.30 statt. Wir freuen uns Über alle an diesem Freiraum Interessierten, die vorbeikommen!, sagte eine Sprecherin.

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