Fr. 06.07.: Düsenjäger und Matula im T-Keller
von am 2. Juli 2007 veröffentlicht in Konzert, Theaterkeller, Tipp!

Wenn man nicht wählerisch ist, dann geht man, ansatzweise hungrig, in den Supermarkt. Dort greift man blindlings in die Tiefkühltruhe nach der erstbesten Pizza. Tiefkühlpizza schmeckt fasst immer scheiße, genau wie selbstgemachte Pizza. Man kommt nie an die wahre Pizzakunst heran. Und bei Tiefkühlpizza schmeckt dem hungrigen Verbraucher alles gleich. Man reisst unterzuckert den Karton auf, und schmeisst das 80%ige Chemieprodukt, designed von gelangweilten Fooddesignern, gemacht von gelangweilten Maschinisten, in den Backofen, und hofft noch vor dem Umkippen rechtzeitig einen Happen der kulinarischen Gleichheit zu verschlingen. Genauso verhält es sich mit Punkrock. Manchmal.
Punkrock, mit deutschem Gesang, irgendwo dazwischen, wo EA80, Boxhamsters und Dackelblut großartig waren (und sind) und Muff Potter ins Mittelmaß abrutschten, genau bewegen sich heute derartig viele Bands, dass es schwer fällt das alles auseinanderhalten. Genau wie Pizzakartons. Das Problem: diese Musik ist schnell erzählt, denn die wenigsten Bands erlauben sich Abweichungen vom durchaus stimmigen Konzept. Das macht sich alles wirklich sehr gefällig, aber eben leider auch sehr langweilig. Der T-Keller hat gleich zwei Bands eingeladen (wobei an irgendeiner Stelle auch von Nein Nein Nein als Dritte die Rede war), die die engen Facetten von genau dem zeigen. Gewagt! Wer musikalisch unterzuckert genug ist, dem wird das sicherlich egal sein. Oder vielleicht auch nicht gewagt, denn beide Bands sind in Göttingen keine Unbekannten. Sie alle haben ihre Riechkolben und Gitarren in Göttinger Klubs gehalten – und kamen in aller Regel sehr gut an.
Matula, man kann sich aussuchen was man will. Entweder ein kolbenförmiges Harnglas, wer darüber mehr wissen will, der konsultiere die Deutsche Gesellschaft für Urologie, oder eben Hermann Josef Matula – in Lederjacke und Alfa Romeo ermittelnd, gespielt vom blonden Frauenschwarm Claus Theo Gärtner. Ein richtiger, echter, geiler Mann! Oder eine Band, die auf der Bühne mit Ansagen glänzt, dargeboten in einer immer etwas gekünstelt wirkender, unglaublich breiten Hamburger Mundart. Dazwischen gibt es Punkrock der oben beschriebenen Art. Melodisch, gefällig – nicht schlecht. Eigentlich, man hat das eben schon gefühlte 6.000 Mal so gehört. Und Düsenjäger? Kommen auch aus dem Norden. Sie gehören zur ersten Schar nachwachsendem Punkrock, der oben beschriebenen Art. Nicht ganz so gefällig wie der Alfa fahrende Ermittler. Wo Matula einen Schuß Lebensfreude einbauen, bleibt bei Düsenjäger ein Schnapsglas Frust auf dem Tresen stehen. Wirkt alles eher alte Schule, und man hört eher mal Hüsker Dü (sekundenweise) oder Jawbreaker (minutenweise) und ganz viel von den anderen Deutschpunks der niveauvolleren Sorte – nicht schlecht, eigentlich, aber eben ohne an eine Band wie Oiro heranzukommen. Beide Bands schmeicheln den Ohren, manchen gefällt das. Mancher ist bisweilen geneigt, vor allem bei Matula, die Band mit Kuscheltieren zu bewerfen. Ich vermisse an manchen Stellen das musikalische Glatteis auf dem mancher Gefahr läuft auszurutschen. Wobei mir gerade das gefallen würde, beim Eiskunstlauf ist es eben auch das schönste, wenn die hässlichen Eistänzer in engen Hosen und knappen Kleidern, sich beim doppelten Rittberger so richtig auf die Fresse legen. Damit bietet der T-Keller eine durchaus gewagte musikalische Tiefkühlpizzaauswahl, mit Verwechslungsgefahr – sprachlich wird es zumindest kaum Verständigungsschwierigkeiten geben. Auch da sind sich beide wohl einig. Aber ein launiger Abend wird das bestimmt.

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11 Kommentare auf "Fr. 06.07.: Düsenjäger und Matula im T-Keller"

  1. Rakete sagt:

    auf den plakaten steht nein nein nein mit drauf

  2. John K. Doe sagt:

    sollten sie also spielen, dann sind Nein Nein Nein gewissermaßen der böse drilling des gepäcks. sie haben einen kuhglockenähnlichen snare-sound, der an guten alten hard rock erinnert. zumindest bisweilen, und ich frage mich ob das gewollt ist. immer dann, wenn besonders matula den ohren schmeicheln wollen, bauen Nein Nein Nein kleine bretter ein. und genau diese sind es dann die rutschig sind, so wie oben beschrieben. so gefällt das – nur rutschen Nein Nein Nein ein ums andere mal selber darauf aus. dann also doch: drei pizzen. obwohl eine eigentlich reichen würde 😉

  3. Fernseherin sagt:

    mhhhhhhhhhh… pizza.

  4. John K. Doe sagt:

    ein hamburger zwischen all der pizza wäre mir eigentlich lieber….

  5. Rakete sagt:

    matula sind doch aus ghamburg, ey! 😉

  6. John K. Doe sagt:

    hahahahahaha…da ist was drann. nur schmecken die mir nicht…..also vielleicht ein baguette dazwischen. oder asia-nudeln. irgendwas, nur was anderes bitte.

  7. Rakete sagt:

    mir schmecken die ganz gut. kann halt nicht jeder n guten geschmack haben.

  8. Fernseherin sagt:

    Vielleicht sollten die Bands mit Geschmacksverstärkern auftreten. Dann finden wir so doch noch alle zusammen.

  9. John K. Doe sagt:

    unterhaltsam sind die mahlzeiten ja allemal. der gag mit den geschmacksverstärkern wird mit 10 punkten belohnt.

  10. Schmendi sagt:

    Sehr cool, hab Matula beim Antifee leider verpasst, hatte da aber einen recht angenehmen Eindruck. Aber ich steh auch auf Dialekt…

  11. John K. Doe sagt:

    schmendi, wenn du auf norddeutschen dialekt stehst, dann möchte ich dir dringen den geilen song „egol“ von der aktuellen Hallo Kwitten LP (gurus of peace) empfehlen. muss ich dir mal zukommen lassen – eh geilste platte!

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