Links vor rechts: zum geforderten NPD Verbot
von am 6. Mai 2007 veröffentlicht in Hintergrund, Neonazis

Es ist schon ziemlich en vogue in linksbürgerlichen Kreisen, ein Verbot der NPD zu fordern. Auch das Göttinger Bündnis gegen Rechts, dem neben zahlreichen anderen Gruppen auch der AStA, DGB, SPD, Attac und die Antifaschistische Linke International angehören, fordert anlässlich der diese Woche stattfindenden „Kulturwoche gegen Rechts“ ein Verbot der rechten Partei. Doch was steckt hinter diesem Ruf nach einem Verbot und was würde sich eigentlich ändern, wenn die NPD verboten wäre? Der kurze Versuch einer Analyse.

Bundeskanzler goes Antifa
Zuletzt hatte Gerhard Schröders Bundesregierung den so genannten „Aufstand der Anständigen“ propagiert, als sie 2001 ein Verbot der NPD bewirken wollte. Das Bundesverfassungsgericht sollte die Verfassungswidrigkeit der Partei feststellen, stellte stattdessen aber lieber ein statt fest, nämlich das Verfahren. Als im Laufe der Untersuchungen herauskam, dass der Verfassungsschutz in mehreren Führungspositionen der NPD V-Leute sitzen hatte, wurde das Verfahren nach genau zwei Monaten abgebrochen. Die Frage, ob es sich um eine verfassungsgemäße Partei handelt oder nicht, konnte nicht beantwortet werden. Ausgerechnet rechtsaussen Günther Beckstein (CSU) war es übrigens, auf den damals die Initiative zurück ging.

Überzeugten DemokratInnen müsste ein Parteiverbot, sei sie nun linker oder rechter Natur, zumindest sauer aufstossen. Was hier gefordert wird ist das harte durchgreifen des Staates, der nun entscheiden soll, welche BürgerInnen das Recht haben, sich auf Parteiebene zu organisieren und welche nicht. Dabei ist die Existenz der NPD nichts weiter als das parlamentarische Abbild rechter Ideologien in der Gesellschaft. Dieses Gedankengut wird von der Gesellschaft produziert und ein Verbot einer Partei wie der NPD wird daran nichts ändern. Demokratisch ist eine solche Forderung nicht, sondern autoritär. Ebenfalls eine Eigenschaft übrigens, die eher der Rechten zugeschrieben wird. Jüngst wurde von der Heitmeier Studie der Wunsch nach einem autoritären Staat als Indiz für eine rechte Gesinnung gewertet.

Alles das selbe – von links nach rechts
Für den totalitarismustheoretisch konzipierten Staatsapparat ist es eine simple Logik: alles, was sich zu weit von der sog. „gesellschaftlichen Mitte“ entfernt, ist „extremistisch“ und wird, wenn es die Möglichkeit dazu gibt, Verboten oder doch zumindest politisch verfolgt. Seine Handlanger wie Verfassungsschutz und politische Polizei passen darauf auf, dass niemand zu weit nach rechts abdriftet. Oder eben nach links, was für den Staat auf abstrakter Ebene einfach mal das selbe ist. So wurde 1956 die KPD als bislang einzige Partei in der Geschichte der BRD verboten, weil sie irgendwie gegen Kapitalismus und für Kommunismus war. „Illegale“ Methoden oder politisch Motivierte Gewalttaten konnten ihr allerdings nicht nachgewiesen werden. Auch die jüngere Vergangenheit spricht diesbezüglich Bände: in den 90er Jahren wurden Antifagruppen mit Verbotsverfahren überzogen und auch noch heute werden von staatlicher Seite berufsverbote gegen linke, vermeindlich extremistische Menschen ausgesprochen. Dem Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy, der sich in antifaschistischen Gruppen und in der Antikriegsbewegung engagiert, wurde die Anstellung verwehrt, weil er „nicht Gewähr dafür bietet jederzeit voll einzutreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung“. Das Geschrei in linken Kreisen ist hier – vollkommen zu Recht – groß. Gleichzeitig wird aber genau dieses nur allzu oft für rechts“extremistisch“ beseelte Menschen gefordert.

Faschismus ist eine Meinung
Um sich von derlei Gleichmacherei zu distanzieren, wird von AntifaschistInnen oft der Spruch „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ zitiert. Dieser soll zum Ausdruck bringen, dass die linke Ideologie viel „besser“ als die rechte ist, was bei einer sachlichen Ideologiekritik auch das Ergebnis wäre. Trotzdem verkennt es, dass der demokratische Staat eben keinen nennenswerten Unterschied zwischen links und rechts macht und auch gar nicht machen kann, sondern vor lauter verschiedenen Gesinnungen nur noch Extremisten sieht.

Going underground: was passiert nach dem Verbot?
Für die praktische Bekämpfung rechter Ideologien zöge ein Parteiverbot natürlich einige zunächst positiv erscheinenden Folgen nach sich, mit denen die BefürworterInnen argumentieren. Allem voran würde man die Infrastruktur der in der NPD organisierten Nazis zerstören und ihre Arbeit zumindest erschweren. Die rechte Szene würde zudem keine finanziellen Mittel aus der Staatskasse erhalten, die ihr als organisierter Partei zustehen. Und auch die Aussenwahrnehmung liesse sich nachdrücklich verschlechtern, weil es um ein vielfaches leichter wäre, Nazidemonstrationen einfach zu verbieten, wenn keine Partei dahinter stünde. Doch selbst für die Praxis gäbe es negative Auswirkungen: die Nazis würden nach einem Verbot ihrer Partei womöglich im Untergrund agieren und wären somit schwerer zu beobachten. Und für das größte Problem bietet dieser autoritäre Ansatz keine Lösung: Nazis bleiben Nazis, auch wenn man ihnen ihre Partei nimmt. Das bloße Nazisein läßt sich nämlich nicht verbieten und die Ursachen, die zu rechts“extremen“ Einstellungen führen, wären mit einem Verbot der NPD nicht beseitigt.

Dass rechte Ideologien mitsamt ihren Organen wie der NPD bekämpft gehören, steht ausser Frage. Welcher Weg zu deren Abschaffung führt, ist ungewiss, hat aber sicher auch eine Menge mit der Gesellschaftsform zu tun, die diese hervorbringt. Die Forderung von Verboten jedenfalls scheint weder der richtige, noch der zielführende Weg zu sein.

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4 Kommentare auf "Links vor rechts: zum geforderten NPD Verbot"

  1. provinz sagt:

    Nur ein kleiner Hinweis:
    Es war die Kommunistische Partei Deutschland (KPD) die 1956 verboten worden ist. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) wurde erst 1968, als ein Nachfolgeprojekt der in der Illegalität weiterhin existenten KPD, gegründet.

  2. provinz sagt:

    Außerdem wurde die „Sozialistische Reichspartei“ (SRP), ein nationalsozialistisches Parteiprojekt ebenfalls in den 50’er Jahren verboten. Das war sozusagen das Pilotverfahren, zum Verbot der KPD.

  3. Rakete sagt:

    oh danke für die korrektur! tippfehler…

  4. Trabbi sagt:

    Auch der VVN/BdA ist ja für ein Verbot der NPD.
    Ich muss ja sagen, dass ich total zwiegespalten bin, was diese Frage angeht. Denn ich glaube schon, dass es etwas bringen könnte, sie zu verbieten. Aber auf jeden fall wäre es wieder typisch deutsch, wenn mensch ein problem mit etwas/jmd. hat, erst mal zu verbieten……

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