Sozialreform oder Revolution?
von am 16. März 2007 veröffentlicht in Lokalpolitik

Am Dienstag im Theaterkeller geht es um Rosa Luxemburg. Zumindest indirekt. Rosa Luxemburg war es nämlich, die schon Anfang des letzten Jahrhundert die Frage „Sozialreform oder Revolution?“ ganz locker mit dem Hinweis kommentierte, das da wohl die Frage falsch gestellt sei. Kluge linke Politik, so ihre Diagnose, habe immer beides gemacht. Einerseits die lokalen Kämpfe unterstützt, andererseits eine radikale Veränderung der Gesellschaft im Blick behalten.

Nun ist Rosa schon ein paar Jährchen tot, aber die Gruppe 180° hat angekündigt, sich im Theaterkeller die Problemstellung aufzunehmen und auf den Stand von 2007 upzudaten. Im Kontext der von vielen Gruppen angekündigten Proteste zum G8-Gipfel und des von einigen anderen Gruppen angekündigten und bewussten Nicht-Protestes soll die Frage aufgegriffen werden, wie sozialer Protest und soziale Veränderung eigentlich noch sinnvoll gedacht werden können. Weil aber der Einladungstext der Gruppe nicht nur schwer verständlich, sondern auch noch mies gelayoutet ist, haben wir weder Kosten noch Mühen gescheut und präsentieren hier ein exklusives Interview mit Brigitte, einem Mitglied der Gruppe, die selbstverständlich nur für sich und nicht mal im Ansatz für die Gruppe spricht, die nicht mal über eine Homepage verfügt – sowas von technikfeindlich aber auch!

Monsters Of Göttingen: Was ist das Anliegen eurer Veranstaltung?

Brigitte: In der Nachkriegszeit hatte die radikale Linke es oft sehr einfach: sie konnte sich einfach an die ohnehin existierende sozialen Proteste dranhängen und einfach die Forderungen etwas pointieren. Das hat zwar an der Gesellschaft nicht viel geändert, war dafür aber recht leicht zu managen. Seitdem hat sich viel geändert in der Linken. Als politische Fortschritte ausblieben, haben sich einige hingesetzt und ihren Marx noch mal neu gelesen. Dabei viel ihnen auf, das sich da einiges auch ganz anders lesen ließe als der Leninismus oder die klassische ArbeiterInnenbewegung das gemacht haben.

Heute ist viel die Rede vom Kapitalismus als abstrakter Struktur und davon, das die Welt sich nicht so einfach in Herrschende und Beherrschte aufteilen ließe. Bei der Feminismus-Demo letzten Samstag gab es da auch einen schönen Redebeitrag von der Olafa zu. Im Gegensatz zur Olafa folgern aus dieser doch recht simplen Feststellung nun viele, das politische Interventionen in reale politische Kämpfe generell out of order wären. Egal ob es um Lohnerhöhungen oder gegen Studiengebühren geht – alles ist plötzlich „systemimmenent“ und darum böse.

Monsters Of Göttingen: Und ihr findet jetzt, dass das alles voll systemüberwindend ist?

Brigitte:Nee. Wir finden auch, das der Kapitalismus nicht alleine dadurch abgeschafft wird, das in Hessen die Studiengebühren verhindert werden oder die Löhne für MetallarbeiterInnen um 2 Prozent mehr ansteigen. Aber wir glauben, das diese Kämpfe und Veränderungen trotzdem wichtig sind. Einerseits, weil es sich mit mehr Geld in der Tasche für viele Menschen besser leben lässt und mensch es sich erstmal leisten können muss, sowas als Peanuts abzukanzeln. Und andererseits trotz aller abstrakten Herrschaft nicht alles im Kapitalismus unabwendbar ist. Bei einigen Linken führt das mitlerweile schon soweit, das sie Atomkraft sinnvoll finden, weil der Kapitalismus sie ja sonst nicht überall anwenden würde.

Auch wir finden Wertkritik toll. Aber derzeit gilt es, die Wertkritik gegen ihre LiebhaberInnen zu verteidigen.

Monsters of Göttingen: Und was genau wollt ihr bei der Veranstaltung veranstalten?

Brigitte:Zunächst mal wollen wir dafür werben, eine umfassende Kritik am Bestehenden nicht gegen Veränderungen im Kleinen auszuspielen. Die Frage: „Sozialreform oder Revolution“ ist eben noch immer falsch gestellt. Das lässt sich auch an den konkreten sozial-, wirtschafts- und finanzpolitischen Reformen der letzten Jahren nachweisen. Was wir vorhaben. Wenn Marx den Kapitalismus als „automatisches Subjekt“ beschreibt, dann gilt es doch immernoch zu kucken, wie sich die jeweilige staatliche oder unternehmerische Maßnahme dazu verhält. Und zwar nicht lustig ins Blaue hinein, sondern anhand der Kategorien, mit denen Marx seine Kritik begründet und formuliert hat.

Monsters Of Göttingen: Das klingt nach einer Party für theoriefeste Politprofis…

Brigitte:… die es aber nicht werden soll. Wenn wir sagen, das sich in den 80ern eine neue Lesart der marxschen Kritik herausgebildet hat, dann setzen wir nicht voraus, dass die alle kennen. Wir haben schon vor, das dann auch – zumindest in den Grundzügen – zu erklären und verständlich zu machen. Es soll auch ohne vorheriges Theoriestudium möglich sein aus der Veranstaltung etwas rauszuziehen. Und an der anschließenden Diskussion teilzunehmen.

Artikel teilen

8 Kommentare auf "Sozialreform oder Revolution?"

  1. interview? sagt:

    also wenn das nen Interview ist, dann fress ich sofort nen Besen.
    „Monsters Of Göttingen: Und ihr findet jetzt, dass das alles voll systemüberwindend ist?“
    Auf diese Frage hätt ich ungefähr so geantwortet: Ey, voll, ne!
    Das wäre der Frage angemessen gewesen.

  2. bla sagt:

    man sollte artikel wohl besser von menschen schreiben lassen, die das auch können…
    das hier ein interview stattgefunden hat ist mehr als unglaubwürdig, stylistisch klingt es eher so als hätte sich jemand hingesetzt und mal frage antwort aufgeschrieben, mit nem schlechten stil noch dazu…

    setzen, sechs.

  3. Schmendi sagt:

    Naja, ich geben ja zu, dass das Interview eins von der eher wohlwollenden Sorte war. Die Frage lag doch aber irgendwie nahe, oder? Über Formulierungen lässt sich halt streiten, Ironie überlesen und was auch immer.

    Ich bleib derweil erstmal sitzen ,-)

  4. ömk sagt:

    Ich würde ja sagen, dass dies eher nicht „wohlwollend“ war, sogar eher das volle Gegenteil. Interessant wirds bei nem Interview, wenn Fragen anecken und nicht hinterherlabern.

  5. Rakete sagt:

    also ich finde, wenn die intention war, den veranstaltungstext zu erklären, ist der text recht gut gelungen^^

  6. Dieses interview ist weder eine gute werbung für MoG noch für die Veranstaltung am Dienstag.
    Schade, eigentlich klang das Gründungspapier der Gruppe 180 grad recht verheißungsvoll. Aber hey, vielleicht wird die Veranstaltung dennoch eine „Party für theoriefeste Politprofis“ (sic!)- meine Erwartungen sind indes enorm gesunken…

  7. Den Ansatz von 180 Grad finde ich trotz unkritischen Interview immer noch spannend. Auch wenn sie an ihren Agitationsformen vielleicht noch ein wenig arbeiten müssten. In diesem Zusammenhang war GOEST sogar mal lustig: http://www.goest.de/theaterkeller.htm#revolte
    (Kann mal jemand was zur Veranstaltung schreiben, bin leide nicht dortgewesen)

  8. Schmendi sagt:

    gibts nen kurzen Veranstaltungsbericht

Schreibe einen Kommentar

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar zu schreiben. Anmelden | Registrieren

Bitte lese dazu unsere Regeln und Hinweise zum Kommentieren.